Romantische Motive im alten Ober St. Veit
Sie inspirierten so manchen Künstler
21.07.2022
Die Pfarrkirche Ober St. Veit
Das prominenteste und von vielen Künstlern festgehaltene Motiv Ober St. Veits ist seine barocke Pfarrkirche. In Vertretung der zahlreichen Werke sei hier ein Aquarell Hans Götzingers gezeigt. Aus seiner Hand stammen wohl die meisten Bilder mit Ober St. Veiter Ansichten.
Der Malerwinkel
Bei dem sogenannten Malerwinkel handelt es sich um die heutige Vitusgasse. Die Vitusgasse (bis 1894 Bognergasse, davor „Im Winkel“) war in früheren Zeiten ein überaus malerisches Gässchen mit erheblicher Anziehungskraft auf kreative Menschen: Die romantische Reihe der geduckten Häuser ließen Maler und Grafiker zu ihren Werkzeugen greifen, von den darin lebenden Menschen berichtete vor allem den Ober St. Veiter Heimatdichter Vinzenz Jerabek. Eine auf einer Ansichtskarte abgedruckte Zeichnung von Hans Götzinger inspirierte ihn zu der Geschichte „Die Ansichtskarte“.
Manche Künstler sind sogar weit hergereist, um diese Dorfansicht festzuhalten, zum Beispiel ein Zeitgenosse von Vinzenz Jerabek mit Künstlernamen Ricard Ieronimovic Kitner.
Die folgenden Fotos zeigen die Authentizität der Grafiken.
Das Armenhaus von Ober St. Veit war an verschiedenen Orten untergebracht: bis 1857 in der Vitusgasse 2, bis 1879 in der heutigen Glasauergasse 2 und bis 1891 (also der Eingemeindung Ober St. Veits nach Wien) in der Glasauergasse 4 (siehe dazu u.a. hier). Nach späteren Angaben wurde die Glasauergasse 4–6 als ehemaliges Armenhaus bezeichnet, an dessen Stelle 1989/90 der Turnsaaltrakt der Volksschule Ober St. Veit erbaut wurde. Das kann aber nicht stimmen, denn die Häuser Glasauergasse 2 und 4 waren bereits spätestens im Jahr 1904 dem neuen Schultrakt and der Ecke Hietzinger Hauptstraße/Glasauergasse gewichen. Siehe hier zum Jahr 1904/05. Also kann es sich bei diesem Aquarell Götzingers nur um einen hinteren Trakt des Hauses Glasauergasse 6 handeln. Allerdings ist er auf keinem Plan in dieser Form eingezeichnet.
Ob der gezeigte Trakt tatsächlich als Armenhaus diente, ist ungewiss. Der auf dieser Seite aufrufbare Überblick über das Haus Konskriptionsnummer 75 (= Glasauergasse 4) zeigt in der Häuserzählung 1880 in zwei Wohnungen untergebrachte 11 Armenhäusler. Der Überblick über das Haus Konskriptionsnummer 76 (Glasauergasse 6) zeigt für 1880 das Haus des Viktualienhändlers Karl Premreiner mit 7 von verschiedenen Familien bewohnten Wohnungen. Vielleicht wurden dort später in der einen oder anderen Wohnung auch arme Menschen untergebracht.
Das Aquarell Götzingers zierte auch die Titelseite einer Zeitschrift: Bühne - Welt und Mode, Illustrierte Wochenbeilage der Wiener Neusten Nachrichten, Nr. 89, 10. Juli 1927:
Und hier noch ein Foto, das exakt dieselbe Ansicht wie in Götzingers Aquarell zeigt:
Die Firmiangasse
Ein anderer weit gereister Künstler, der ein Motiv in Ober St. Veit festhielt, war der Münchner Architekt und Städtezeichner Arthur Vögel. Erste Wiener Zeichnungen stammen aus dem Jahr 1957, die meisten Zeichnungen, die auch Motive aus unserer Region beinhalten, stammen aus dem Jahr 1965. Gesucht hat er dabei keineswegs die Wiener Feudalarchitektur mit städtebaulich klaren Lösungen, sondern Brüche, die noch nicht von „neutralen“ Neubauten nivelliert worden waren. Eine Fundgrube für den Historiker.
Meist zeichnete er seine Städtebilder mit Tusche und Spitzfeder vom Dach geeigneter Häuser. Mit diesem Anliegen bereiste er mehrere europäische Großstädte, wobei er in der besseren Jahreszeit auf Campingplätzen übernachtete und für kürzere Distanzen das Fahrrad benützte.
Die den Zeichnungen Vögels beigefügten Beschreibungen fußen auf den Kommentaren zu Fotografien, die er gleichzeitig mit den Zeichnungen anfertigte. Diese fotografischen Stadtansichten scheinen allerdings verloren zu sein, jedenfalls sind sie nicht Teil des im Münchner Stadtmuseum aufbewahrten Nachlasses Arthur Vögels.
Hier noch eine Auswahl anderer Zeichnungen Vögels aus der Region: