Friedhöfe in Ober St. Veit
Eine Wachstumsgeschichte
1751
Auf dem Gebiet Ober St. Veits gab es im Laufe der Jahrhunderte fünf Plätze zur Beerdigung von Toten. Drei davon waren reguläre Friedhöfe für die Bestattung in normalen Zeiten, die beiden anderen waren Sonderfriedhöfe.
Der Kirchenpark
Der älteste St. Veiter Friedhof lag rund um die Kirche. Es ist anzunehmen, dass er gleichzeitig mit der Kirche angelegt wurde, also im 12. Jahrhundert. Wegen der geringen Zahl der Einzelgräber - diese waren ausschließlich Prominenten vorbehalten - war der Platzbedarf gering; die Knochen wurden von Zeit zu Zeit gesammelt und in der Krypta gelagert.
Von den wenigen Grabsteinen aus dieser Zeit sind nur zwei erhalten geblieben:
Einer ist heute in der äußeren Kirchenwand eingemauert und bedeckte einst das Grab der 1652 verstorbenen Bäckermeisterin Katharina Lindemayer. Sie hatte ihr Geschäft in der Hietzinger Hauptstraße 147.
Mehr ist vom Kirchenfriedhof nicht geblieben. Mit der Auflassung wurden die Mauern zwischen dem Friedhof und dem Garten abgebrochen, die Toten in der Erde gelassen und die Gräber eingeebnet. Die beiden Eingänge zum ehemaligen Friedhof wurden gesperrt, die Tür zum Turm und zur Sakristei vermauert. Beim vorderen Fenster wurde eine neue Tür zur Sakristei und zum Turm gebrochen.
Der Streckerpark
Es waren das kräftige Wachstum des Ortes, der Trend zum eigenen Grab und die Bestattung von Toten auch aus Hacking, die den alten Kirchenfriedhof Mitte des 18. Jahrhunderts zu klein werden ließen. Zur Lösung des Problemes stellte Erzbischof Kollonitsch eine bischöfliche Herrschaftswiese, den heutigen Streckerpark, zur Verfügung. Im Jahre 1751 wurde der neue Friedhof eingeweiht und fünf Jahre später der alte aufgelassen. Dort wurde etwas später nach Plänen von Hofbaumeister Pacassi ein barocker Park angelegt.
Der heutige Friedhof in der Gemeindeberggasse
In den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts war auch dieser Friedhof an der Rohrbacherstraße hoffnungslos zu klein gworden. Außerdem wollte man die Leichenbestattung aus dem verbauten Gebiet weghaben, denn die Gefahr der Verseuchung von Hausbrunnen durch die Leichengifte war zu groß geworden. 1873 gründete Bürgermeister Hentschel eine Gemeindekommission zur Anlegung eines neuen Friedhofes. Das war nicht einfach, denn gerade in diesem Jahr war die neue Volksschule fertiggestellt geworden und die Gemeinde Ober St. Veit finanziell ausgeblutet.
Es sollte daher ein gemeindeeigenes Grundstück an den Abhängen des Hörndlwaldes verwendet werden. Aus sanitären Gründen wurde dies jedoch von der n.ö. Statthalterei untersagt, der Hang war zu wasserreich und die Gefahr für die Lainzer Brunnen zu groß. Ein idealer Platz in der Mitterhagenau (Veitingergasse, hinter Rotem Berg) scheiterte an der Verkaufsunwilligkeit der dortigen Grundbesitzer. Letztendlich half der reiche Ober St. Veiter Bürger Johann C. Kümmerle und bot seine Grundstücke hinter der Einsiedelei zum Verkauf an. Der Preis war maßvoll und es konnte darauf der neue Friedhof angelegt werden.
Der Geldmangel gestattete zur Eröffnung im Jahre 1876 nur eine bescheidene Friedhofsausstattung: das heute noch bestehende Friedhofskreuz, ein hölzernes Totengräberhäuschen, nur vorne eine Mauerumfriedung, sonst Holzplanken. Erst nach der Eingemeindung errichtete die Gemeinde Wien ein gemauertes Friedhofsgebäude. Durch einen Um- und Zubau 1965 wurde es in die heutige Form gebracht.
Der alte Friedhof wurde erst 13 Jahre später (am 31.12.1889) offiziell aufgelassen. Die erforderliche Räumung der bestehenden Gräber verlief sehr zögerlich und erst der Wiener Magistrat drängte nach der Eingemeindung energisch auf die Beendigung der Benützung. 1908 wurde dann unter Bürgermeister Lueger der heutige Streckerpark angelegt, benannt nach dem zeitweiligen Ober St. Veiter Bürgermeister Alexander Strecker.
Die Sonderfriedhöfe
Zusätzlich zum normalen Ortsfriedhof wurden in Notzeiten zwei weitere Begräbnisplätze benützt: der Pestfriedhof und der Sachsenfriedhof. Beide wurden wegen der großen Zahl der Toten und der befürchteten Ansteckung weit außerhalb des damaligen Ortes angelegt, und zwar auf einer einst großflächigen und unverbauten Wiese, die damals Kreuzwiese (nach einem früher aufgestellten Kreuz) geheißen haben soll.
Der Pestfriedhof musste die vielen Toten des Pestjahres 1713 aufnehmen, laut Aufzeichnung in den Pfarrmatriken waren es 385. Wie viele andere ehemalige Friedhöfe blieb er unverbaut und wurde zum heutigen Franz-Schmidt-Park. Die Fläche rundherum ist heute natürlich weitgehend verbaut.
Der Sachsenfriedhof lag weiter unten auf dem bis in die 60er-Jahre unverbauten Wiesenstück vom Mariensteig links hinauf zur Einsiedeleigasse. Siehe dazu den Beitrag zum Sachsenkreuz.
Siehe auch: Bericht von einem Spaziergang durch den Friedhof mit Felix Steinwandtner.