Die Katholische Jugend in Ober St. Veit
Eine Chronik der wesentlichen Stationen
1907
gründet Kaplan Gotthard Blümel den katholischen Jünglings-Verein „St. Vitus“. Ungefähr in diesen Zeitraum fällt auch die Gründung der „Patronage“, der Pfarrjugend für Mädchen.
Der Jünglingsverein darf das Elisabethinum für seine Aktivitäten und die 14-tägigen Versammlungen mit Besprechungen und Vorträgen nützen. Manchmal werden sogar Lichtbilder gezeigt. Den Jünglingen stehen eine großzügige Bibliothek und Turngeräte inkl. Scheibenstange zur Verfügung. Auf Vereinskosten erhalten sie die Jugendzeitschrift „Edelweiß“. Der Verein bildet auch einen Chor und ein eigenes Orchester mit dem Bürgerschullehrer Karl Pelleter als Dirigenten. Die Vereinseinnahmen fließen aus Spenden, gut besuchten Faschingstheatervorstellungen und Jubiläumsveranstaltungen. Im dritten Jahr verfügt der Verein über rd. 100 Teilnehmer.
Über den Mädchenverein stehen uns diese Detailinformationen leider nicht zur Verfügung.
1911
Nach wie vor verfügt der Jünglingsverein über keine eigene Fahne. Das Vermächtnis des verstorbenen Pfarrers Riedl von 500 Kronen wird zwar als Fahnenfonds zum Ankauf einer Vereinsfahne gehalten, steht rechnungsmäßig aber einem ähnlich hohen Jahresdefizit gegenüber.
1913
wird die „Volks- und Jugendbibliothek“ gegründet
1927
wird die Katholische Aktion (Mitarbeit der Laien am Apostolat der Kirche) auch in Österreich proklamiert. In deren Rahmen entstehen auch in Ober St. Veit Jugendgruppen: der „Reichsbund der Katholischen Jugend“ für Burschen und der „Mädchenbund“ für Mädchen.
Darüber hinaus gibt es noch die Marianische Kongregation, die Marianische Studentenkongregation (eine Mittelschülervereinigung unter jesuitischer Leitung) im Jesuitenkollege und weniger strikt organisierte Kinder- und Jugendgruppen in den Klöstern und Pfarren.
Teil des Vereinslebens sind meist Gemeinschaftsmessen, Andachten, Ausflüge und Theaterabende, wie zum Beispiel in der Marianischen Kongregation in der Wittegasse. Dort spielen auch Clemens Meyer und Erna Reitmeyer.
1938
werden alle Ober St. Veiter Jugendgruppen aufgelöst. Kaplan Leber hält in der Sakristei Glaubensstunden: 8–10 Leute einmal in der Woche, Burschen und Mädchen getrennt.
Die Marianische Studentenkongregation setzt ihre Zusammenkünfte im unübersichtlichen Jesuitenkollege im Verborgenen fort. 20 Burschen aus Ober St. Veit sind dabei die treibende Kraft.
An der Rosenkranzfeier im Oktober 1938 nehmen auch 16 Jugendliche aus den ehemaligen katholischen Organisationen Ober St. Veits teil.
In Ober St. Veit gibt es eine lokale Hitlerjugend für Buben über 14; die jüngeren waren bei der DJ Gruppe. Jede Woche kommt die HJ einmal zusammen, exerziert in der Vitusgasse und der Hietzinger Hauptstraße und versammelt sich dann im Heim im Keller des Elisabethinums zu Vorträgen etc. Jeden Monat ist irgendwo ein Aufmarsch. Es gibt einwöchige Sommerlager und Wehrertüchtigungslager ab einem Alter von 16 Jahren als vormilitärische Ausbildung.
Das Elisabethinum als Ganzes dient der NSDAP als Gauleitung, und dort sind auch die NSV (Nationalsozialistische Volksbetreuung) als Sozialdienst, die Bünde wie die NS-Frauenbewegung, der Luftschutz (jedes Haus hat einen Luftschutzwart, der entsprechend ausgerüstet sein muss) etc. untergebracht.
1945
wird die Katholische Jugend in Ober St. Veit gegründet. Erster Pfarrjugendführer ist Clemens Meyer (früher wohnhaft in der Bossigasse, älterer Bruder von Xaver Meyer, dem langjährigen Leiter des Madrigalchors). Die damaligen Geistlichen sind die Kapläne Peter Leber, Rudolf Matjeka, und Pater Sylvester Birngruber. Sylvester Birngruber ist Pater des Zisterzienserstiftes Wilhering in OÖ, studiert in Wien und wird hier promovieren. Clemens Meyer kann ihn für einige Jahre als Jugendseelsorger gewinnen.
Die Jugendbewegung wird von großer Begeisterung getragen, die Menschen sind froh, wieder frei bekennen zu dürfen. In der Folge gibt es jeden Sonntag um 8 Uhr die Jugendmesse – damals noch nach lateinischem Ritus –, an der ca. 60–80 Jugendliche (in der ersten Zeit bis zu 120 Jugendliche) teilnehmen und den Platz vor den Bänken füllen. Die Jugendmesse ist die bestbesuchte Messe in der Pfarre; Pater Sylvester ist ein guter Prediger, und es kommen auch viele Erwachsene.
Clemens Meyer kann in den ersten Jahren auch noch die Frau Schwarz von der Bäckerei Schwarz dafür gewinnen, jeden Sonntag ein Dutzend Striezeln für die Jugend zu spenden. Kakao und Striezel sorgen in der damaligen Hungerszeit für zusätzliche Begeisterung nach der Messe.
Natürlich bekommt auch die Katholische Jugend Ober St. Veits eine Fahne. Es ist ein großes weißes Tuch mit gekreuzten roten Streifen und dem gekrönten Kreuz in der Mitte. Die Fahne wird von Frau Halpern in der Erzbischofgasse gestiftet, und natürlich gibt es eine Fahnenweihe. Der damals 17-jährige Clemens Papak darf die Fahne zu diesem Anlass tragen. Die Weihe findet in der Ober St. Veiter Kirche statt, ca. 100 Jugendliche aus OSV nehmen an der Messe teil. Anschließend ziehen die Jugendlichen mit der Fahne voran in die Erzbischofgasse zum Haus der Fahnenpatin Frau Halpern. Dort gibt es ein schönes Gartenfest.
Die Fahne findet ihren Platz im Festsaal des Elisabethinums, der der Katholischen Jugend als Raum für die Zusammenkünfte dient. Dort werden einmal pro Monat Heimabende für Burschen und Mädchen gemeinsam und die wöchentlichen Seelsorgestunden abgehalten: montags für Burschen und dienstags für Mädchen.
Zu folgenden Anlässen wird die Fahne in Zukunft vorangetragen:
- Bei kirchlichen Festen, wie dem Osterumgang, der Fronleichnamsprozession, dem Christkönigsfest im Oktober und auch zu anderen, besonders festlichen Gottesdiensten.
- Beim Bekenntnistag der Katholischen Jugend am Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit, also am ersten Sonntag nach Pfingsten. Diese Bekenntnistage werden ab 1949/50 in allen Landesteilen abgehalten. In Wien kommen ein paar Tausend Jugendliche aus allen Bezirksteilen mit ihren Fahnen zusammen, ziehen in einer Prozession über den Ring und versammeln sich zu einer Messe am Stephansplatz oder dem Heldenplatz. Abends nach dem Fest fahren die Ober St. Veiter Jugendlichen mit der Straßenbahn bis zum Schranken der Verbindungsbahn und ziehen von dort mit der Fahne voran die Hietzinger Hauptstraße hinauf. Am Wolfrathplatz angekommen läuteten sie den Pfarrer Stur heraus und der nimmt’s gelassen: „Schön, dass ihr wieder da seid.“
- Beim Johannisfeuer am Johannistag (24. Juni), der christlichen Version der traditionellen Feuer-Rituale zu Sommerbeginn. An diesem Tag zieht die Jugend mit ihrer Fahne die Adolfstorgasse und die Wiesen der Südhänge hinauf zur „Glatz’n“ des Himmelhofs. Nach Einbruch der Dunkelheit wird der vorbereitete Scheiterhaufen entzündet. Die 80 bis 100 Jugendlichen singen die gewohnten Lieder (z. B. „Hoch auf dem gelben Wagen“), und die Gäste aus dem Ort erfreuen sich an dem Schauspiel und den zahlreichen umliegenden Feuern. Natürlich wird auch über das Feuer gesprungen, alleine als Beweis der Tapferkeit oder gemeinsam als Beweis der Liebe. Die Katholische Jugend als Veranstalter muss das Feuer der Gemeinde Wien melden, und es dürfen keine Spuren des Feuers zurückbleiben. Daher wird der Rasen am Feuerplatz 3 Meter im Durchmesser abgehoben, nachher alle Feuerreste entfernt und die Rasenziegel wieder aufgelegt. Einer der Nachfolger Clemens Papaks als Leiter der Katholischen Jugend, Herr Ing. Wildmann, hat diese Arbeit auch noch in den 1970er oder 1980er-Jahren geleistet.
- Während der herbstlichen Wallfahrt nach Mariabrunn. Die Kirchengemeinde inklusive der Jugend Ober St. Veits zieht über die Erzbischofgasse und den Kai stadtauswärts bis zur Fußgängerbrücke bei Auhof über den Wienfluss nach Mariabrunn. Dort gibt es eine Andacht und nach dem Genuss von Würstel mit Senf und einem Getränk geht’s den gleichen Weg wieder zurück.
1946
wird der erste Jugendchor aufgebaut. Später hat Xaver Meyer dem Wunsch der Jugend, zu singen, durch seine professionelle Chorleitung entsprochen.
1947
wird die Volks- und Jugendbibliothek neu eröffnet.
1948
Von Samstag, dem 13. März, bis Dienstag, dem 16. März, kommt Kardinal Innitzer zur bischöflichen Visitation. Der Sonntag beginnt um 8 Uhr mit einer Jugendmesse vor 120 Jugendlichen, darauf folgt das Jugendfrühstück im Elisabethinum gemeinsam mit dem Kardinal, Pfarrer Stur und Pater Sylvester. Es gibt wieder Striezel von der Frau Schwarz. Die Tische sind zu einem U zusammengestellt. Zur Ankunft des Kardinals wird das Christkönigslied gesungen, genauso wie vor 10 Jahren während seines Einzugs in die Stephanskirche zur Rosenkranzfeier. Kardinal Innitzer ist sehr gerührt. Am Nachmittag ab 15 Uhr gibt es eine Festversammlung im Festsaal der Dominikanerinnen. Im Rahmen eines von der Jugend veranstalteten Festprogrammes wird auch ein von Grete Meindl verfasstes Weihespiel aufgeführt. Acht Leute spielen mit, die Mitwirkenden bekommen 12 Bücher mit handschriftlicher Widmung. Diese werden zum Anfangsbestand der Pfarrbibliothek in der Firmiangasse (die alte wurde in der Nazizeit aufgelöst). Othmar Winkler und Theo Stöhr werden sich darum verdient machen, unter anderem, indem sie mit Rucksack von Haus zu Haus ziehen und um Bücher bitten.
Im selben Jahr finden erste Sommerlager im Stift Wilhering statt. 40 Burschen oder Mädchen verbringen dort zu getrennten Terminen jeweils 2 Wochen. Als Unterkunft gibt es geräumige Schlafsäle, veranstaltet werden Vorträge in der Schule, Sport, Ausflüge, Gesangsstunden usw. Eine unglaublich schöne Zeit für die Jugendlichen!
Die Katholische Jugend beteiligt sich auf Bitte der Barmherzigen Brüder viele Jahre an deren Haussammlung. Die Pfarre wird in Distrikte geteilt und jedem werden 10 Häuser zum Sammeln zugeteilt. Die Sammlungen werden etwa von 1946 bis 1950 durchgeführt und dann durch Spenden per Erlagschein ersetzt.
1949
scheint der erste Hinweis auf die Jungschar in Ober St. Veit auf und wird der erste Ober St. Veiter Pfarrball im „Ottakringer Bräu“ veranstaltet.
1951
wird der Madrigalchor gegründet. Künstlerische Leitung: Xaver Meyer; organisatorische Leitung: Clemens Papak.
1960
gibt es die Katholische Jugend Ober St. Veits bereits 15 Jahre. Der erste Schwung in der Katholischen Jugend ist allerdings verebbt, viele haben geheiratet und sind weg. Es fehlen auch der Druck und das Charisma des Paters Sylvester. Auch die Begeisterung für die Jugendmessen („den samstägigen Spätheimkehrern zu zeitig“) und andere Veranstaltungen scheint nachgelassen zu haben.
1965
gibt es bereits gemeinsame Heimstunden für die „reiferen“ Burschen und Mädchen.
1967
führen Differenzen zwischen Jugend und Kaplan zur Gründung des „Unabhängigen Jugendklubs“. Das „Tauwetter“ folgt in einem Jahr.
1970er-Jahre
Organisation und Philosophie der Jugendarbeit in Ober St. Veit erfahren keine grundsätzlichen Änderungen. Natürlich wirken die gesellschaftlichen Änderungen dieser und der folgenden Zeit auch auf die Pfarrjugend und deren Umgang miteinander. Die Begeisterung ist ständigen Schwankungen ausgesetzt, wobei viel von den gerade agierenden Personen abhängt. Auch wird so manche Tradition (Bekenntnistag, Johannisfeuer, Mariabrunn etc.) durch andere Feiern, Wallfahrten, Ausflüge, Reisen, Einkehrtage usw. ersetzt. Die wesentliche Zielsetzung ist und bleibt aber die alte: den Glauben miteinander erleben.
1982
Ab Jänner bilden die vorher von Kaplan Windbichler geführten Ministranten ein eigenes Team. Im September organisieren sich die Jungschar und die Jugend (bisher gemeinsam im „Jungschar- und Jugendausschuss“) ebenfalls in eigenständigen Teams.
1995
werden das Ministranten- und Jungscharteam zusammengelegt.
Heute
stehen in der Betreuung durch die Katholische Jungschar und die Katholische Jugend nach wie vor religiöse und spirituelle Angebote sowie die Beschäftigung mit aktuellen Themen im Vordergrund.
Das Ministranten- und Jungscharteam bietet einmal wöchentlich Gruppenstunden für alle 8–14-jährigen an, wobei für jeden Jahrgang eine eigene Gruppe gebildet wird. Einmal jährlich fahren alle Gruppen gemeinsam auf ein Ministranten- und Jungscharlager. Weitere Angebote sind spezielle Ministranten-/Jungscharmessen und Gebete, Ministranten-/Jungschartage, Sternsingen und der Kreativworkshop etc.
Auch die Katholische Jugend (Jugendliche ab 15 Jahren) trifft sich wöchentlich zu Gruppenstunden. Weiters gehören Sommer- und Winterlager, spezielle Jugendmessen jeden zweiten Sonntagabend, Städtereisen, Ausflüge und gemeinsame Gebete zu den Aktivitäten der Katholischen Jugend.