E-Mail an Herrn Sven Gächter, Redakteur des Profil
Betreffend den Leitartikel im Profil Nr. 27 vom 29. Juni 2015
06.07.2015
Sehr geehrter Herr Gächter!
Die Polarisierung von „Fürsprechern humanitärer Umarmung“ und „Hardlinern radikaler Ab- und Ausgrenzung“ ist vor allem ein Medienprodukt. Denn in genau der agitatorischen Art und Weise, die Sie den rechten Hardlinern vorwerfen, verunglimpfen Sie die FPÖ-Wähler pauschal als unanständig.
Ist es für Sie wirklich undenkbar, dass eine immer größere Gruppe das völlig konzeptlose Werken unserer sogenannten Regierung ebenso wie aller Verantwortlichen in der EU als grob fahrlässig bis vorsätzlich staatsschädigend empfindet und Gefahr im Verzug sieht? Wie soll diese naturgemäß überproportional wachsende Gruppe reagieren? Wer – um bei der in Ihrem Artikel angesprochenen Immigrationsfrage zu bleiben – die brennenden Fragen verständlich anspricht, dem wird Fremdenfeindlichkeit oder zumindest mangelnde politische Korrektheit vorgeworfen. Wer seine Sorge in der Wahlzelle artikulieren will, hat ebenfalls ein Problem. Nach Karl Popper zeichnet sich eine offene Gesellschaft dadurch aus, dass die Regierung abgewählt werden kann. Und wie, bitte schön, soll das in Österreich geschehen? Weiß zu wählen ist völlig wirkungslos, und die Oppositionsparteien sind entweder alte Seilschaften in neuem Gewande oder verursachen Bauchweh.
Also bleibt nur die Wahl zwischen der Verabschiedung von der offenen Gesellschaft oder Bauchweh. Daher würde ich den – noch – Verantwortlichen in diesem Lande empfehlen, den FPÖ-Wählern eher Bauchweh als Anstandslosigkeit zu attestieren und ihre Sorgen ernst zu nehmen. Oder glaubt das politische, wirtschaftliche und journalistische Establishment wirklich, dass 70.000 Asylanträge (Angabe im Profil) pro Jahr, meist von Menschen gänzlich anderer Kultur, ohne tiefgreifende Maßnahmen friktionslos verkraftet werden können? Im Angesicht dieser Völkerwanderung muss alles nüchtern abgewogen werden, von der Öffnung auch für Wirtschaftsflüchtlinge wegen kolonialistischer Alt- und Neuschuld und dem zwangsläufig folgenden Kulturwandel bis hin zur totalen Abschottung. Die unreflektierte Erkenntnis, dass die Flüchtlinge auch bei abgelehntem Asylantrag (illegal?) im Lande bleiben, die Überbelegung des Flüchtlingslagers in Traiskirchen, unterschiedliche Ansichten über Zeltstädte, das Feilschen um Minimalquoten oder gar das massenhafte und offensichtlich folgenlose Aufgreifen von Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung sind jedenfalls kein ausreichender Ersatz. Es sollte auch klar sein, dass ein nur nach humanistischen Prinzipien geführter Staat nicht überlebensfähig ist.
Momentan scheinen nur Funktionäre ohne Einfühlungsvermögen in die Konsequenzen tätig zu sein. Das einzige, was diese „Blindmenschen“ tatsächlich zu „erschrecken“ scheint, ist der Jobverlust an parteifremde Populisten.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Holzapfel