Auf den Spuren der Geschichte Niederösterreichs
Passau - Regensburg - Bamberg
25.10.2013
Wenn ein Hietzinger über Plattling, Straubing und so manche andere Ing-Ortschaft von Passau nach Regensburg fährt, wird er bald erfahren, dass diese Ähnlichkeiten in den Ortsbezeichnungen kein Zufall sind: Hier hat die österreichische Geschichte begonnen, und aus Bayern und Franken kamen die meisten unserer deutschen Vorfahren. Mit der deutschen Expansion so eng verbundene Namen wie Karl der Große, Kaiser Heinrich II und die Babenberger sind hier besonders präsent.
Die Höhepunkte unserer Reise nach Bayern waren:
Nach der Legende wurde die Alte Kapelle als Keimzelle der "Stiftskirche Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle" von einem Heidentempel in ein Marienheiligtum umgewandelt und darin der Agilofingerherzog Theodo und sein Hofstaat getauft. Als Taufspender werden der Ire Emmeram oder Rupert, der Gründer des Bistums Salzburg, genannt. Das Fresko des Regensburger Malers Christoph Thomas Scheffler (1699–1756) über der Orgelempore stellt diese Taufe dar. Herzog Theodo II. regierte Bayern und das gesamte Siedlungsgebiet der Bajuwaren um das Jahr 700 n. Chr. Mit ihm beginnt die lückenlose Folge der bayrischen Herrscher.
Die Babenberger, die erst in der späteren Geschichtsschreibung so bezeichnet wurden, hatten damals noch keinen Familiennamen. Sie hießen meistens Leopold – nach den alten bairischen Herzögen, mit denen sie verwandt sein sollen – oder Heinrich – nach einem Adelsgeschlecht mit Sitz im oberfränkischen Bamberg. Aus dieser Verwandtschaft entwickelte sich eine Art Familiensaga und der Name "Babenberger".
Die ersten Herzöge richteten ihre Residenz in Regensburg im ehemaligen römischen Kastell an der Westseite des Kornmarktes ein. Ab 826 erbauten dort die Karolinger eine Pfalz, von der aus Karl der Große Hof hielt und herrschte. Dessen Expansionsdrang und sein Sieg über die Awaren am Ende des 8. Jahrhunderts waren der Beginn Niederösterreichs.
Heute zeigt sich der untere Teil des Herzoghofes in der Gestalt des 12. Jahrhunderts. Der nebenstehende 28 Meter hohe Wehrturm der Pfalz ist durch einen Schwibbogen mit ihm verbunden. Heute wird er Römerturm genannt, weil für dessen unteren Teil vermutlich Steine aus römischen Vorgängerbauten verwendet wurden.
Die Babenburg war eine Befestigungsanlage auf dem Bamberger Domberg, aus der sich die Stadt Bamberg entwickelte und die in der späteren Geschichtsschreibung namensgebend für die älteren oder fränkischen Babenberger wurde. Die erste urkundliche Nennung geht auf das Jahr 902 zurück. Im Jahr 1004 wurde an ihrer Stelle mit dem Bau des ersten Domes begonnen.
Kaiser Heinrich der II und Kunigunde
Heinrich (973–1024) war zunächst Herzog von Bayern, bis er 1002 als letzter des sächsischen Herrscherhauses zum deutschen König gewählt wurde. 1014 erhielt er in Rom die Kaiserkrone. 1007 gründete er in Frankfurt das Bistum Bamberg und überließ dem entsprechenden Hochstift, also der Kirche, eine große Zahl von Besitzungen aus dem traditionellen Königsgut. Er wurde 1146 heiliggesprochen.
Seine Stiftungen an Bamberg galten nicht nur dem Stift selbst, sondern auch dessen Domkapitel. Eine dieser Schenkungen an das Domkapitel erfolgte am 5. Juli 1014 in Regensburg und betraf ein Gebiet namens "Godtines-Feld". Es wird angenommen, dass es sich dabei um das Gebiet vom heutigen Bezirksteil Hietzing bis nach Ober St. Veit handelte. Die im Jahr 1015 unterzeichnete "Godtinesfeld-Urkunde" ist noch erhalten und wird im Staatsarchiv München verwahrt. Sie ist der bislang älteste schriftliche Nachweis einer Siedlung im heutigen Hietzing. Eine Farbfotographie in Originalgröße ist im Bezirksmuseum Hietzing ausgestellt.
Kaiser Heinrichs Gemahlin Kunigunde von Luxemburg (um 980–1033) wurde 1200 heiliggesprochen. Um sie wuchern zahlreiche Legenden, so soll sie einen barfüßigen Gang über glühende Pflugscharen – zur Probe ihrer ehelichen Treue – unbeschadet überstanden haben.
Gisela war die Schwester Kaiser Heinrichs II. Sie wurde mit dem späteren ungarischen König Stephan vermählt und hat dort das Christentum verbreitet. Das war möglich geworden, weil sich die Struktur in Ungarn nach den schweren Verlusten in der Lechfeldschlacht 955 völlig veränderte. Das Volk wurde sesshaft, und nach mancherlei Rückschlägen, die auch zu neuen Einfällen in den bayerischen Herrschaftsbereich führten, setzte sich unter Fürst Geza (ca. 972–997) weitgehend das Christentum durch. Zu Weihnachten 996 wurde Gezas Sohn Waik in Anwesenheit Kaiser Ottos III. in Köln auf den Namen Stephan getauft. 997 vermählte er sich mit Gisela, 1001 wurde er zum König gekrönt und Gisela zur Königin. Damit war Ungarn in das abendländische Staatensystem aufgenommen. Nach dem Tod Stephans 1038 und darauffolgender Gefangenschaft in Ungarn kehrte sie nach der Befreiung durch König Heinrich III nach Bayern zurück. Sie trat in das Kloster Niedernburg in Passau ein, wurde dessen Äbtissin. Sie starb dort um das Jahr 1060.
Ihre Rückkehr aus Ungarn ist auch Teil einer Legende, die sich um den ältesten unter den Wallfahrtsorten der näheren Umgebung Wiens rankt. Als Gisela im Jahre 1042 krank durch die Auwälder des Wienerwaldes spazierte, um sich zu erholen, verlangte sie nach Wasser. Beim Schöpfen des Wassers aus einem nahen Brunnen entdeckten ihre Dienerinnen darin eine Marienstatue. Gisela wurde von dem Wasser des Brunnens sofort gesund und ließ für die Statue eine kleine Kapelle aus Holz errichten. Nach Zerstörung durch das Hochwasser des Wienflusses und abermaliger Versenkung im Brunnen wurde die Marienstatue neuerlich von Soldaten Maximilian I. gehoben und erhielt eine steinerne Kapelle. Die Marienstatue, von der diese Legende erzählt, befindet sich heute am Hochaltar der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariabrunn und stammt aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der historische Brunnen auf dem Kirchenplatz wird von einer Kopie dieser Statue geschmückt.
Giselas Grab in der Kirche Heiligenkreuz im Kloster Niedernburg ist Anziehungspunkt für Pilger, vor allem aus Ungarn.
Die Geburt Österreichs als souveräner Staat
Im September 1156 hatte Kaiser Friedrich Barbarossa die Reichsfürsten nach Regensburg geladen, um den schwelenden Streit zwischen dem Babenberger Heinrich II Jasomirgott, der 1143 mit dem Herzogtum Bayern belehnt worden war, und Heinrich dem Löwen, der es beanspruchte, zu schlichten. Eines der Treffen soll auf neutralen Boden beim Kreuzhof bei Barbing abgehalten worden sein. Das Ergebnis war die Teilung Bayerns: Die Mark Österreich wurde ausgegliedert und zum selbständigen Herzogtum erhoben. Heinrich der Löwe wurde rechtmäßiger Herzog von Bayern und Heinrich Jasomirgott Herzog von Österreich. Das dazugehörige "Privilegium minus", das in der Kreuzhofkapelle besiegelt worden sein soll, gab Österreich als zehntes Herzogtum des deutschen Königreiches sogar mehr Privilegien, als den anderen. Somit kann der Kreuzhof mit seiner kurz zuvor errichteten Kapelle als die Geburtsstätte des souveränen Herzogtums Österreich gesehen werden.
Weltlich ist Österreich mit der Erhebung zum Herzogtum 1156 eigenständig geworden, nicht aber kirchlich. Bis 1469 unterstanden die österreichischen Pfarren größtenteils dem 739 gemeinsam mit den Bistümern Freising, Regensburg und Salzburg gegründeten (eigentlich: reorganisierten) Bistum Passau.
Herzog Rudolf IV. begann die Wiener Stephanskirche zu einem gotischen Dom auszubauen und übersiedelte dorthin 1365 das wenige Jahre zuvor gegründete Stiftskapitel. Diesem Kapitel wurden von Rudolf IV. auch Schloss und Herrschaft St. Veit samt Landgericht geschenkt. Bestrebungen ab dem 13. Jahrhundert, eine eigene Diözese in Wien zu errichten, scheiterten an den Interventionen der Passauer Bischöfe.
Erst Kaiser Friedrich III. gelang 1469 die Errichtung der Bistümer Wien und Wiener Neustadt. 1722 wurde Wien in den Rang einer Erzdiözese erhoben und das Bistum Wiener Neustadt unterstellt. 1729 kamen vom Bistum Passau Pfarren zwischen Wien und Wiener Neustadt hinzu und 1784 neben weiteren Pfarren in Niederösterreich und Ungarn auch die neu gegründeten Diözesen Linz und St. Pölten.
Die Steinerne Brücke von Regensburg
Neben dem Dom ist sie wohl das berühmteste Bauwerk Regensburgs. Gebaut von 1135 bis 1146 ist sie die älteste erhaltene Brücke dieser Art. Die ältesten steinernen Brücken Wiens waren die Elisabethbrücke und die Stubenbrücke über den Wienfluss. Sie entstanden Anfang des 15. Jahrhunderts und sind längst durch andere Bauwerke ersetzt.
Der Immerwährende Reichstag im alten Rathaus in Regensburg
Das heute im Rathaus untergebrachte Reichstagsmuseum umfasst neben dem Kurfürstenkollegium, in dem die Fürsten ab dem 13. Jahrhundert den König wählten, und weiteren Räumen vor allem den historischen Reichstagssaal.
Der Reichstag wurde bis zum 16. Jahrhundert in unregelmäßigen Abständen in verschiedene Bischofs- oder Reichsstädte einberufen und war das maßgebliche Gegengewicht der Stände gegenüber der kaiserlichen Zentralgewalt. Seit 1663 tagte er permanent als „Immerwährender Reichstag“. Da Kaiser, Kurfürsten und Stände nicht immer anwesend sein konnten, entwickelte sich der Reichstag zu einem ständigen Gesandtenkongress. Der Reichstag existierte bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 1806.
Der Reichstag in Regensburg 1546 war für Kaiser Karl V auch ein Ort der Begegnung mit der Bürgerlichen Barbara Blomberg, der neun Monate später ein unehelicher Sohn folgte. Der Kaiser erkannte ihn an, gab ihm Namen und Titel Don Juan d'Austria und ließ ihn standesgemäß erziehen. Der Sohn entwickelte einen ausgeprägten kriegerischem Sinn und führte 1571 die Flotte der Heiligen Liga (Schiffe aus Spanien, Venedig, Savoyen, Genua, Malta, Toskana und päpstliche Schiffe) zum Sieg in der Seeschlacht von Lepanto gegen die Osmanen. Sein Denkmal schmückt heute den Ziroldsplatz neben dem Kohlenmarkt in Regensburg.
(1477–1534) Er war ein deutscher Historiker mit eigentlichem Namen Johann Georg Turmair. Er studierte ab 1495 an den Hochschulen von Ingolstadt, Wien, Krakau und Paris. Als sein Hauptwerk gelten die zwischen 1517 und 1522 entstandenen Annales ducum Boiariae, in denen er die bayerische Geschichte bis zum Jahre 1460 behandelte. Die Bairische Chronik (geschaffen 1526–1533), eine deutsche Bearbeitung seiner Annalen, ist volkstümlicher geschrieben und besticht durch eine freie und unabhängige Denkweise in nationalen und kirchlichen Fragen. Im Jahr 1523 veröffentlichte Aventinus die erste Karte von Bayern. Begraben wurde er in der Kirche St. Emmeram in Regensburg.
Die Grundlage für den guten Ruf des bayrischen Bieres legte Herzog Wilhelm IV. von Bayern im Jahr 1516 in Landshut: Er erließ das bis heute gültige Reinheitsgebot, nach dem Bier nur aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe gebraut werden darf. In Bayern halten zahllose kleine Privatbrauereien den Konzentrationszwängen der Globalisierung eine erstaunliche Vielfalt von Bieren entgegen. Unterschiede in der Braukunst gibt es von Ort zu Ort, je nach Wasser, Malz und Hopfen. Von den Bieren, die wir auf unserer Reise kosten konnten, gelten die Biere Bambergs als besonders kräftig, voraus das „Rauchbier“, dessen Malz über Holzfeuer gedarrt wurde. In Regensburg kann man sich nur schwer dem Kneitinger-Bier entziehen, besonders dem ab Oktober angebotenen „Bock“. Für eine solche Qualität muss man bei uns schon zum Bierzauberer Thömmes nach Brunn am Gebirge wandern.