Interview mit Bezirksvorsteherin Mag. Silke Kobald
Eine Standortbestimmung nach rd. einmonatiger Amtszeit
12.08.2013
1. Sie sind jetzt über ein Monat „im Amt“ als Bezirksvorsteherin. Bereuen Sie Ihre Entscheidung?
Mag. Kobald: Hietzing ist für mich der lebens- und liebenswerteste Bezirk Wiens. Für die Menschen in Hietzing zu arbeiten ist für mich die schönste und erfüllendste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann. Ich habe die Entscheidung, für die Funktion der Bezirksvorsteherin zu kandidieren, sehr gut überlegt und habe durch meine Tätigkeit als Bezirksvorsteher-Stellvertreterin und die unmittelbare Zusammenarbeit mit Heinz Gerstbach ziemlich genau einschätzen können, was mich erwartet. So gehe ich jeden Tag voller Begeisterung, Tatendrang und Neugierde an die Herausforderungen heran.
2. Wie erlebten Sie die bisherige Zusammenarbeit mit der Stadt Wien?
Mag. Kobald: Wenn Sie die Frage auf den Magistrat beziehen, kann ich sagen, dass viele der Beamten sehr effizient und lösungsorientiert arbeiten und wir mit diesen gemeinsam rasch zu guten Ergebnissen kommen. Leider ist das nicht immer der Fall und so werden den Bürgerinnen und Bürgern durch unnötige Bürokratie oft Steine in den Weg gelegt und vor allem dann, wenn mehrere Magistratsabteilungen an einem Fall beteiligt sind, vergeht oft unvorstellbar viel Zeit, bis eine bürgerfreundliche Lösung ausgearbeitet ist. Wenn Sie mit „Stadt Wien“ die Wiener Stadtregierung meinen, dann bin ich gerade dabei, mit möglichst vielen Politikerinnen das persönliche Gespräch zu suchen und werde die Zusammenarbeit dann nach einiger Zeit beurteilen können.
3. Können Sie die drei wichtigsten Ziele nennen, die Sie als realistisch erachten und erreichen wollen?
Mag. Kobald: Ein besonderes Augenmerk und besondere Wachsamkeit will ich auf das Bauen in Hietzing legen. Hietzing ist für die Menschen der Lebens- und Wohnbezirk, der vor allem durch seine Grün- und Erholungsflächen geprägt ist. Bei Begehrlichkeiten für neue Flächenwidmungen ist also äußerste Vorsicht angesagt. Mein Ziel ist es, den baulichen Charakter des Bezirks zu erhalten und zu schützen und die Naherholungsgebiete wie den Hörndlwald zu sichern. Darum ist es mir so wichtig, dass die mittlerweile über 5.000 Unterschriften gegen die Verbauung des Hörndlwalds nicht ungehört bleiben!
Ganz besonders verantwortlich sind wir für unsere Zukunft, und das sind unsere Kinder und Jugendlichen! Für sie müssen wir gemeinsam sicherstellen, dass wir unsere Schulgebäude trotz der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen weiter top in Schuss halten! Und alles, was wir von Bezirksseite zu einer besseren Bildung beitragen können, wollen wir unternehmen. Junge Menschen brauchen Chancen, wir müssen sie ihnen geben! Und sie sollen sich in ihrem Bezirk wohlfühlen. So brauchen wir für unsere Jugendlichen auch ein Mehr an Freizeitmöglichkeiten, zum Beispiel durch einen Ersatz für das kürzlich geschlossene Sportzentrum in Schönbrunn. Dafür will ich mich einsetzen.
Was wir alle in Hietzing ebenfalls brauchen, ist eine weiterhin florierende Wirtschaft mit dieser gut ausgebauten Nahversorgung; sie soll lebendig bleiben, auch zum Wohl unserer älteren Menschen im Bezirk.
Große Bedeutung für mich hat auch das Ziel, dass „Anrainerparken“ geschaffen wird. Ca. 25 % der Parkplätze in jenen Gegenden Hietzings, die von der Überparkung betroffen sind, sollen den Anrainerinnen und Anrainern zur Verfügung stehen. Die grüne Verkehrsstadträtin verweigert diese Lösung bisher und sagt, das sei nur in Bezirken mit Parkraumbewirtschaftung möglich. Juristisch ist diese Argumentation schlichtweg unrichtig.
Das waren jetzt wohl mehr als drei Ziele und bei weitem nicht alle! Und ein essentielles darf ich noch anfügen: Ich will natürlich, dass Hietzing weiterhin bürgerlich bleibt!
4. In Ihrer Antrittsrede nach der Angelobung am 8. Juli 2013 haben Sie u.a. die Bürgerbeteiligung hervorgehoben und von professionellen Beteiligungsprozessen gesprochen. Was konkret meinen Sie damit?
Mag. Kobald: Bei uns in Hietzing hat es Tradition, die Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen einzubeziehen. So haben wir zB die komplizierte Sanierung der Wattmanngasse in einem langen und fundierten Bürgerbeteiligungsprozess durchgeführt und auch beim Parkpickerl war es für Heinz Gerstbach klar, die Menschen im Bezirk um ihre Meinung zu fragen.
Ich will in Zukunft diese Partizipation noch ein Stück weit ausbauen und durchaus auf die Unterstützung von Experten zurückgreifen, wenn es darum geht, die Prozesse für die Beteiligten nachvollziehbar, strukturiert und transparent zu machen.
5. Wird das Auswirkungen auf die Planungen der Stadt zum Krankenhaus Hietzing inkl. Rothschildstiftung und zum Geriatriezentrum am Wienerwald haben?
Mag. Kobald: Auf die Planungen das Krankenhaus betreffend direkt vielleicht nicht, weil die medizinische Versorgung auf Landesebene angesiedelt ist, aber hoffentlich auf die Information der Bevölkerung, die bis jetzt seitens der Stadt stümperhaft war. Und was die Nachnutzung des GZW-Areals betrifft, ist es nach dieser langen Planungspause unumgänglich das Bürgerbeteiligungsverfahren wieder neu aufzunehmen und auch den Infrastrukturfragen wie Nahversorgung, Kindergärten, Schulplätze und dem Verkehrskonzept entsprechenden Raum zu geben.
6. Die obere Hietzinger Hauptstraße leidet seit Jahren an dem geschlossenen Lokal im Haus Hietzinger Hauptstraße 170. Sehen Sie eine Möglichkeit, dass sich der Bezirk in solchen Angelegenheiten einbringt?
Mag. Kobald: Das Lokal steht angeblich deswegen noch leer, weil der Besitzer eine zu hohe Miete verlangt. Da stößt auch der Bezirk an seine Grenzen. Eine Anlaufstelle ist hier die Beratung der Wirtschaftskammer.
7. Gibt es schon Konkretes zum Ausbau der Verbindungsbahn inkl. Verdichtung der Intervalle?
Mag. Kobald: Stadt Wien und ÖBB haben sich noch immer nicht geeinigt. Die Stadt Wien muss ihren Anteil an den Planungskosten übernehmen, woran es bisher seit gut eineinhalb Jahren scheitert, und Wien muss auch einen Anteil für die Finanzierung des Nahverkehrs aufbringen, wie es in allen anderen Bundesländern selbstverständlich ist. Es läuft übrigens gerade eine Unterschriftenaktion zur Wiederaufnahme der für Hietzing so wichtigen direkten Schnellbahnverbindung nach Wien-Mitte und Praterstern und zur Verdichtung der Intervalle. Ich bitte Sie alle, sich intensiv daran zu beteiligen! Die Unterschriftenlisten bekommen Sie über die Bezirksvorstehung per Mail an post@bv13.wien.gv.at, telefonisch unter 4000-13115 oder persönlich vor Ort.
8. Gibt es Neuigkeiten zur Gestaltung des ehemaligen Bauhofes für den Lainzer-Tunnel in der Preyergasse?
Mag. Kobald: Auch hier spielen ÖBB und Stadt Wien ineinander. Es gab bereits erste Planungsschritte in Form eines Architektenwettbewerbs und im Herbst sind erste Arbeitsgruppen der Wien-Holding vorgesehen. Man wird dieses Areal nicht isoliert vom Ausbau der Verbindungsbahn, sprich die mögliche Verlegung der Schnellbahnstation in diesem Bereich, planen können. Und dann sind wir wieder bei der vorigen Frage.
9. Der neue Planentwurf Nr. 8016 vom 23. Feb. 2013 (vulgo „Gründruck“) betrifft die Flächenwidmung eines großen Bereiches in Hietzing und ist sehr umstritten. Änderungswünsche zum Gründruck haben größere Chancen, als zum endgültigen Planentwurf (vulgo „Rotdruck“). Welche Stellungnahme hat der Bezirk zum Gründruck abgegeben?
Mag. Kobald: Der Gründruck ist ein internes Diskussionspapier der Magistratsdienststellen, das der Bezirks zur Kenntnis erhält. Es ist keine Stellungnahme des Bezirks vorgesehen. Diese steht dem Bezirk erst beim Rotdruck zu.
10. Die Opposition will bei der Hietzinger ÖVP die Tendenz zu unverhandelbaren Maximalforderungen erkennen (Beispiele: Absolutes „Nein“ zur Parkraumbewirtschaftung und Forderung nach Renaturierung des Hörndlwaldes). Wie wollen Sie in Zukunft solche „Heiße Eisen“ angehen?
Mag. Kobald: Immer im Einvernehmen mit der Bevölkerung. Die Parkraumbewirtschaftung lehnen die Hietzingerinnen und Hietzinger zu fast 80 % ab. Und die Hörndlwald-Petition haben wie erwähnt bereits mehr als 5.000 Menschen unterschrieben. Diese Fragen sind in der Tat unverhandelbar. Genauso wird es mit allen anderen wichtigen Fragen sein; die Meinung der Bevölkerung ist unsere Richtschnur.
11. Gibt es neue Informationen zu Nutzung des Areals der vor kurzem geschlossenen Krankenpflegeschule in der Jagdschloßgasse?
Mag. Kobald: Leider nein, unsere Anträge für die weitere Nutzung als Bildungsstandort wurden bisher abgelehnt. Aber wir geben nicht auf, und derzeit arbeite ich daran, dass zumindest der Park vorübergehend von den Schülerinnen und Schülern der nahen Volksschule Steinlechnergasse genützt werden kann.
12. Hietzing ist eine „Klimabündnis-Gemeinde“. Welche Auswirkungen hat das auf die konkrete Arbeit des Bezirks?
Mag. Kobald: Die Hietzinger ÖVP hat ein Klimaschutzprogramm erarbeitet, das im Bezirks-Umweltausschuss ausführlich diskutiert wurde. Es enthält zahlreiche Vorschläge für die Umweltpolitik in Hietzing. Leider konnten sich die anderen Parteien bisher nicht zu einer Zustimmung aufraffen und haben kaum eigene Vorschläge dazu gemacht. Dieses Programm wird im Umweltausschuss unter der fachkundigen Leitung des Vorsitzenden Bezirksrat DI Edwin Piskernik weiter behandelt werden und ich wünsche mir sehr, dass es zu einer einvernehmlichen Lösung kommt. Unabhängig davon wird Bezirksrat Piskernik weiter seine hervorragend besuchten und von renommierten Energie- und Umweltexperten begleiteten Energiestammtische veranstalten, die uns wichtige Impulse für die Arbeit geben. Kürzlich fand er bereits zum 130. Mal statt!
Ich danke für das Interview. Hier geht's zu einem Bericht über die Angelobung am 8. Juli 2013.