Baubeschreibung des Krankenhauses Lainz
Aus dem Dehio-Handbuch und Weissenbachers "In Hietzing gebaut"
10.04.2013
Die Anlage wurde von Johann Nepomuk Scheiringer geplant und besteht im Zentrum aus vier Gebäudekomplexen in neoklassizistischen Formen. Ihr Äußeres vermittelt eine kühle, distanzierte Strenge. Die Hauptgebäude sind um einen rechteckigen Park mit zentralem Brunnen angeordnet. In der Zwischenkriegszeit wurde die Anlage um einen Tuberkolosenpavillon erweitert und modernisiert. Das Areal ist von einem secessionistischen Gitterzaun zwischen Klinkerpfeilern umfriedet. Die breite Einfahrt wird von niedrigen Pförtnerhäuschen mit pyramidalen Metalldächern flankiert.
Die soliden Vollziegel-Mauern der Gebäude wurden auf 1–1,5 m tiefen Betonfundamenten errichtet und Aussparungen für die damalige Haustechnik berücksichtigt. Der Baugrund besteht aus Lehm und Tegel, sodass eine ausgiebige Drainagierung notwendig war. Ein Regenwasserkanal leitet das abfließende Niederschlagswasser aus dem Lainzer Tiergarten ab.
Der Verputz der Fassaden besteht aus Dolomitsand und wirkt wie aus Stein. Die Sockel sind aus Kunststein. Die Keller sind durch natürliches Licht erhellt. Die Parterregeschoße aller Stationen sind unter Vermeidung von Stufen nur durch Rampen zugänglich, wobei das Gefälle des Geländes durch Einschaltung eines Geschoßes bei den betroffenen Gebäuden bewältigt wurde. Alle Satteldächer weisen einen Neigungswinkel von 38° auf. Markante Details waren die Entlüftungsschächte, welche im Zuge der späteren Modernisierungen teilweise abgetragen wurden.
Wesentliche Versorgungsleitungen zu und zwischen den Gebäuden verlaufen in einem ringförmig angelegten unterirdischen Gang. Auch die Hauptverkehrsstraßen im Spitalsbereich sind ringförmig angelegt.
Das Verwaltungsgebäude
Der dreigeschoßige Bau ist durch Risalite (vorspringende Teile) gegliedert, der betonte Mittelrisalit ist einen Stock höher und trägt einen mächtigen Dreieckgiebel. Er zeigt ein von Theodor Khuen geschaffenes Relief mit Kaiser Franz Joseph I. zwischen mythologischen Figuren.
Dem Mittelrisalit ist ist ein zweigeschoßiger Eingangserker mit monumetalem Wappen der Stadt Wien über einem Gitterbalkon auf kannelierten (mit Längsrillen versehenen) toskanischen Säulen vorgelagert. Seitliche Rechteckfelder zeigen mit Hochreliefs Werke der Krankenpflege ausübende Putten.
Neben dem Giebel und den kannelierten Säulen bestätigt auch der reiche Dekor die klassizistischen Formen: Unter dem letzten Geschoß der hervorgehobenen Baukörper in der Mitte und an den Seiten läuft ein Mäanderfries, auch die Lisenen (senkrechte Mauervorsprünge) bzw. Pilaster (Wandpfeiler) im obersten Geschoß der Risalite sind kanneliert, und zeigen dekorative Vasen-Reliefs. Andere Reliefs im Mittelteil des Gebäudes zwischen zweitem und drittem Geschoß verweisen ebenfalls auf klassizistische Elemente, wie die versenkte Grundfläche.
Die Seitenfronten des Verwaltungsgebäudes zeigen Loggien mit Gitterbrüstungen, die Rückfront ist durch weit vortretende übergiebelte Risalite gegliedert.
Das Verwaltungsgebäude ist an beiden Seiten durch Torbögen mit den beiden vorgestellten Nebengebäuden verbunden. Die Bögen zeigen Lisenenrahmungen und Dreiecksgiebeln mit schlangenumwundenen Frauenmasken als Relief.
Die Pavillons
Die den Park begrenzenden dreigeschoßigen Gebäude sind als Doppelflügelanlagen ausgebildet und durch gestufte, an den Seitenfronten polygonale, von Dreieck- oder Segmentgiebeln überfangene Risalite und Putzfelder abwechslungsreich gegliedert. An den Gebäuden sind sechs reliefierte Profilportraits berühmter Ärzte zwischen Genien mit Attributen der Medizin angebracht.
Die Eingangsportale sind mit Vordächern auf toskanischen kannelierten Säulen unter Sprenggiebel mit Maskenreliefs hervorgehoben.
Weitere Details an den Außenbauten weisen auf freie Abwandlungen historischer Stile hin: Neben Elemente der griechischen Klassik wie Giebel und Pilaster treten z. B. bei den Liegeterrassen Metallsäulen mit ägyptischen Papyruskapitellen hervor, die allerdings durch blattartige Zusatzformen verändert wurden.
Das ehemalige Schwesternheim
Die Pavillons III bis V im westlichen Abschluss des Hofes enthalten in der Mitte das ehemalige Schwesternheim mit der Kapelle (Pavillon IV). Dieses ist in Grundriss und Raumaufteilung eine Kopie der gleichen Einrichtung im Versorgungsheim.
Das ehemalige Schwesternheim ist zusätzlich durch Loggien auf kannelierten toskanischen Säulen, Gitterbalkons und einen hohen Kapellenturm in der Mittelachse akzentuiert. Mittig in Erkervorbau befindet sich ein Portal mit kannelierter toskanischer Halbsäulenrahmung, darüber Engelhochreliefs, und im Sturz eine Metallplatte mit Christusrelief. Der quadratische Turmaufsatz ist durch kannelierte Ecklisenen gegliedert, trägt einen Giebelkranz und eine hohe Tambourkuppel.
Die Kapelle im ehemaligen Schwesternheim
Im Hochparterre befindet sich die Kapelle „Zur Heiligsten Dreifaltigkeit“. Sie wirkt wesentlich schlichter als die Versorgungsheimkirche. Das tonnengewölbte einschiffige Langhaus ist weiß ausgemalt und wird beidseitig durch Dreifenstergruppen belichtet. In den von Rundbögen überfangenen und durch Halbsäulen getrennten Rechteckfenstern befinden sich Glasmalereien mit hl. Josef, Antonius von Padua, Johannes Nepomuk, Elisabeth, Franziskus und Klara von Assisi. Unterhalb der Fenster sind in die Seitenwände glasierte Kreuzwegreliefs eingelassen, bez. (Heinrich) Epier 1896.
Der apsisartige Chor setzt sich durch einen Segmentbogen und durch die Erhöhung um eine Stufe vom Langhaus ab. Seitlich des Bogens stehen die Figuren Herz Jesu, bez. Florian Josephu Drouot und Herz Mariae, bez. (Anton) Endstorfer 1938. Die Trennung des Chors ist durch eine ausschwingende Bronzegitter-Kommunionbank verstärkt. Die Mitte des Chors dominiert ein Marmoraltar mit seichtem Baldachin auf toskanischen Säulen und der Tabernakel mit Messingtüren auf der Mensa. An der Wand darüber befinden sich drei monumentale Gemälde als Triptychon auf die Heilkunst von Hans Zatzka. Das Mittelbild stellt den Heiland als Tröster der Kranken dar. Der Kranke, an dessen Bett Christus steht, trägt die Züge von Bürgermeister Lueger. Das linke Bild zeigt die Erbauung des Spitals, das rechte die Nächstenliebe als Besiegerin der Krankheiten.
Über dem Kapelleneingang befindet sich der Orgelchor aus Stahlbeton.
Das Langhaus hat 104 Sitzplätze, die Empore 12.
Auf dem Korridor steht eine Plastik des hl. Kamillus einem Kranken beistehend, Ende 19. Jh.
Die Parkanlage
In dem von den Gebäuden umgebenen großzügigen Innenhof wurde ein Park angelegt. In seiner Mitte wird er von einem zentralen Brunnen dominiert. Über einer zweizonigen Brunnenschale erhebt sich eine Rolandsfigur mit den Zügen des Bürgermeisters Lueger. Sie stammt genauso wie die gesamte Parkanlage aus der Bauzeit und wurde von Josef Heu geschaffen.
Der Tuberkulosepavillon
Er entstand 1929–31 nach Plänen von Fritz Judtmann und Egon Riss. Dieser langgestreckte Spitalsbau wird durch die südlich stark durchfensterte Front mit den großen Veranden in den Obergeschossen des Mittelteils und durch risalitartiges Vortreten der doppelten Fensterachsen in den Seitenteilen dicht rhythmisiert. Im Hochparterre ist den Krankenräumen nach Süden eine 4,5 m breite Terrasse vorgelagert. Die Nordseite prägen drei vortretende Stiegenhausrisalite (dazwischen neue Aufzugsschächte), wovon sich der mittlere durch das vorgelegte repräsentative Marmorvestibül abhebt.
Siehe auch: Der Bau des Kaiser-Jubiläums-Spitals