Beiträge zur Orts- und Pfarrgeschichte von Hietzing

Von Dr. Wolfgang Pauker

Dr. Wolfgang Pauker, regulierter Chorherr des Stiftes Klosterneuburg, war wohl der Erste, der auf Basis seiner Recherchen geschichtliche Beiträge zur Gründung der Pfarre Hietzing und auch einiges zur Ortsgeschichte Hietzings veröffentlicht hatte. Sein Werksverzeichnis auf sacra.wiki enthält folgende Beiträge zu Hietzing:

  • Regesten zur Geschichte von Hietzing. Separatabdruck aus dem "Vaterland". Wien 1898.
  • Die Pfarrkirche von Hietzing. Separatabdruck aus der Zeitschrift "Alt-Wien". Wien 1899.
  • Beiträge zur Orts- und Pfarrgeschichte von Hietzing. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 2 (1929), S. 83–95.

Die Abdrucke im „Vaterland“ wirken spontan und waren als frühe Veröffentlichung einer späteren, ausgereiften Publikation gedacht. Die „Beiträge zur Orts- und Pfarrgeschichte von Hietzing“ in „Unsere Heimat“ 1929 beschränken sich auf das Kapitel I mit der Pfarrgeschichte, eine zu erwartende Fortsetzung mit der Ortsgeschichte gibt es nicht. Überhaupt handelt es sich bei den Ausführungen Dr. Paukers um die Geschichte der Hietzinger Kirche und um Auszüge aus dem Schicksal des habsburgischen Kaiserhauses, welche vor allem die damalige Frömmigkeit erhellen.

Vorbemerkung

Im Morgenblatt „Das Vaterland“ Zeitung für die österreichische Monarchie wurden „Regesten zur Geschichte der Pfarre Hietzing“ von Dr. Wolfgang Paucker, regulierter Chorherr des Stiftes Klosterneuburg erstmals veröffentlicht. Dies erfolgte in einer fortlaufenden Serie, beginnend mit Donnerstag, den 20. Oktober 1898. Die Einleitung zu diesen Regesten lautete folgendermaßen:

Als ich im März des vorigen Jahres durch die Gnade meines hochw. Herrn Prälaten als Seelsorger an die Pfarre Hietzing versetzt wurde, ging damit einer meiner Herzens- und Lieblingswünsche in Erfüllung. Ich hatte nämlich das Hietzinger Gotteshaus – dessen Geschichte ich damals allerdings nur in den dürftigsten Fragmenten kannte – schon seit langer Zeit in mein Herz geschlossen, und es war mein sehnlichster Wunsch, gleichsam an Ort und Stelle alle jene anziehenden Begebenheiten kennen zu lernen, die sich dorten in früheren Tagen abgespielt haben.

Kaum hatte ich mich also in meiner neuen Stellung so weit zurecht gefunden, um alle meine Aufgaben und Pflichten als Seelsorger entsprechend erfüllen zu können, fing ich auch gleich an nach denjenigen Aufzeichnungen und Documenten zu suchen, die mir zur Erwerbung einer genauen Kenntnis der Hietzinger Pfarrgeschichte dienlich sein sollten. Ich habe dabei so viel des Interessanten gefunden, dass ich mir vornahm, die Kenntnis davon in weitere Kreise dringen zu lassen. Es soll dies in Form einer zwanglosen Artikelserie geschehen, die ich vorderhand als „Regesten zur Geschichte der Pfarre Hietzing" benennen will. Vielleicht ergibt sich dann später die Gelegenheit, aus diesen gegenwärtig noch lose aneinanderhängenden Aufsätzen ein geschlossenes Ganzes in Form eines Buches zu bringen. Möge also der freundliche Leser Nachsicht üben, wenn vielleicht Manches nicht ganz nach Wunsch und Ordnung ausgefallen ist, und bei der Beurteilung der vorliegenden Arbeit auch die gute Absicht des Verfassers in Berücksichtigung ziehen.

I.

Die Erhebung von Hietzing zu einer selbstständigen Pfarrgemeinde erfolgte unter Kaiser Joseph II. am 4. Juni 1786. Die Pfarre ist somit, was ihre Entstehungszeit anbelangt, eine der jüngeren Pfarren Niederösterreichs.

Der Ort selbst war früher ziemlich klein und unansehnlich, erfuhr aber seit dem Beginne dieses Jahrhunderts einen großen Aufschwung, wozu namentlich die unmittelbare Nähe des kaiserlichen Lustschlosses Schönbrunn viel beitrug.

Gegenwärtig bildet Hietzing einen Theil des dreizehnten Gemeindebezirkes von Wien.

Bevor die Kirche von Hietzing zur selbstständigen Pfarrkirche erhoben wurde, war sie schon als Wallfahrtskirche weit und breit bekannt und beliebt. – Das kam folgendermaßen: Über dem Hochaltare der Kirche befand sich Nämlich seit uralten Zeiten ein vielverehrtes Gnadenbild unserer lieben Frau. Als im Jahre 1529 Wien von den Türken belagert wurde, verbargen die Bewohner Hietzings, bevor sie noch vor dem Feinde die Flucht ergriffen, das Bild unserer lieben Frau auf einem schattenreichen Baume in der Nähe der Kirche. An diesen Baum wurden in einer Nacht, während der Belagerung Wiens vier arme gefangene Landleute von den Türken angebunden. In Angst und Not erwarteten sie die Schrecken des kommenden Morgens. Jegliche Rettung schien aus geschlossen.

Da wandten sich die Armen in heißem Gebete zur Mutter Gottes und baten um Hilfe. Und siehe da, als sie eine zeitlang gebetet hatten, da leuchtete plötzlich ein heller Lichtglanz durch die Zweige des Baumes, unter welchem sie standen. Sie schauten empor und erblickten das ihnen wohlbekannte Bild unserer lieben Frau mit dem göttlichen Kinde auf dem Arme. In demselben Augenblicke fielen die Ketten und Bande, womit sie gefesselt waren, von ihren Händen und Füßen, sie waren frei und eilends suchten sie Schutz im nahen Waldgebirge vor dem Feinde.

Die Türken mussten endlich die Belagerung Wiens aufgeben. Die Kunde aber von dem wunderbaren Ereignisse in Hietzing hatte sich bald im ganzen Lande verbreitet; von Nah und Fern kamen Leute, welche aus dem eigenen Munde der glücklich Geretteten hören wollten, was sich mit ihnen zugetragen hatte. Auch die Obrigkeit wollte der Sache auf den Grund kommen und stellte deshalb genaue Nachforschungen an. Die vier redlichen Männer aber blieben sich in ihrer schlichten Erzählung immer gleich, taten nichts davon und nichts dazu und bestätigten ihre Aussagen vor Gericht mit einem feierlichen Eide. (FN: Anton Zingler: Vaterländische Immortellen 1838 / Donin Ludwig: Die marianische Austria oder das durch die gnadenreiche Jungfrau verherrlichte Oesterreich. Wien 1884 / Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden zu Hietzing. Wien 1759.)

Als der damalige Prälat des Stiftes Klosterneuburg, Georg II. Hausmannstätter, einige Zeit später das 1529 niedergebrannte Kirchlein von Hietzing wieder aufbauen ließ, wurde das Gnadenbild unserer lieben Frau über dem Hochaltars aufgestellt, und der Zufluss des gläubigen Volkes wurde von Tag zu Tag größer.

Seit dieser Zeit ist also die Hietzinger Kirche als Wallfahrtskirche bekannt und berühmt. Der Ursprung der Kirche von Hietzing reicht aber noch viel weiter zurück. – Die ersten authentischen Nachrichten über das Vorhandensein einer Capelle in Hietzing, welche der seligsten Jungfrau geweiht war, stammen aus dem Jahre 1253. – In diesem Jahre fand nämlich laut einer noch vorhandenen Urkunde (FN: Abschrift des Originales findet sich im Pfarrarchive zu Hietzing. In deutscher Übersetzung findet sich die Urkunde ab gedruckt bei Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden zu Hietzing. Wien, 1759, pag. 79 ff.) zwischen dem Stifte Klosterneuburg und dem deutschen Orden ein Tauschvertrag statt, in welchem das Stift dem deutschen Orden Besitzungen zu Rockstall, Eichstorf (Ziersdorf) und Dürrenbach überließ, dagegen vom deutschen Orden einen Meierhof zu Hietzing samt zwei Weingärten und anderen Besitzungen erhielt. In dieser Urkunde wird auch die damalige Capelle und nunmehrige Kirche von Hietzing erwähnt, und zwar heißt es von ihr, dass sie dem Stifte Klosterneuburg vom Deutschen Orden für immerwährende Zeiten sei geschenkt worden.

Diese Nachricht ist die erste authentische Nachricht über das Gotteshaus von Hietzing. Wir erfahren allerdings nicht das Gründungsjahr desselben, aber das Eine geht daraus hervor, dass der Ursprung der Hietzinger Kirche uralt ist, dass dieselbe bis zum Jahre 1253 Eigentum des deutschen Ordens gewesen ist und dass sie von da an in den Besitz des Stiftes Klosterneuburg übergegangen ist.

Wenn wir nun in aller Kürze die Hauptepochen der Geschichte der Hietzinger Kirche zusammenstellen, so ergibt sich für uns Folgendes:

  • Der Ursprung der Kirche ist unbekannt.
  • Um das Jahr 1253 ist sie Eigentum des deutschen Ordens.
  • Sie ist der seligsten Jungfrau geweiht.
  • Im Jahre 1253 gelangt sie in den Besitz des Stiftes Klosterneuburg.
  • Im Jahre 1529 wird die Kirche das erste Mal von den Türken niedergebrannt.
  • Propst Georg II. Hausmannstätter baut sie wieder auf, und infolge des früher erwähnten Ereignisses von der wunderbaren Rettung der vier gefangenen Landleute wird sie als Wallfahrtskirche bekannt und viel
    besucht.
  • 1604 wird sie durch die Schaaren Stephan Boczkay's zerstört und von dem Klosterneuburger Prälaten Thomas Rueff wieder ausgebaut.
  • 1683 kommen abermals die Türken und brennen das Gotteshaus nieder. Das Gnadenbild wurde von dem Stiftsdechanten Christoph Matthäi und dem Chorherrn und damaligen Administrator von Hietzing, Wolfgang Huber, nach Wittingau in Böhmen geflüchtet. Wolfgang Huber starb daselbst am 24. September 1683.
  • 1684 wurde das Gnadenbild von Wittingau durch den Stiftsdechant Christoph Matthäi zunächst in die Stiftskirche nach Klosterneuburg gebracht, von wo es am 8. Mai 1684 durch den Chorherrn Caspar Klug und den Laienbruder Ludwig Tagmann feierlich nach Hietzing übertragen wurde. (FN: Siehe Aufzeichnungen im Pfarrarchiv zu Hietzing / Augustin
    Ristl: Wunder und Andacht von und zu dem marianischen Gnadenbild zu Hietzing. Wien 1717, pag. 28 ff. / Handschriftliche Aufzeichnungen in dem Exemplars dieses Buches der Klosterneuburger Stiftsbibliothek.)
  • 1686 wurde Christoph Matthäi Propst des Stiftes Klosterneuburg. Er wandte sich alsbald der Wiedererbauung des zerstörten Gotteshauses in Hietzing zu. Die Kirche wurde bedeutend vergrößert, das Innere
    derselben auf's reichste geschmückt.
  • 1698 wurde der heute noch bestehende Hoch altar aufgestellt, der laubumrankte Baum mit dem Gnadenbilde der seligsten Jungfrau in seinen Zweigen und den vier gefangenen Männern unter demselben.
  • 1690 wurde die Leopoldi-Capelle erbaut.
  • 1700 standen die beiden Seitenaltäre mit den Gemälden Rottmayer's von Rosenbrunn.

Jetzt kam eine glanzvolle Zeit für die Kirche von Hietzing. Die herrliche Ausstattung der Kirche hatte zur Folge, dass die Wallfahrten nach Maria-Hietzing zahlreicher wurden, als je zuvor.

Der Chorherr Augustin Ristl (FN: Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden zu Hietzing, Wien 1759, pag. 105. ff.) schreibt darüber 1759 Folgendes:

Der Gottesdienst wird ordentlich durch sechs oder sieben beständig alldort wohnenden Chorherren aus dem Stift zu Klosterneuburg verrichtet, die allezeit bereitet seyn, die Sünden deren bußfertigen Wallfärther, oder anderen Ankommenden anzuhören, und darvon vermög ihres ertheilten Gewalts los zu sprechen; über diese seyn so viel andere ehrwürdige Welt-Priester vor das gewöhnliche Allmosen Meß zu lesen bestellet, daß der Hochaltar niemalen eine merkwürdige Zeit ohne Priester zu sehen; den gantzen Sommer hiedurch wird alle Sonn- und Feyertäg das Wort Gottes von der Cantzel dem häuffig dabey erscheinenden Volck, durch die allda wohnende Chorherren vorgetragen. Alle Samstäg wird unter lauter Bettung des Rosenkrantz mit Aussetzung des hochwürdigsten Guts, um 10 Uhr die Meß gehalten, wie auch an Sonn- und Feyertägen, und Samstagen, Nachmittag, auf gleiche Art der Rosenkrantz gebettet, allezeit 2 Seegen mit dem hochwürdigsten Gut gegeben, und an letzteren Tägen gewisses Allmosen von den allerhöchsten Herrschaften auszutheilen anbefohlen. (FN: Bezieht sich auf den zu Schönbrunn residierenden allerhöchsten Hof) Der hohe Altar ist zu ewigen Zeiten täglich zur Erlösung armer im Fegfeuer leidenden Seelen privilegiert. Es werden in diesem Gotteshause jährlich gegen die 6000 Messen gelesen, und die andächtig zu dem Tisch des Herrn gehende Zahl übertrifft über 26.000.

Diese große Zahl der-Communicanten wird erklärlich, wenn wir hören, dass um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mehr denn 70 Processioncn alljährlich nach Hietzing kamen. Der bereits des Öfteren angeführte Augustin Ristl (FN: Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 139. ff.) gibt uns folgendes Verzeichnis derselben:

„An weissen Sonntag eröfnet den andächtigen Bettgang die Volckreiche Gemeinde der Wiennerischen Vorstadt St. Ulrich. (FN 1)
An dritten Sonntag nach Ostern, als am Fest der Kirch-Weihe, der Landesfürstliche Marckt Gumpoltskirchen.
An Fest der Erfindung des heiligen Kreutzes, Mauer und Kalspurg.
An sechsten Sonntag nach Ostern Brunn bey Mödling.
An Vor-Abend des heiligen Pfingst-Fest Bradelsbrunn aus Mähren.
An Pfingst-Monntag Würnitz außer Corneuburg.
An Pfingst-Dienstag die Wiennerische Vorstadt Roßau. (FN 2)
An Pfingst-Donnerstag Lanzendorf.
An heiligen Dreyfaltigkeit-Sonntaig Pittermannstorf.
An St. Veits-Tag Neudorf.
An Tag S. S. Petri und Pauli Himberg.
An ersten Sonntag des Monats July, die Wohlehrwürdige P. P. Franciscancr von Wienn. (FN 3)
An Fest Mariä Heimsuchung die hochwürdige P. P. Benedictiner zum Schotten in Wienn.
An Sonntag vor Jacobi Gunderstorf, angefangen 1757.
An Fest Mariä- Schnee Neustift bay Siffering, und die sogenannte Wolfsgraben bey Purckerstorf.
Sonntag nach dem Fest des heil. Dominici, die Wohlehrwürdrge P. P. Dominicaner in Wien.
An Fest des heil. Laurentii, die Bruderschaft deren ledigen Manns-Personen aus dem kaiserl. Profeßhaus S. J. in Wienn. (FN 4)
An Vor-Abend Mariä Himmelfahrt Judenau.
An Fest selbsten Heiligstadt und Hochau.
Unter dieser Octav die löbl. Sodalität der 4 akademischen Facultäten, welche 1758 der damalige Rector Magnificus Reverendissimus ac Perillustris Dominus Greorgius Ignatius Ruschko, Ecclesiae Metropolitanae Canonicus, mit großer Auferbauung geführet.
Sonntag nach Mariä Himmelfahrt Draißkirchen, Gundermannstorf, Trübeswinkel und St. Ulrich.
An Vor-Abend des hl. Bartholomäi das berühmte Cistercienser-Stift zum hl. Creutz.
An Fest selbsten das Burger-Spittal zu Wienn, St. Veit und Hiedeldorf.
An Sonntag nach Bartholomäi Trumau.
An Fest S. Rosaliä Laab.
An Samstag vor Mariä-Geburt Tattendorf, Stammersdorf, Kagran und Reisenberg.
An Vor-Abend Mariä Geburt das Stift zu Klosterneuburg, (FN 5) die landesfürstl. Stadt Corneuburg, Städtl Enzerstorf, Leopoldau, Gererstorf, Aspern, Wienner-Herberg und Raastorf.
An Fest selbsten Loibendorf, Guntendorf, Währing, Ottakring, Hernals, Dornbach, Sifering, Laxenburg und Fesendorf.
An nächstfolgenden Samstag Langen-Enzerstorf und Engerstorf.
Sonntag darauf, als am Fest des heiligen Namens Mariä, Purckerstorf, Azgerstorf, Laa, Simering und Bockflüß, welche letztere angefangen 1752.
An Fest S. Nicolai Tolentini, die Landesfürstliche Stadt Baden.
An Vor-Abend des heiligen Matthäi, der Marckt Wimpaßing.
An Fest selbsten, die Wohlehrwürdige P. P. Carmeliten von der Laimgruben (FN 6) und Hienerstorf.
An Fest des heil Ertz-Engels Michaelis, Moßbrunn, und der landesfürstliche Markt Mödling.
An Samstag nach armen Seelen, Groß-Höflein bei Eisenfladt, welche angefangen 1756.
An Montag nach aller Seelen, Liesing.
An Fest des heil. Martini, Gißhübel.
An Fest Mariä-Opferung, die Gemeinde von der Mauer.
Unter der Octav Mariä-Empfängniß, Dornbach, angefangen 1753.“

FN 1: Consistorialarchiv, Faszikel Hietzing, Abteilung: Wallfahrten nach Hietzing. Es sind zwei Gesuche vorhanden an die geistliche Behörde um Bewilligung zur Abhaltung dieser Wallfahrt aus dem Jahre 1758 und 1759. Die Veranstaltung der Procession ging von einer Bruderschaft aus, welche den Titel führte: „Bruderschaft Maria Trost in St. Ulrich's Pfarrkirchen“. Sie war eine alte Bruderschaft, welche, wie es in der Bittschrift vom Jahre 1759 heißt, bereits vor 56 Jahren eine Procession nach Maria-Hietzing zur Abwendung der drei Hauptstrafen als Krieg, Hunger und Pest, mit „Trompeten und Paucken“ gestiftet hatte. Der Consens zur Abhaltung wird beide Male, wie alljährlich, erteilt, jedoch mit dem Zusatze, dass die Procession ohne „Trompeten und Paucken“ statt finden solle.

FN 2: Consistorialarchiv, Faszikel Hietzing, Abteilung: Wallfahrten nach Hietzing. Es sind 6 Gesuche vorhanden an die geistliche Behörde um Bewilligung zur Abhaltung dieser Wallfahrt. Dieselben sind aus den Jahren 1755 bis 1760 inclusive. Die Veranstalter der Procession waren die Richter und die Gemeinde in der Roßau. In den gleichlautenden Gesuchen heißt es, dass die Vorstadt Roßau schon vor vielen Jahren zum Öfteren von dem Ungewitter und wilden Feuer dergestalten Schaden gelitten habe, dass ganze Stöck und Häuser in Brand gesteckt und in Aschen gelegt worden seien. Nachdem aber die Gemeinde ihre Zuflucht zu der gnadenreichen Muttergottes in Hietzing genommen, und jährlich am heiligen „Pfingst-Erchtag“ mit einer öffentlichen Procession zu diesem Gnadenort zu gehen gelobt hat, sei alles besser geworden. Deshalb bitten sie die Richter und die Gemeinde um die fernere Bewilligung zur Abhaltung der gelobten Procession, was ihnen auch jedesmal ge¬
währt wird, jedoch ebenfalls „ohne Paucken und Trompeten".

FN 3: Consistorialarchiv, Faszikel Hietzing, Abteilung: Wallfahrten nach Hietzing. Es sind zwei Gesuche an die geistliche Behörde aus den Jahren 1755 und 1756 vorhanden. Die Wallfahrt wurde von der Erzbruderschaft „von der unbefleckten
Empfängniß“, welche ihren Sitz in der Franciscanerkirche zum heiligen Hieronymus hatte alljährlich, und zwar, wie es heißt, „alt gewöhnlicher Maßen“ veranstaltet. Es war also schon lange her, seit dem diese Procession alljährlich nach Hietzing hinauszog. Der Zweck dieses Bittganges wird nicht besonders angegeben.

FN 4: Consistorialarchiv. Faszikel Hietzing, Abteilung: Wallfahrten nach Hietzing. Es sind zwei Gesuche an die geistliche Behörde um Bewilligung zur Abhaltung dieser Wallfahrt vorhanden, und zwar aus den Jahren 1759 und 1760. Die Veranstalter der Procession waren die Mitglieder der „Bruderschaft deren ledigenstands Manns-Personen, unter dem Titel Mariä Reinigung“. Die Bruderschaft hielt alle Jahre einen gewöhnlichen Bittgang von der kaiserl. Profeßhaus-Kirchen S. J. am Hof aus nach Hietzing, und zwar am Tage des heiligen Laurentius oder in der Octav dieses Festes. Der Zweck war, wie es in den beiden Gesuchen heißt, das Gebet um Abwendung der
drei Hauptstrafen. Krieg, Hunger und Pest, sowie auch das Streben nach Beförderung des allgemeinen Wohlseins und des Heiles der christgläubigen Seelen.

FN 5: Der Gebrauch, von Klosterneuburg nach Hietzing zu wallfahrten, ist sehr alt gewesen. Maximilian Fischer, der bekannte Archivar und Geschichtsschreiber Klosterneuburgs, hinterließ darüber folgende handschriftliche Aufzeichnung: „In der alten Ordinat. chori Neoburg, liest man: 1573 Vigilia nativitatis Mariae instituitur a parocho Neoburg. Canoniae per unum Conventualem processio in Hiezing ob patrocinium ejusdem templi. Ea, quae adoram a populo offeruntur, sunt ejusdem fratris. Pio viatico eidem dantur a Kammerschreiber 20 Kreuzer.“

FN 6: Consistorialarchiv, Faszikel Hietzing. Abteilung: Wallfahrten nach Hietzing. Es sind fünf Gesuche an die geistliche Behörde um Bewilligung zur Abhaltung dieser Wallfahrt vor­handen, und zwar aus den Jahren 1755, 1757, 1758, 1759 und 1760. Die Procession fand alljährlich am 21. September statt und wurde von den Mitgliedern der St. Josephs-Bruderschaft veranstaltet, welche ihren Sitz in der Carmeliterkirche zum heiligen Joseph ob der Laimgruben hatte. Der Zweck dieser
Procession wird nicht besonders angegeben, doch wird gesagt, dass die Wallfahrt schon durch viele Jahre nach Hietzing unternommen wird.

Außer diesem bei dem Chorherrn Augustin Ristl an gegebenen Verzeichnisse der üblichen Wallfahrten finden wir noch im Consistorialarchiv (Faszikel Hietzing, Abteilung: Wallfahrten.) zwei Gesuche der Christenlehr-Bruderschaft unter dem Titel der Aller­heiligsten Dreifaltigkeit und dem Schutze des heiligen Leopold zu Mariahilf aus den Jahren 1759 und 1760. Aus dem ersteren Gesuche erfahren wir, dass bis zum Jahre 1759 die Mitglieder ohne Begleitung eines Priesters alljährlich den Bittgang unternommen haben. Von diesem Jahre an aber ging immer der Christenlehr-Pater mit. Die Procession wurde einmal am 26. August, das anderemal am 29. September abgehalten, und zwar, wie es in den Gesuchen heißt, zur Abwendung der drei Hauptstrafen, dann zu dem Zwecke, damit Gott die kaiserlichen und königlichen Waffen mit Segen und Glück erfüllen möge.

II.

Hietzing war also, wie wir aus dem hier Angeführten ersehen, ein bedeutender und viel besuchter Wallfahrtsort geworden.

Die Kirche reichte mit der Zeit nicht mehr aus, um die Zahl der Gläubigen zu fassen, und deshalb sah sich der damalige Propst von Klosterneuburg, Ernest Perger, gezwungen, im Jahre 1733 an der Nordseite der Kirche die heute noch bestehende und gegen den Kirchenplatz hin offene Capelle des heiligen Johannes von Nepomuk zu erbauen, damit die unter freiem Himmel stehenden Wallfahrer dem heiligen Messopfer beiwohnen könnten. (Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden pag. 105, Pfarrgedenkbuch von Hietzing pag. 42.)

Aber nicht nur beim Volke erfreute sich die Kirche von Hietzing großer Beliebtheit. Die Gedenkbücher der Kirche wissen auch viel von der Frömmigkeit und Andacht zu erzählen, mit der die Mitglieder des allerhöchsten Kaiserhauses zu allen Zeiten der Kirche von Hietzing zugetan waren.

Die älteste Nachricht hierüber stammt aus dem Jahre 1340. In diesem Jahre (21. Dezember 1340) stiftete die Herzogin Johanna, die Gemahlin Albrecht's des Weisen mit Wissen und Willen ihres Gatten zu Hietzing auf dem demaligen St. Brigitta-Altare eine ewige Messe für ihr und ihrer Vorfahren Seelenheil! (FN: Die Urkunde findet sich abgedruckt bei Maximilian Fischer: Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg. Zweiter Band, Urkunde CLXII.)

Dieselbe Fürstin kam oft nach Hietzing. Ihre Ehe war fünfzehn Jahre lang kinderlos geblieben, und sie betete hier um die Erlangung leiblicher Erben, die ihr auch zuteil wurden, indem sie später Mutter von vier Söhnen und zwei Töchtern wurde. (Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 114.)

Die Gedenkbücher der Kirche berichten auch von Wallfahrten, welche Kaiser Ferdinand II. und Kaiser Ferdinand III. nach Hietzing unternahmen. (FN: Augustissimae Domus Austriacae in sanctissimam Virginem Mariam, quae in Hietzing colitur, Augusta Pietas, Viennae 1752 / Augustin Ristl: Wunder und Andacht von und
zu dem Marianischen Gnadenbilde zu Hietzing, pag. 35.)

Ein Gleiches wird auch von der Kaiserin Maria Eleonore Gonzaga, der Gemahlin Kaiser Ferdinands III. berichtet. Sie wohnte seit 1657 in dem damals noch ziemlich bescheidenen Schlosse Schönbrunn, das ihr nach dem Tode ihres kaiserlichen Gemahls als Witwensitz an­gewiesen worden war. Von da aus besuchte sie besonders wählend der heiligen Fastenzeit die Kirche von Hietzing, wo auf ihre Anordnung in ihrer Gegenwart allezeit die lauretanische Litanei abgesungen wurde. Sie opferte der
Kirche auch viele wertvolle Geschenke, worunter besonders zwei goldene Kronen für das Gnadenbild erwähnt werden. (Augustin Ristl: Wunder und Andacht von und zu dem Marianischen Gnadenbilde zu Hietzing, pag. 35.)

Kaiserin Maria Eleonora starb am 6. December 1686. Das erhebende Beispiel der frommen Kaiserin blieb auch bei ihren beiden Töchtern Eleonora Maria und Maria
Anna von nachhaltigem Einflusse. Beide waren Zeit ihres Lebens eifrige Verehrerinnen der seligsten Jungfrau Maria von Hietzing. Papst Clemens der IX., dem die große Frömmigkeit der Kaiserin und ihrer durchlauchtigsten Töchter nicht unbekannt geblieben war, erteilte im Jahre 1667 der Kaiserin einen eigenen Ablassbrief, der in deutscher Übersetzung bei Augustin Ristl (Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden pag. 107. Die Originalurkunde ist nicht mehr vorhanden.) abgedruckt ist und folgenden Inhalt hat:

Clemens P. P. IX.
„Heil und apostolischen Segen Unserer in Christo geliebtesten Tochter.
Es verdienen Deiner Majestät ausnehmende Frommheit gegen Gott: auch Deine Treu und Ergebenheit gegen Uns, und diesen Heiligen Stuhl, dass Wir in jenem, was
zu Deinem geistlichen Trost, zu Deiner Seelen Heil, und zu anderer christgläubigen jener Landschaft Beförderung der Andacht gereichet, Deiner Majestät gott-gefälligen Ver­langen gern willfahren: dieweil dann, wie Du Uns neulich bekannt gemachet, Du samt denen zweyen in Christo geliebtesten Töchtern gebohrnen Ertz-Herzoginnen eine andächtige Wallfahrt von der Stadt Wienn zu der Kirchen der Aller­seligsten Jungfrauen Mariä des Orts Hietzing, vier welsche Meilen von besagter Stadt Wienn entlegen, durch ver­schiedene Capellen, in welchen verschiedene Geheimnussen dieser glorwürdigsten Jungfrauen entworfen seynd, in Geleitschaft Deiner Hofstatt sehr oft zu verrichten pflegest, auch die Christglaubige selbiger Gegend, von Deinem Beispiel aufgemuntert, dergleichen Wallfahrt in großer Menge sehr oft verrichten. Dahero ist, dass Wir Deiner Majestät über diese uns demütig eingereichten Bitt ganz geneigt Dir und gedachten Ertz-Herzoginnen; wann sie mit wahrer Reu werden gebeichtet, und das allerheiligste Abendmahl empfangen haben, einmal in jeglicher Wochen, und in jeglichen Fest-Tag der Reinigung: Verkündigung: Heimsuchung: Himmelfahrt: Geburt: Opferung: und Empfängnus der Unbefleckt- und Allerseligsten Jungfrauen Mariä, Deiner Majestät aber, und gedachter Ertz-Herzoginnen Hofstaat beydes Geschlechts, wann sie ebenmäßig mit wahrer Reu werden gebeichtet, und das allerheiligste Abendmahl empfangen haben; dreymal im Jahr und an allen und jeden vorgemeldten Fest-Tagen. Denen übrigen christgläubigen aber beydes Geschlechts gleichermaßen; sofern sie mit wahrer Reu werden gebeichtet, und das allerheiligste Altars-Sakrament empfangen haben, zweymal im Jahr, und an allen mehr besagten Fest-Tägen, wann Ihr, und sie eine solche Wallfahrt werdet verrichten, und in benannter Kirchen, und Stationen, oder Capellen um Einigkeit deren christlichen Fürsten; Vertilgung der Ketzereyen, und Aufnahm der h. Mutter unserer Kirchen, ein andächtiges Gebett ausgegossen, und auf vorbesagte Weis verrichtet haben: aller Euerer, und ihrer Sünden vollkommenen Ablaß und Verzeihung barmherziglich in dem Herrn verleihen. Und diesen solle nichts widerstehen.
Geben zu Rom bey unserer Frauen der größeren unter dem Fischer-Ring, den 9. Tag Herbstmonats 1667 in ersten Jahr Unseres Papstthums.“
J. G. Slusius.

III.

Als ein besonderer Verehrer der Kirche von Hietzing muss hier an dieser Stelle auch Kaiser Leopold I. (1657 bis 1705) genannt werden.

Er kam oft und gerne in die Kirche von Hietzing und unternahm eine eigene Wallfahrt zu Fuß hieher, als er im Begriffe stand nach Frankfurt zu reisen, um dort des römisch-deutschen Reiches Krone und Scepter zu empfangen. (Augustin Ristl; Maria voll der Gnaden zu Hietzing. S. 115.)

Kaiser Leopold I. war dreimal verheiratet. Über jede der drei Gemahlinnen sind uns Aufzeichnungen erhalten, aus denen wir ersehen können, wie groß ihre Liebe und Verehrung für die Gnadenkirche in Hietzing gewesen ist.

In den pfarrlichen Aufzeichnungen („Beyträge zur Pfarrgeschichte von Hietzing“ im Pfarr-Archiv daselbst.) lesen wir:

„Anno 1659 hat die Kaiserin Margarethe Theresia, die Tochter Philipp IV. von Spannien und erste Gemahlin Leopold's I., zu Hietzing communiciert.“

„Den 3. Juli war die Kaiserin abermals da, am 22. Juli kam dieselbe um 11 Uhr Nachts dahin.“

„Anno 1660, den 10. Jänner, hat die Kaiserin wieder in Hietzing communiciert und dort eine silberne Almpel geopfert.“

„Am 13. November ist die Kaiserin abermals hier gewesen. Sie starb den 12. März 1673, 22 Jahre alt.“

Die zweite Gemahlin Leopold's war Claudia von Tirol. Von ihr verwahrt die Schatzkammer in Hietzing noch heute ein kostbares Andenken. Als sie nämlich am 9. April 1676 nach einem überaus christlichen Leben das Zeitliche segnete, schenkte Kaiser Leopold der Kirche von Hietzing sein eigenes kostbar gesticktes Hochzeitskleid so wie auch die beiden Trauringe, welche er seinerzeit bei der Hochzeit mit seiner geliebten Gattin gewechselt hatte.

Jeder dieser zwei Ringe ist mit einem großen, in Form eines Herzens geschnittenen Diamanten geschmückt. Die von der Hand des Kaisers auf Pergament geschriebene
Widmung aber lautet: (Schatzkammer der Kirche zu Hietzing.)

Corda
Leopoldi Caesaris et Claudiae Felicia
Conjugum
his arrhis sponsalitiis
expressa
sacratissimis
beatissimae semperque immaculatae
Virginis Mariae
Pedibus
in Hietzing demisissime
substernuntur
IX. Aprilis
anno
qVo CLaVDIa IMperatrIX
ple obIIt.

Die dritte Gemahlin Leopold's war Eleonora Mag­dalena Theresia, eine geborene Prinzessin von Pfalz-Neuburg, die Mutter der nachmaligen Kaiser Joseph I. und Carl VI.

Über ihren Charakter ist in J. B. Weiß' Welt­geschichte, zehnter Band, pag. 729, folgende Schilderung enthalten: „Die Kaiserin übertraf Alle an frommem, der Welt abgewandtem Sinne, und gefiel sich in der Ver­leugnung jeglicher irdischer Größe. Ihre Freude war, Kranke und Gefangene zu besuchen, und Schmuck für die Kirchen zu verfertigen. Die Härte ihrer Büßungen wurde erst nach ihrem Tode bekannt.“

Diese Schilderung finden wir auch in den Auf­zeichnungen der Hietzinger Denkwürdigkeiten bestätigt. Augustin Ristl, der schon des Öfteren angeführte Administrator von Hietzing, schreibt Folgendes über diese fromme Kaiserin: (FN: Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden zu Hietzing, pag. 123. Diese Aufzeichnungen sind im wenige Jahre nach dem Tode der Kaiserin Eleonore Magdalena erfolgt, daher sehr wertvoll.):

Von ihr bezeugen Viele, so noch leben, dass sie die jungfräuliche Mutter Gottes zu Hietzing öfters durch das Jahr, und zwar also besuchet: daß sie in einer Kleider­tracht, die mehrer ein Anzeigen freiwilliger Armuth, als hoher Kaisers-Würde, mit bloßen Füßen, dann sie ihren Schuhen die Sohlen ausgeschnitten, bey aufgehender Sonne mit ihren Ertz-Herzoglichen Töchtern, und übrigen Hof-Gefolg die Wallfahrt bis zum Gotteshaus verrichtet; allwo sie mit Anhörung einer und der anderten heil. Messe
nicht ersättiget, sondern allezeit der Dritten bey ge­wohnet. Darnach ein reiches Almosen mit eigener Hand unter eine zahlreiche Bettler-Schaar, so ihr überall gleich einer Leib-Wacht an der Seiten, ausgetheilet.“

Seit 1712 lebte zu Schönbrunn die Witwe Kaiser Joseph's I., Wilhelmine Amalia.

Ristl berichtet weiter (Maria voll der Gnaden. pag. 123.): „So oft Eleonora in selbigen Tagen zum Gast-Mahl eingeladen gewesen, hat sie allezeit vorhin das Marianische Gnaden-Bildnus verehret, und davor dem zweyten göttlichen Meß-Opfer an­dächtigst beygewohnet. Nach genossenen Mittagmahl, da die ihrige, und Josephinische Ertz-Herzogliche Princessinen mit denen Hof-Damen entweder in dem Garten mit Spazierengehen, oder mit einem Spiel sich ergötzeten, hat sich unser fromme Kaiserin Eleonora schier gantz allein nach Hietzing begeben und daselbst in Mitte eines Hauffen Bettler den Marianischen Rosenkranz und Lauretanische Litaney wechselweis mit denen Bettlern vor dem aus­gesetzten Altars-Sacramente gebetet. Sodann sie sich mehrmals eine Mutter der Armen, gleich einer heiligen Hessen-Ungarischen Elisabeth mit eigener Hand aus dem Säckel erwiesen.“

Am Wege von Schönbrunn nach Hietzing standen ehemals längst der Gartenmauer kleine capellenartige Häuschen mit sehr schönen Gemälden zur Erinnerung an den Leidensweg Christi. (Später wird im Verlaufe dieser Arbeit noch ausführ­licher darüber die Rede sein.) Diesen Weg wandelte oftmals die fromme Kaiserin, um dann zum Schlusse in der Kirche von Hietzing dem heiligen Messopfer beizuwohnen.

IV.

Dieselbe Liebe zum Hietzinger Gotteshause beseelte auch den Kaiser Joseph I. und seine Gemahlin Wilhelmine Amalia. Schon als Erzherzog, dann als ungarischer und römischer König, endlich als römischer Kaiser kam Joseph I. nach Hietzing. Bald war er Früh bei der heiligen Messe, bald Abends bei der lauretanischen Litanei, oft auch kam er ganz unangesagt aus dem nahen Schönbrunn und verweilte lange Zeit in der Kirche. (Ristl; Maria voll der Gnaden, pag. 117.) Nicht minder war die Liebe seiner durchlauchtigsten Gemahlin zu diesem Gotteshause. Sie hat der Kirche zu Hietzing viel gespendet an Messkleidern, Kelchtüchern, Altarpolstern, Antependien ec. Desgleichen taten auch ihre erzherzoglichen Töchter viel für die Kirche in Hietzing. (FN: Im alten Pfarrgedenkbuch von Hietzing lesen wir auf Seite 3 im Schatzinventarium von 1767: „Ein rothsammtenes Frauenkleid sammt zwei Vorhängen aber ohne Kranz. Das Frau- und Kindlkeid ist unten und in der Mitten gestickt.... oblatum a Maria Josepha primogenita Josephi I. Caesaris. Ferner: Ein weisses von Drap d’argent mit goldenen Borten, mit Gold gestickt, ohne Vorhänge und Kranz, oblatum a Maria Amalia Filia Josephi I. Caesaris.) Der Kaiser selbst spendete viele kostbare Gerätschaften, worunter besonders ein achtarmiger Kronleuchter, ein Crucifix, große Altarleuchter und eine silberne, reich mit Edelsteinen besetzte Monstranz erwähnt werden. (Ristl: Maria voll der Gnaden. pag. 118.)

Einer der denkwürdigsten Tage für Hietzing dürfte aber unstreitig der 23. April des Jahres 1708 bleiben. An diesem Tage fand nämlich die Vermählung der Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel mit! König Carl III. von Spanien durch Procuration statt, wobei Kaiser Joseph I. in eigener Person als Mandatar des zur Zeit in Spanien weilenden Bruders fungierte.

Das Lustschloss Schönbrunn war zum Orte der Zusammenkunft für den allerhöchsten Hof, die Kirche zu Maria-Hietzing aber zur Begehung der kirchlichen Feier bestimmt worden. (FN: Pfarrbuch von Hietzing pag. 44 / Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden pag. 119 und 129 / „Wiener Fremdenblatt“ vom 20. April 1890: „Ein königliches Hochzeitsfest zu Maria Hietzing.“)

Am Vormittag dieses für die Hochzeit bestimmten Tages war der Kaiser, nur von einigen Cavalieren be­gleitet, aus der Hofburg nach dem Lustschlosse gekommen, und hatte dort, wie auch in Hietzing, die für das Vermälungsfest getroffenen Vorbereitungen selbst in Augen­schein genommen, war aber sodann wieder nach Wien zurückgekehrt.

Die Auffahrt des gesamten allerhöchsten Hofes er­folgte Nachmittags in Schönbrunn. Gegen 10 Uhr Abends erschien die Kaiserin-Mutter Eleonora Magdalena, die Witwe Kaiser Leopold's, vom Lustschlosse aus in der Kirche zu Hietzing, um die regierenden Majestäten zu erwarten.

Diese nahten mit dem prächtigen Hochzeitszuge, welcher sich um 10 Uhr Abends von Schönbrunn aus nach der Kirche in Hietzing bewegte. Den Zug eröffneten einige Minister und Kämmerer in Hof-Gala-Equipagen. Diesen folgte der prächtige, mit rotem Samt ausgeschlagene, von sechs neapolitanischen Pferden ge­zogene Brautwagen.

Kaiser Joseph saß zur rechten Hand, an seiner Seite die Kaiserin; den Majestäten gegenüber saß die königliche Braut. In einem anderen Wagen hatten die beiden Erzherzoginnen Maria Josepha und Maria Amalia mit der Gräfin Breuner Platz genommen; ihnen folgten die Wagen mit der Begleitung der allerhöchsten Herrschaften. Den Beschluss dieses imposanten Cortége machte die kaiserliche Hatschier-Garde zu Pferde, in schwarz-gelber Uniform, die Hüte goldverbrämt und mit weißen Feder geziert.

Zur heiligen Handlung trat nun zuerst der an­wesende hohe Adel in die Kirche, dann Prinz Carl von Lothringen, Bischof zu Osnabrück und Olmütz, Großprior von Castilien, bestimmt, die neuvermählte Königin bis Mailand zu begleiten; darauf die Erzherzoginnen: Maria Josepha, die spätere ... Königin in Polen und Kur­fürstin von Sachsen, Maria Elisabeth, die nachmalige General-Gubernantin der kaiserlich-österreichischen Nieder­landen, Maria Amalia, nachmals regierende Kurfürstin in Bayern, Maria Anna, später regierende Königin in Portugal und Maria Magdalena, die Tochter Kaiser Leopold's I.

Ihnen folgten Kaiser Joseph, dessen Gemahlin Kaiserin Amalie und die Kaiserin-Mutter Eleonore. Die beiden hohen Frauen führten die Braut, welche mit dem Kaiser zum Hochaltar trat.

Elisabeth Christine, die königliche Braut, Tochter des Herzogs Ludwig Rudolph von Braunschwerg-Wolfenbüttel, zählte damals erst 17 Jahre. Sie trug eine kost­bare Robe von Silberbrokat und Juwelen von unschätz­barem Werte. Ihre dichten, seidenweichen Haare waren von der prachtvollsten blonden Farbe, ihre Züge von der seltensten Regelmäßigkeit, ihre Augen blau und voll des gewinnensten Zaubers, die Stirne hoch und frei, die Nase leicht gebogen, insbesondere aber der Mund von hinreißender Lieblichkeit. Ihre Haut war auffallend weiß, die ganze Gestalt aber von vollendeter Formenschönheit.

Der Cardinal-Herzog von Sachsen Zeitz, Erzbischof von Gran, Primas von Ungarn, vollzog die Trauung, wobei ihm die Bischöfe von Agram und Zengg, der Probst von Klosterneuburg, der Schottenabt, ein Canonicus von St. Stephan und die Hofcapläne assistierten. Nach der Beglückwünschung der nunmehr vermalten Königin von Spanien seitens des Kaisers und des ganzen Hofes begab sich Elisabeth Christine, von den höchsten Herr­schaften bis zu ihrem Wagen geleitet, nach Hadersdorf, wo sie in dem damals dem Reichshofrath von Schellern gehörenden Schlosse bis zu ihrer Abreise Aufenthalt nahm.

Am folgenden Tage opferte die Neuvermählte der Kirche zu Hietzing eine große silberne Lampe mit der Aufschrift: Ad nutum Dei, Elisabetha Christina. Nach dem Willen Gottes Königin von Spanien. (Pfarrgedenkbuch von Hietzing, pag 44.)

Am Vormittag der Abreise (25. April), als die Königin bereits im Wagen saß, kam die kaiserliche Schwiegermutter Eleonora nochmals von Wien, um der Tochter Lebewohl zu sagen. Sie nahm in deren Reise­wagen Platz und fuhr bis Mariabrunn mit ihr, wo beide Fürstinnen dem Gottesdienste beiwohnten und so­dann den zärtlichsten Abschied nahmen.

Reisen fürstlicher Personen gingen vor 180 Jahren nicht so bequem vonstatten, als dies heutzutage die Sonderzüge ermöglichen und mussten in dem speziellen Falle, wo eine junge Monarchin mit ihrem Hofstaate in ein fremdes und entlegenes Königreich reiste, einen bedeutenden Tross erfordern. So war denn schon am 28. März, um den Reisetrain etwas zu erleichtern, das schwere Gepäck unter Commando des Ingenieurhauptmannes Mathias Weiß von Wien nach Mailand abge­sendet worden. Diese Abteilung führte 5 Personen-, 20 schwere Bagagewagen, 109 Zug- und 22 Reitpferde mit. Für den königlichen Reisetrain selbst wurden später erfordert: 91 Wagen und 405 Zugpferde, außerdem gingen 31 Reitpferde mit. Der Cardinal von Lothringen und der braunschweig-wolfenbüttel'sche Gesandte, welche die Königin begleiteten, benötigten außerdem noch 10 Wagen und 48 Pferde. Die Königin benützte ihren Leibwagen, in welchem außer ihr die Obersthofmeisterin Platz nahm. Die Route ging über St. Pölten, Amstetten, Strengberg, Enns, Wels, Lambach, Haag, Ried, Braunau, Altötting, Wasserburg, Rosenheim, Kufstein, Innsbruck, Sterzing, Brixen, Bozen nach Trient. Die Nachtquartiere wurden entweder in den landesfürstlichen Schlössern, oder in den eigens mit dem notwendigen Comfort ausge­statteten Zimmern der großen Poststationen genommen.

In allen Städten und Ortschaften, welche die Königin be­rührte, wurde sie mit unbeschreiblicher Begeisterung empfangen. Ihre Reise glich einem Triumphzuge; doch wurden die Ovationen nicht nur der hohen Stellung, sondern auch der Jugend und bezaubernden Anmut der Fürstin dar­gebracht. Am 21. Mai, also nach fast vierwöchentlicher Reise, erfolgte die Ankunft in Trient, wo die Königin vierundzwanzigstündigen Aufenthalt nahm, umwogt von den „Evvivas“ einer begeisterten Bevölkerung. In Roveredo, wo man anderen Tags um 9 Uhr Abends anlangte und den 23. über blieb, begrüßten schon zwei venetianische Edelleute die Königin und schlossen sich ihrem Gefolge an. Auf der Route von hier nach Ala musste sich Elisabeth, der steinigen Straße wegen, zum erstenmale einer von Maultieren getragenen Sänfte bedienen. Als sie das Tiroler Gebiet verlassen und das Territorium der Republik Venedig betreten hatte, wurde die Königin vom Generalproveditore Dolfino, welcher dieselbe hier mit zahlreichem Gefolge erwartete, empfangen. Von diesem Cortége, einem dalmatinischen, einem deutschen Fuß-Regiment und zwei Compagnien Kavallerie geleitet, gelangte die Fürstin Nachts 10 Uhr auf der mit Pechfackeln erleuchteten Straße nach Dolce.

Über Desenzano, wo das Nachtquartier am 25. genommen wurde, kam man am 26. Mai in Brescia an. Don Gaston, Großherzog von Toscana, und der Herzog von Modena hatten die Königin bereits in Desenzano begrüßt. Am 27. Mai, dem Pfingstsonntag, kam auch zu gleichem Zwecke der Herzog von Parma in Brescia an. Am 11. Juni fand der officielle und glänzende Einzug der Königin von der Porta Romana aus in den Dom zu Madrid statt und am 1. August betrat Elisabeth, welche sich in Vado eingeschifft hatte, die katalanische Küste, vorläufig ihr neues Vaterland, und noch am selben Tage fand die Hochzeitsfeier in Barcelona statt.

Ebenso wie die jugendliche Fürstin sich die Liebe ihres königlichen Gemahls erworben hatte, war es ihr gelungen, die Sympathie und Verehrung der Bevölkerung zu gewinnen. „Die Königin ist hier wahrhaft angebetet“ so schrieb Graf Althan am 30. August 1711 aus Barcelona an den Prinzen Eugen, und dieser Umstand mag wesentlich dazu beigetragen haben, dass ihr Gemahl sie in Barcelona als „gobernadora general“ zurückließ, nachdem er sich zu dem schweren Schritte entschlossen, Catalonien zu verlassen.

Der plötzliche und unerwartete Tod Kaiser Joseph's erforderte nämlich dringend die Rückkehr König Carl's nach Deutschland. Am 27. September 1711 reiste er von Barcelona ab. Mit tiefem Schmerze, aber mit stiller Ergebenheit fügte sich Elisabeth Christine in diese Trennung. „Mein Körper bleibt hier,“ schrieb sie an ihren Vater, „meine Gedanken aber nicht, und diese Scheidung fällt mir ungemein schwer." (Wiener „Fremdenblatt“ vom 20. April 1890: „Ein königliches Hochzeitsfest zu Maria-Hietzing.)

Am 12. October landete Carl in Vado; am selben Tage wurde er zu Frankfurt zum Kaiser gewählt und am 22. December 1711 wurde er daselbst als Carl VI. zum deutschen Kaiser gekrönt.

Im Jahre 1713, nach dem Utrechter Frieden, verließ Elisabeth Christine Catalonien und begab sich in ihre nunmehrige kaiserliche Residenz nach Wien, wo sie am 13. Mai 1717 ihrer Tochter Maria Theresia das Leben gab.

Das Gotteshaus zu Maria-Hietzing, in welchem die Vermählung der erhabenen Mutter stattgefunden, wurde dann, als die dreiundzwanzigjährige Erzherzogin Maria Theresia im Jahre 1740, nach Kaiser Carl's VI. Tode, den Thron bestieg, auch deren gewöhnlicher und liebster Andachtsort.

Doch bevor wir ausführlicher über die Geschichte der Hietzinger Kirche unter dieser großen Kaiserin zu sprechen beginnen, müssen wir noch Einiges von Carl VI. und seinen Beziehungen zu dem Gotteshause in Hietzing erwähnen.

Carl VI. war der Kirche von Hietzing Zeit seines Lebens von ganzem Herzen zugetan. Schon als Erzherzog besuchte er die Kirche sehr oft allein oder in Begleitung seiner frommen, gottesfürchtigen Eltern. Auch der achtjährige Aufenthalt in Spanien konnte die Anhänglichkeit zu diesem Lieblingsorte seiner Jugend nicht verwischen. Als er nach der erfolgten Kaiserwahl und Krönung zu Frankfurt, am 26. Jänner 1712 nach achtjähriger Abwesenheit wieder in Wien seinen Einzug hielt, verabsäumte er es nicht, gleich wenige Tage darauf, auch der Gnadenkirche in Hietzing einen Besuch abzustatten. Es war am 30. Jänner 1712, an einem Samstag, als der Kaiser nach achtjähriger Abwesenheit von Wien, wieder das erstemal das Gottesaus zu Hietzing betrat, (Ristl: Maria voll der Gnaden in Hietzing. pag. 118.)

Das stille, freundliche Kirchlein mochte ihm damals doppelt lieb und wert gewesen sein infolge der Erinne­rungen, die es in ihm an seine Jugend und vor allem Anderen an seine noch immer in Spanien weilende Gemahlin erweckte.

Der Kaiser kam auch fortab immer nach Hietzing, meist an den Samstagen des Jahres, und weder Regen, noch Kälte oder Schnee waren imstande, ihn von seinem Besuche der Hietzinger Gnadenkirche abzuhalten. (Ristl: Ebenda pag. 120.)

Der Kaiser pflegte auch alljährlich der Kirche von Hietzing die sogenannte „Lichtmesskerze“ zu übersenden. Es war dies die Kerze", die er bei der Procession am Mariä-Lichtmesstage (2. Februar) eigenhändig zu tragen pflegte.

1713 war die Pest in Österreich ausgebrochen. Alle Kirchen wurden gesperrt, nur die Kirche von Hietzing blieb dem Besuche der Gläubigen zugäng­lich. Es kamen viele Tausende von Menschen aus Wien und den Vorstädten hieher, aber weder in der Kirche noch in deren Umgebung starb irgend Jemand. Nichtsdestoweniger wurde aber doch die Kirche am 22. October 1713 durch die dazu bestellten Sperrcommissarien abgesperrt und blieb geschlossen bis zum Februar 1714.

Ist diesem Monate übersandte der Kaiser die schon früher erwähnte „Mariä-Lichtmess-Kerze“, und da er hörte, daß die Kirche gesperrt worden sei, befahl er auf die Bitte der daselbst befindlichen Chorherren, die Kirche wieder zu öffnen. Er selbst verrichtete persönlich am nächsten Tage seine Andacht in dieser Kirche und gestattete, dass sie fortab wieder für den Besuch der Gläubigen offen gehalten werden durfte. (Ristl: Maria voll der Gnaden in Hietzing, pag. 165) Die Kirche von Hietzing sah den Kaiser bis zu seinem 1740 erfolgten Tode noch oft unter der Zahl ihrer Besucher. Seine Liebe und Verehrung für die Hietzinger Kirche dauerte bis an das Ende seines Lebens. Ja, diese Liebe über lebte ihn, indem sie mit vielen anderen herrlichen Eigenschaften auf seine große Tochter, die unvergleichliche Kaiserin Maria Theresia überging.

V.

Maria Theresia liebte die Kirche von Hietzing in ganz außerordentlichem Maße.

Augustin Ristl, der damalige Administrator des Hietzinger Gotteshauses, schreibt in seinen Denkwürdigkeiten: „Aller Welt ist bekannt, was Vertrauen Maria Theresia auf Mariam setzet. Nicht nur öffentlich vielmalen, mehrmalen aber ohne einiger Hofstatt in Geheim wird unser Marianisches Gnadenbild-Bild von ihr besuchet.“ (Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden zu Hietzing, pag. 128.)

1740 ließ die Kaiserin an der Epistelseite des Hochaltares zu ebener Erde ein eigenes Oratorium anlegen, um daselbst dem heiligen Messopfer in unmittelbarster Nähe beiwohnen und auch ungesehen vom Volke ihrer Andacht obliegen zu können. (Pfarr-Gedenkbuch von Hietzing, pag. 44.) Noch heute ist dieses Oratorium erhalten. Hier kniete die große Kaiserin oft stundenlang in frommer Andacht versunken, als sie gleich zu Anfang ihrer Regierung mit so vielen feindlichen Fürsten um ihr väterliches Erbteil kämpfen musste, hier kniete sie auch später im Leben immer, so oft Kummer oder Traurigkeit ihre Seele bedrückten.

In eben demselben Oratorium kniete 16 Jahre nach dem Tode der großen Kaiserin Sonntag für Sonntag auch ihre gleichnamige Enkelin, die unglückliche Tochter Ludwig's XVI. von Frankreich und spätere Her­zogin von Angouleme. (Pfarr-Gedenkbuch von Hietzing, pag. 45.) Sie war am 9. Jänner 1796 nach Wien gekommen, nachdem sie drei Jahre, fünf Monate und fünf Tage in dem berüchtigten Gefängnisse des Temple zu Paris ver­bracht hatte.

Trotz der vielen Leiden ihrer Gefangenschaft war sie von bezaubernder Anmut, die durch die Erinnerung an ihr Schicksal nur noch gesteigert wurde. Ihre Augen waren voll Feuer, ihr Teint hatte zwar die Blässe der Gefangenen, ihr blondes Haar aber wallte in schönen Lochen über ihre Schultern. (Joh. Bapt. Weiß: Weltgeschichte, 19. Band, pag. 222.)

Sonntag für Sonntag saß sie da während der Predigt und des Gottesdienstes, und während sie in den Gebetbüchern, ihrer guten Tante, der heiligmäßigen Madame Elisabeth blätterte, mochte sie an all ihre lieben Angehörigen gedacht haben, welche nach so viel ausgestandenem Jammer jetzt in Frankreichs kühler Erde ruhten.

Doch kehren wir wieder zurück zur Geschichte Hietzings unter der Regierung Kaiserin Maria Theresia's. Alljährlich, wenn die schönere Jahreszeit kam, über­siedelte der allerhöchste Hof nach Schönbrunn. Dieses Lustschloss wurde einer der liebsten Aufenthaltsorte der Kaiserin und sie war bestrebt, auf alle mögliche Weise zur Verschönerung desselben beizutragen.

1741 wurde die große Kastanienallee, welche von Schönbrunn nach Laxenburg führt, angelegt, um diese beiden Orte miteinander zu verbinden. (Adolph Schmidt: Wiens Umgebungen auf 20 Stunden im Umkreise. 3. Band. pag. 27.)

1743, am 19. September, machte man den Anfang damit, von der Burg bis nach Schönbrunn längs des Weges Laternen aufzuhellen. (Moriz Bermann: Maria Theresia und Kaiser Joseph II., pag. 538.)

1744 begann der Baumeister Hieronymus v. Valmagini nach Pacassi's Plane den Umbau des Schlosses. Das Hauptgebäude, das bis dahin nur einstöckig war, wurde um ein Stockwerk erhöht, die beiden prächtigen Doppeltreppen vorn und rückwärts außen am Hauptgebäude angelegt, die Nebengebäude wurden aus­gebaut und vollendet, und das Ganze erhielt seine jetzige Gestalt.

Sechs Jahre währte der Bau. Da ferner der nahe am Schlosse vorbeifließende Wienfluß, durch Regenbäche angeschwellt, öfters aus seinen Ufern trat und die Gegend von Schönbrunn unter Wasser setzte, ließ die Kaiserin das Wienbett regulieren und dem Schlosse gegenüber eine hölzerne Brücke bauen, welche später durch die heute noch bestehende Schönbrunner Hofbrücke ersetzt wurde. (Moriz Bermann: Maria Theresia und Kaiser Joseph II. pag. 539.)

Schönbrunn stand nun vollendet da, und war fortab einer der liebsten Aufenthaltsorte der großen Kaiserin. Ihre Wohnzimmer waren für gewöhnlich im ersten Stock, nur im Hochsommer wohnte und speiste die Kaiserin gewöhnlich zu ebener Erde, rechts gegen die Orangerie zu. Oftmals las und schrieb sie im Freien unter einer Laube auf einem Tische, der ganz mit Akten und Briefen über­deckt war. Hier verlebte die Kaiserin die süßesten Stunden ihres Lebens, namentlich als nach den auf­regenden Jahren des Krieges Ruhe und Frieden in das Land gekommen waren und die Kaiserin an der Seite ihres Gemahls nunmehr auch als glückliche Frau und Mutter ihrer Familie leben konnte.

Viele mochten mit Rührung im Herzen auf sie ge­sehen haben, wenn sie Sonntags zur Kirche ging, neben ihr der Kaiser mit seinem heiteren Gesichte, dann die Erzherzoge und Erzherzoginnen, jugendliche Gestalten mit hellen Augen, und rückwärts das Gefolge von Hof­damen und Herren. Maria Theresia besuchte nämlich immer, wenn sie nicht in der Stadt durch religiöse Funk­tionen in Anspruch genommen war, die Gnadenkirche zu Hietzing, und „es werden wenig Täge in den Sommer, und solang selbige in ihren Lustschloss Schönbrunn sich aufhaltet, gezehlet – schreibt Augustin Ristl – in welcher sich nicht andächtigst die allerhöchsten Herr­schaften allhier einfinden, viel Täg erscheinen selbige auch öfters denn einmal mit größter Auferbauung.“ (Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 128.)

Die Kaiserin erlies auch bestimmte Anordnungen in Bezug auf die Abhaltung des Gottesdienstes in der Hietzinger Kirche. So verlangte sie beispielsweise, dass jederzeit im Sommer, wenn keine Processionspredigt stattfindet, am Sonn- und Feiertagen um halb 10 Uhr eine Predigt und nach derselben eine Segenmesse sollte abgehalten werden, unter welcher deutscher Gesang mit Orgelbegleitung zu singen sei. (Altes Pfarrgedenkbuch der Pfarre Hietzing aus dem Jahre 1766.) Die Kaiserin wollte eben jeden Sonn- und Feiertag der Predigt und dem Gottes­dienste ungestört anwohnen können, deshalb erließ sie diese Verordnung.

Aber nicht nur die Kaiserin besuchte die Gnaden­kirche von Hietzing oft und gerne, auch ihr kaiserlicher Gemahl liebte diesen Gnadenort gar sehr, und war schon von früher Jugend an ein eifriger Besucher desselben. Franz Stephan von Lothringen, der spätere kaiser­liche Gemahl Maria Theresia's, wurde bekanntlich in seiner Jugend am Wiener Hofe unter den Augen Kaiser Carl's VI. erzogen. Schon damals, als er am Hofe zu Wien lebte, kam er öfters nach Hietzing, um die Kirche zu besuchen. Er empfing in derselben auch öfters die heiligen Sakramente der Buße und des Altares. (Augustin Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 129.)

Aber auch später vergaß er nicht, der Kirche von Hietzing einen Besuch zu machen, so oft sich dazu eine Gelegenheit darbot. So erschien er beispielsweise am 19. Jänner 1736, als er seinem aus Lothringen ankommenden Bruder Carl nach Purkersdorf entgegenfuhr. Air jenem Tage herrschte eine grimmige Kälte, Schnee und Eis bedeckten die Wege, aber nichtsdestoweniger hielt er doch auf der Rückfahrt nach Wien hier an, und beide Brüder begaben sich in das Gotteshaus, woselbst das hochwürdigste Gut ausgesetzt und die lauretanische Litanei in ihrer Gegenwart ab­ gesungen wurde. (Ebenda.)

Das nächstemal erschien Franz Stephan am 18. Februar 1736 in Hietzing. Es war ein bedeutsamer Tag für ihn, er erschien nämlich das erstemal als Gemahl an der Seite Maria Theresia's, mit der er Sonntags vorher in der Augustinerkirche zu Wien seine Vermählung gefeiert hatte. Unter außerordentlicher Prachtentfaltung vonseiten des allerhöchsten Hofes hatte der damalige Nuntius Dominik Passionei als Vertreter des Papstes den Ehe­bund eingesegnet. – Sechs Tage darauf unternahm das neuvermählte Paar seinen ersten gemeinsamen Ausgang, und dieser Ausgang bestand in einer Wallfahrt nach Maria-Hietzing.

Demütig kniete Maria Theresia an der Seite ihres Gemahls, und während der Priester am Altare das heilige Messopfer Gott darbrachte, empfahl sie dem Herrn und seiner gebenedeiten Mutter Maria das Los ihres zukünftigen Lebens. (Ristl: Maria voll der Gnaden pag. 130.)

Die Kirche von Hietzing bewahrte in ihrem ehemaligen Kirchenschatze manch kostbares Andenken an die große Kaiserin, die nicht müde wurde, bei jeder Gelegenheit ihr frommes Wohlwollen diesem Gnadenorte gegenüber zu betätigen.

Als sie Mutter ihres Sohnes Carl wurde, ließ sie eine Abbildung desselben in Gold, fünf Mark schwer, nach Hietzing zum Opfer bringen, worauf die Worte standen: Carolus, Josephus, Emanuel, Johannes, Antonius, Procopius, Amadeus, I. F. E. B. 1745. (Pfarrgedenkbuch von Hietzing pag. 44.)

Bei der Geburt ihres Sohnes Leopold gab sie der Kirche eine herrlich gefasste Reliquie des heiligen Leopold aus der kaiserlichen Schatzkammer mit folgender Widmung:

Dum Leopoldum filium Virgini Deiparae in acceptis referret,
D. Leopoldi Reliquias eidem dicavit augustissima mater Maria Theresia
R. I. H. B. R. A. A. MDCCXLVIII.
(Ebenda. Im Schatzinventar des alten Pfarrgedenkbuches vom Jahre 1767, pag. 9, steht: Particula Sti. Leopoldi verqoldt in silberner Fassung, verehret von Ihro Majestät Maria Theresia.)

Auch mehrere im Kriege erbeutete feindliche Fahnen schenkte die Kaiserin der Kirche von Hietzing. Eine derselben stammte aus dem Jahre 1738 und war unter dem Commando Franz Stephan's den Türken genommen worden. Zwei andere stammten aus den Kämpfen mit Friedrich II. von Preußen. Alle drei Fahnen waren in der Nähe des Hochaltares angebracht. (Ristl: Maria voll der Gnaden pag. 133.)

VI.

Noch ein anderes Erinnerungszeichen bewahrt die Kirche von Hietzing an die große Kaiserin Maria Theresia. Es sind dies die heute noch bestehenden Kreuzwegbilder
im Innern der Kirche.

1667 stiftete ein gewisser Clement Edler v. Radolt, kaiserlicher Rath und Hofkammerdirector, zu Ehren Gottes und seiner allerheiligsten Mutter und Jungfrau Maria in Hietzing einen Kreuzweg. Die capellenartigen Stationen desselben waren an der Außenseite der alten Schlossmauer, welche sich längs des Weges von Schönbrunn nach Hietzing erstreckte, angebracht und enthielten bild­liche Darstellungen der Leidensgeschichte Christi.

Radolt, der den Kreuzweg für immerwährende Zeiten erhalten wissen wollte, übertrug mit Zustimmung des kaiserlichen Hofkammeramtes die Obsorge für die Erhaltung desselben dem kaiserlichen Hofbauamte, damit dasselbe „ein wachtsambes Auge auf die erbauthen Stationes halten wolle, und wo etwa ein- oder ander durch Ungewitter, oder in anderweg mangelhaftig werden möchte, solchem bey Zeiten remedirt und vor mehrerem Schaden verhütet werde“. (Abschrift der Stiftungsurkunde im Pfarrarchiv Hietzing. Die Urkunde ist datiert vom 2. November 1667.) Außerdem verlangte er, dass „allzeit längstens ein paar Tag nach aller Heiligen die Stationes mit ihren schon dazu gerichten Holtzwerkh sauber verschlossen und alsdann im Frühling, gleich nach dem Palm-Sonntag, oder auch ehender, wann es die Witterung erleidet, aufgethan, und das Holtzwerkh an sein dazu ausgezeichnetes Orth gebracht, und für die anderen Jahr fleißig aufgehalten werde“. (Ebenda)

Als Entgelt für die etwaigen erforderlichen Aus­besserungen und Auslagen testirte Radolt einen Betrag von jährlichen 15 fl., welchen Betrag zunächst die Erben seines Hauses in der Annagasse in Wien, dann später bei einem eventuellen Besitzwechsel, der jeweilige Besitzer dieses Hauses dem Hofbauamte auszahlen sollten. (FN: Das Haus befindet sich Wien, erster Bezirk, Conscriptions-Nr. 42, Orientierungs-Nr. 18, in der Annagasse. Den Betrag von jährlichen 15 fl. 75 kr. ö. W. entrichtet gegen­wärtig Herr Franz Frhr. v. Riefel, Sectionsrat des k. k. Finanzministeriums i. P. (Urkunden in der Klosterneuburger Stiftskanzlei.))

Der Radolt'sche Kreuzweg bestand in seiner ursprünglichen errichteten Form bis zum Jahre 1773. Die Stationen desselben waren aber im Laufe der Jahre in Verfall geraten, die Bilder waren gänzlich ruiniert und die kleinen Capellen dienten als Unterschlupf für Wegelagerer. Des­halb befahl die Kaiserin 1773, die Stiftung des Herrn v. Radolt zwar aufrecht zu erhalten, die Capellen aber zu exilieren, und dafür gemalte Stationsbilder, welche das kaiserliche Hofbauamt zu besorgen habe, in der Kirche von Hietzing aufzustellen, und die ganze Stiftung auf das Stift Klosterneuburg zu übertragen, damit dasselbe den Kreuzweg für immerwährende Zeiten erhalte. (Abschrift des neuen Stiftsbriefes vom 8. Oktober 1773 im Pfarrarchiv Hietzing.)

Das Stift Klosterneuburg stellte am 27. Juli 1773 einen Revers aus, worin es sich zur Übernahme dieser Stiftung bereit erklärte, und der vom kaiserlichen Hofbauamte auf Veranlassung der Kaiserin beigestellte Kreuzweg wurde in die Kirche nach Hietzing übertragen. Nach einer unverbürgten Notiz im Hietzinger Pfarrgedenkbuch (Seite 131.) sollen die Kreuzwegbilder von der Hand des Malers Altomonte herrühren. Die Bilder wurden im Jahre 1858 und neuerdings 1895 restauriert, (Pfarrbuch von Hietzing, pag. 112 und neues Pfarrbuch Jahr 1895.) das heißt, sie wurden auf neue Leinwand gespannt, aus­ gebessert, übermalt und gefirnist, – leider ist die Restaurierung keine sehr glückliche zu nennen, da das künst­lerische Moment dabei ganz außer Acht gelassen wurde und die Bilder mehrfach Schaden litten.

Der Kreuzweg, sowie er im Jahre 1773 in die Kirche kam, wich in mancher Beziehung von den gegen­wärtig üblichen Kreuzwegdarstellungen ab. Er umfasste nicht 14 Stationsbilder sondern nur 13. Davon stellte das Bild 1 den Abschied Christi von Maria dar, und das Bild 13 enthielt eine Auferstehung Christi. Im Jahre 1865 wurde der Kreuzweg dahin umgeändert, dass die beiden Bilder 1 und 13 entfernt, und durch die vorgeschriebenen, gebräuchlichen Darstellungen er­setzt wurden. Eine in Hietzing lebende fromme Gräfin, Melanie Kostrowitzka, fertigte nach Zeichnungen Führich's die zwei zu ergänzenden Bilder an, und fügte noch das gebräuchliche 14. Stationsbild hinzu, so dass von dieser Zeit an der Kreuzweg, als allen Anforderungen entsprechend, im Inneren des Gotteshauses seine nunmehrige Aufstellung finden konnte. (Pfarrgedenkbuch 131.)

Zur Zeit der großen Kaiserin Maria Theresia befand sich unter der Zahl der an der Kirche zu Hietzing an­gestellten Klosterneuburger Chorherren ein Geistlicher Namens Hieronymus Perger. Derselbe verdient hier erwähnt zu werden, weil er sich der Zuneigung und des Vertrauens der großen Kaiserin in ganz besonderem Maße zu erfreuen hatte.

Hieronymus Perger war ein gebürtiger Wiener. (FN: Hieron. Perger geb. 30. Jänner 1744 in Wien. 1761 trat er in das Stift Klosterneuburg ein. 1767 wurde er zum Priester geweiht. Am 24. September 1768 kam er als Pönitentiar nach Hietzing. Er blieb daselbst bis 1776, kehrte dann ins Stift zurück, wurde Küchenmeister, und kam endlich 1783 am 14. Jänner als erster Pfarrer auf die damals eben neu errichtete Pfarre Grinzing. Hieronymus Perger starb am 14. Jänner 1790. – (Aufzeichnungen des Personalkataloges im Archive des Stiftes Klosterneuburg).) Er gehörte dem Verbande des Stiftes seit dem Jahre 1761 an und zeichnete sich durch tiefe Frömmigkeit, vielseitiges Wissen und ein tadelloses Benehmen aus. Er war noch nicht 25 Jahre alt, als er im Jahre 1768 als Pönitentiar nach Hietzing kam. – Die Auf­merksamkeit der Kaiserin lenkte er dadurch auf sich, dass er den todkranken Gerhard van Swieten, den bekannten Leibarzt der Kaiserin, der damals im sogenannten Kaiserstöckl zu Hietzing wohnte, mit den heiligen Sterbesacramenten versah.

Die Kaiserin, welche gerade zugegen war, als ihr Leibarzt mit den heiligen Sterbesacramenten versehen wurde, fand Wohlgefallen an der Art und Weise, wie sich der Priester dem Schwerkranken gegenüber benahm, sie befahl ihn später zu sich, und als sie sich von seiner wahren Frömmigkeit und seinem edlen Herzen genügend überzeugt hatte, beehrte sie ihn mit einem ganz be­sonderen Vertrauen, insbesondere was ihre zahllosen Wohltätigkeitsakte anbetraf.

Es ist uns eine ganze Sammlung von Briefen und Bittgesuchen erhalten, die Hieronymus Perger an die Kaiserin richtete. Dieselben sind durch ihren Inhalt sehr interessant, was aber ihren Wert noch um ein Be­deutendes erhöht, das ist der Umstand, dass bei jedem dieser Bittgesuche und Briefe die eigenhändig geschriebene Resolution der Kaiserin beigefügt ist. Durch diese eigen­händig geschriebenen Resolutionen gewinnen wir einen höchst interessanten Einblick, wie die Kaiserin über Per­sonen und Verhältnisse ihrer Zeit dachte, wie sie bestrebt war, überall Recht und Gerechtigkeit walten zu lassen, vor allem Anderen aber offenbart sich uns in diesen Aufzeichnungen das grundgütige Herz der edlen Mon­archin, das im Wohltun schier keine Grenzen kannte.

Die Briefe und Bittgesuche nehmen ihren Anfang bald nach dem Tode van Swieten's (18. Juni 1772), und setzen sich fort bis zum Tode der großen Kaiserin (1780).

Das erste „allerunterthänigste Promemoria“ ist vom 6. März 1773 datiert, das letzte Bittgesuch trägt als Datum den 9. Oktober 1780, ist also kurz vor dem Tode der Kaiserin abgefasst und erledigt, denn am 20. November wurde die Kaiserin krank, und am 29. November um 3/4 9 Uhr Abends schied sie von dieser Erde.

Hieronymus Perger war während der vier letzten Lebensjahre der Kaiserin nicht mehr in Hietzing, er be­fand sich seit 1776 im Stifte Klosterneuburg, der Ver­kehr mit der Kaiserin hatte aber dadurch keine Ver­änderung erfahren, wie die vorhandenen Schriften be­zeugen.

Hieronymus Perger starb am 14. Jänner 1790 als Pfarrer von Grinzing. Nach seinem Tode kamen die aus dem Verkehre mit der Kaiserin stammenden Schriftstücke in das Stift Klosterneuburg, woselbst sie in einer eigenen Cassette auf der Prälatur wohl verwahrt wurden. Gegen­wärtig befinden sich dieselben im Museum des Stiftes, woselbst auch noch einige Andenken an die große Kaiserin aus dem Nachlasse Perger's aufbewahrt werden. So ein Venetianer Trinkglas, das die Kaiserin gewöhnlich zu benützen pflegte, ferner eine Blumenschere und eine Feder, welche gleichfalls von ihr gebraucht wurden, und endlich in einem eigens dazu gefertigten Behältnis Haare von derselben Fürstin. – Infolge der engen Begrenzung dieser vorliegenden Arbeit müssen wir auf eine eingehende Be­sprechung der Perger'schen Schriftstücke an dieser Stelle verzichten, vielleicht bietet sich aber recht bald Gelegenheit, in einer eigenen Publikation über dieselben Mehreres und Eingehenderes berichten zu können. Kehren wir also wieder zur Geschichte Hietzings zurück.

VII.

Aus der Zeit der Kaiserin Maria Theresia befinden sich im Pfarrarchive von Hietzing auch mehrere päpstliche Ablassbriefe im Original vor, welche uns einerseits Kunde geben von dem regen katholischen Geiste dieser Zeit, andererseits aber auch von der liebevollen Fürsorge der Monarchin erzählen, die keine Gelegenheit vorübergehen ließ, ohne für das Heil ihrer eigenen Seele und das ihrer Untertanen in wahrhaft mütterlicher Weise zu sorgen.

Der erste dieser Ablassbriefe ist von Papst Benedict XIV. ausgestellt und stammt aus dem Jahre 1744. Der Papst bewilligt in demselben für die Dauer von 7 Jahren allen Jenen, welche das Hietzinger Gotteshaus an einem vom Diöcesanbischof eigens dazu bestimmten Tage besuchen, beichten, communicieren und daselbst auf die Meinung der Kirche die vorgeschriebenen Gebete verrichten, einmal im Jahre einen vollkommenen Ablass.

Die Urkunde hat folgenden Wortlaut:

Benedictas P. P. XIV.
Universis Christi fidelibus praesentes litteras inspectaris salutem et apostolicam benedictionem.
Ad augendam fidelium Religionen et animarum salutem, coelestibus Ecclesiae thesauris pia charitate intenti, Omnibus utriusque sexus Christi fidelibus vere poenitentibus et conffessis, ac sacra communione refectis, qui Ecclesiam Parochialem B. M. V. (FN: Irrtümlich. Hietzing war damals noch keine Pfarrkirche) Loci Hiezink, Viennensis Dioeceseos, cui Ecclesiae eiusqee Capellis et altaribus, sive Omnibus, sive singulis, eamque seu eas, vel ea, aut illarum seu illorum singulas, vel singula etiam visitando nulla alia indulgentia reperitur concessa, in uno anni die per ordinarium designando, a primis versperis usque ad occasum solis diei huius modi singulis annis devote visitiaverint, et ibi pro christianorum Principum concordia, haeresum extirpatione ac S. Matris Ecclesiae exaltatione pias ad Deum preces effuderint: Plenariam onmnium peccatorum suorum indulgentiam et remissionem misericorditer in Domino concedimus. Praesentibus ad Septennium inde valituris. Volumus autem, ut si alias Christi fidelibus in quocumque alio anni die dictam Ecclesiam seu Capellam, aut altare in ea situm visitantibus aliqua alia indulgentia perpetuo vel adtempus nondum elapsum duratura concessa fuerit, vel si pro impetratione, praesentatione, admissione seu publicatione praesentium aliquid, vel minimum detur, aut sponte oblatum recipiatur, praesentes nullae sint.
Datum Romae apud S. Mariam Majorem sub annulo Piscatoris die XIV. Martii MDCCXLIV. Pontificatus nostri anno quarto.
Gratis pro Deo et Sacra...
Pro Domino Cardinali Passiones
Cajetanus Amatus.

Ein anderer Ablaßbrief, ebenfalls im Originale erhalten (Pfarrarchiv Hietzing), stammt ans dem Jahre 1745, und ist direkt an die Kaiserin gerichtet. „Clarissimae in Christo filiae nostrae Mariae Theresiae, Hungariae et Bohemiae Reginae illustri, dilecti filii nobilis viri Francisci Stephani Lotharingiae et Barri Ducis, ac Etruriae sibi subiectae Magni Ducis Conjugi“ lautet die beigefügte Adresse.

 Maria Theresia hatte dem Papste Mitteilung davon gemacht, dass sie und ihr Gemahl, sowie auch ihre Kinder in Begleitung des Hofstaates öfters Wallfahrten von Wien aus nach Hietzing unternehmen, und dass auch die Gläubigen, durch das Beispiel ihrer Herrscherin angetrieben, in überaus großer Zahl nach dem Hietzinger Gotteshause pilgern. An diesen Bericht anknüpfend hatte sie die Bitte ausgesprochen, der Heilige Vater möge diese Wallfahrt durch Verleihung eines eigenen Ablasses womöglich noch verdienstlicher gestalten.

Der Papst willfahrte sehr gerne den Bitten der er­habenen Frau und verlieh ihr und ihrer allerhöchsten Familie einen vollkommenen Ablass, der einmal in jeder Woche, dann an den Festen Mariä Lichtmess, Verkündi­gung, Heimsuchung, Mariä Himmelfahrt, Mariä Geburt und an den Festen der unbefleckten Empfängnis und Darstellung Mariä gewonnen werden konnte, wenn sie und ihre allerhöchsten Familienangehörigen an diesen Tagen, nach Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altares, die Wallfahrt nach Hietzing unternehmen und daselbst die vorgeschriebenen Gebete auf die Meinung der Kirche beten würden.

Desgleichen verlieh der Heilige Vater auch den Per­sonen des allerhöchsten Hofstaates dreimal im Jahre und an allen oben angeführten Festtagen unter denselben Be­dingungen einen vollkommenen Ablass.

Die Gläubigen endlich konnten diesen vollkommenen Ablass ebenfalls gewinnen, und zwar zweimal im Jahre und an allen oben angeführten Festtagen, wenn sie die­ selben Bedingungen erfüllten, die früher angegeben wurden.

Auch konnte dieser Ablass fürbittweise den armen Seelen im Fegefeuer zugewendet werden.

Die Urkunde lautet im Original folgendermaßen:

Benedictus P. P. XIV.
Charissima in Christo Filia nostra salutem et apostolicam benedictionem. Eximia Maiestatis tuae in Deum pietas ac in nos, et hanc sanctam Sedem fides et devotio promerentur, ut in eis, quae ad spiritualem tuam consolationem, et animae tuae salutem, ac Christi fidelium istarum partium devotionem augendam faciunt, piis eiusdem Majestatis tuae votis libenter annuamus. Cum itaque, sicut nobis nuper exponi fecisti, in una cum dilecto filio nobili viro Francisco Stephano Lotharingiae et Barri duce, ac Etruriae sibi subiectae Magno Duce coniuge tuo, atque dilectissimis filiis Archiducibus, ac in Christo filiabus Pueilis Archiducissis natis tuis peregrinationem a civitate Viennensi ad Eeclesiam B. Mariae Virginia loci de Hietzing quatuor milliaribus italicis a dieta civitate distantem per varias stationes, seu Capelias, in quibus varia vitae eiusdem gloriosissimae Virginis Mariae mysteria repraesentantur, comitantibus familiaribus tuis persaepe obire soleas, sen intendas et christifideles earumdem partium exemplo tuo invitati eiusmodi peregrinationem magno concursu frequentent: Hinc est, quod Nos Majastatis tuae ipsius precibus nobis super hoc humiliter porrectis inclinati, tibi, ac memoratis coniugi tuo, Archiducibus, et Archiducissis natis tuis, nec non quoque dilecto filio nobili viro Carolo Henrico, Lotharingiae et Barri Principi, ac dilectae in Christo filiae nobili mulieri Annae Carolinae Lotharingiae pariter et Barri Principissae, dictorumque Francisei Stephani et Caroli Henrici sororis germanae, ac quorumlibet vestrum, respectiva agnatis et cognatis, si vere poenitentes, et confessi, ac sacra communione refecti semel in qualibet hebdomada, ac in singulis Purificationis, Annuntiationis, Visitationis, Assumptionis, Nativitatis, Praesentationis, et Conceptionis eiusdem B. M. Vir­ginis immaculatae festivitatibus: Tui vero, ac conjugis tui, nec non quorumvis ut supra nominatorum, et nominatarum respective Familiares utriusque sexus similiter, si vere poenitentes et confessi, ac sacra communione refecti, ter in anno, ac in singulis festivitatibus praedietis: Ceteri autem Christifideles utriusque sexus etiam ut praefertur confessi, ac sacra commu­nione refecti bis in anno, ac in singulis festivitatibus memoratis peregrinationem huiusmodi feceritis, et fecerint, ac in Ecclesia, et stationibus seu Capellis praedictis pro Christianorum Principum concordia, haeresum extirpatione, ac S. Matris Ecclesiae exaltatione pias ad Deum preces effuderitis, et efiuderint respective, qua vice praedictarum id egeritis, et egerint, repective plenariam omnium peccatorum vestrorum, et suorum indulgentiam et remissionem, quam etiam animabus Christifidelium, quae Deo in charitate coniunctae ab hac luce migraverint per modum suffragii applicare possitis, et possint, ut consequamini, et consequantur, misericorditer in Domino concedimus. In contrarium facientibus non obsiantibus quibuscumque.
Datum Romae apud Sanctam Mariam Majorem sub Annulo Piscatoris die XV. Julii MDCCXLV. Pontificatus nostri anno quinto.
Cardinalis Passioneus.

VIII.

Auf Bitten der Kaiserin Maria Theresia wurde die Kirche von Hietzing im Jahre 1749 von demselben Papste Benedict XIV. abermals mit einem Ablassbriefe beschenkt, der für uns deshalb von Wichtigkeit ist, weil die in diesem Dekrete verliehenen Ablässe auch heute noch zu ge­winnen sind. – Der Ablassbrief, welcher vom 9. Februar 1749 ausgestellt ist, enthält folgende Ablässe:

I. Beide römisch kaiserliche Majestäten Franz I. und Maria Theresia, die durchlauchtigsten Erzherzoge und Erzherzoginnen, ferner beide königliche Hoheiten von Lothringen, Carl Heinrich und Anna Charlotta, wie auch alle dermaligen und künftigen österreichischen Erzherzoge und Erzherzoginnen erlangen, so oft als sie im Jahre nach erfolgter Beichte und Communion die Kirche von Hietzing besuchen und allda um Einigkeit der christ­lichen Fürsten, Ausrottung der Ketzereien und Erhöhung der Kirche beten, einen vollkommenen Ablass.

II. Alle und jede beiderlei Geschlechtes, welche wirklich dem Hofstaate beider kaiserlichen Majestäten oder der durchlauchtigsten Erzherzogen und Erzherzoginnen, sowie der königlichen Hoheiten angehören, erlangen nach Erfüllung der früher angegebenen Bedingungen zweimal im Monate Ablässe, und zwar an einem Tage, den sie sich selbst wählen können, einen vollkommenen Ablass, und an einem zweiten Tage einen Ablass von sieben Jahren und ebenso vielen Quadragenen.

III. Alle Christgläubigen beiderlei Geschlechtes, welche an den Festtagen Mariä Empfängnis, Heimsuchung, Geburt, Opferung. Verkündigung, Reinigung, Himmelfahrt, wie auch an den Festtagen der Kirchweihe (dritten Sonntag nach Ostern), der heiligen Anna, des heiligen Joseph, Augustin und Leopold oder an dem ersten und letzten Tag der neuntägigen Andacht der Geburt des Herrn reumütig beichten und communicieren und die Hietzinger Kirche besuchen, und daselbst auf die Meinung der Kirche beten, erlangen einen vollkommenen Ablass.

IV. Für die anderen Festtage der seligsten Jungfrau Maria, wie auch für die übrigen sieben Tage der früher er­wähnten neuntägigen Andacht sind sieben Jahre und ebenso viele Ouadragenen Ablass verliehen.

V. Alle Christgläubigen, welche eine zu diesem Gotteshause angestellte Procession begleiten und die früher erwähnten Be­dingungen erfüllen, erlangen einmal im Monate einen voll­kommenen Ablass, ein zweitesmal in jeglichem Monate sieben Jahre und ebenso viele Quadragenen, sonst aber bei jeder Procession 100 Tage Ablass.

VI. Für alle Samstage des ganzen Jahres und alle Vor­abende der Festtage der seligsten Jungfrau ist ein besonderer Ablass von drei Jahren und ebensoviel Quadragenen verliehen für Alle, die das Gotteshaus besuchen und darin beten.

VII. Alle Christgläubigen, welche die Litanei von Unserer Lieben Frau beten, erlangen, so oft sie dieselbe in dieser Kirche beten, jedesmal einen Ablass von 200 Tagen.

VIII. Die Ablässe der Stationen, doch jener allein, welche in dem römischen Missale angemerkt sind, können in diesem Gotteshause erlangt werden, wenn die Gläubigen hier an­dächtig beten. Und sie gewinnen die Ablässe in ebendemselben Ausmaße, als wenn sie die intra et extra urbem dazu be­stimmten Kirchen besuchen würden.

IX. Alle diese Ablässe sind dem Hietzinger Gotteshause auf ewige Zeiten gütigst verliehen worden und können auch den armen Seelen im Fegefeuer zugewendet werden.

Das Original dieses Ablassbriefes ist im Hietzinger Pfarrarchiv vorhanden. In eben demselben Archive be­findet sich auch eine zweite Abschrift desselben Dokumentes vom 30. September 1760. In diesem Jahre wurden die vorerwähnten Ablässe von Clemens XIII. neuerdings bestätigt und bekräftigt.

Das Original samt der im Jahre 1760 hinzu­gefügten neuerlichen Bestätigung hat den lateinischen Wortlaut, wie er  im Morgenblatt „Das Vaterland, Zeitung für die österreichische Monarchie“ vom 30. Oktober 1898 auf den Seite 1 und 2 nachgelesen werden kann.

IX.

Die reiche Ausstattung mit Ablässen, deren sich die Kirche von Hietzing zu erfreuen hatte, sowie auch das leuchtende Beispiel wahrer Frömmigkeit, welches Vonseiten des allerhöchsten Hofes jederzeit an den Tag gelegt wurde, trugen nicht wenig dazu bei, dass das Hietzinger Gottes­ haus alsbald auch bei Hoch und Nieder in großem An­sehen stand und sich außerordentlicher Beliebtheit zu er­freuen hatte. Nicht nur das gläubige Volk kam gerne nach Hietzing, auch der Adel fand sich sehr oft und sehr zahlreich daselbst ein. „Es ist nicht zu beschreiben,“ sagt der bekannte Chorherr Augustin Ristl in seinen Auf­zeichnungen, „wie zahlreich der zu Wien, und in dieser Gegend wohnende Adel an denen höheren Frauen-Festen und Samstagen, auch zur rauhen Winterszeit vor dem Gnadenthrone Mariä zu Hietzing sich einfindet.“ (Aug. Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 136.) Als Besucher und Wohltäter des Gotteshauses werden uns die glänzendsten Namen fürstlicher Häuser genannt, als da sind die Namen: Liechtenstein, Dietrichstein, Esterhazy, Porzia, Radzivil, Starhemberg, Harrach, Salm, Hardegg, Martinitz. Traun, Collonitsch, Wurmbrand, Palffy, Thurn, Khevenhüller u. s. w. (Aug. Ristl, pag. 133 / Hietzinger Pfarrgedenkbuch, pag. 45.) – 1732, am 19. März, las hier auch ein Leopold Graf von Khevenhüller, Domherr zu Eichstädt, die erste heilige Messe als neugeweihter Priester. Er war der Sohn des Grafen Sigismund Friedrich von Khevenhüller, des damaligen Statthalters von Niederösterreich. Dem Neugeweihten assistierte bei dieser Gelegen­heit sein Bruder, damals noch Domherr von Augsburg und später Bischof zu Wiener-Neustadt. (Aug. Ristl, pag. 135.) Viel Volk und ein zahlreicher Adel wohnte dieser schönen und erheben­den Feier bei.

Um dieselbe Zeit kam auch der Infant von Portugal, der sich damals in Wien aufhielt, oft nach Hietzing, um das marianische Gnadenbild zu verehren. Er hatte dasselbe so lieb gewonnen, dass er selbst am Vorabende seiner Abreise von Wien noch einmal nach Hietzing kam, um hier sein Abschiedsgebet zu verrichten. (Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 133.)

In der Zeit von 1716 bis 1751 war einer der eifrigsten Besucher des Gotteshauses Graf Sigismund Kollonitsch, Cardinal und Fürsterzbischof von Wien. Jedesmal, wenn er auf seine Besitzung nach St. Veit hinausfuhr oder von da wieder nach Wien zurückkehrte, unterließ er es nicht, der Kirche von Hietzing einen an­dächtigen Besuch abzustatten. (Ebenda, pag. 134.)

Ebenso war auch der damalige Bischof von Kalocza, Gabriel Graf von Patatich, ein eifriger Besucher des Hietzinger Gotteshauses. So oft er Geschäfte halber nach Wien kam, wallfahrtete er auch nach Hietzing und las daselbst mit größter Auferbauung die heilige Messe. (Ebenda, 135.)

Um das Jahr 1767 kam regelmäßig zwei- bis drei­mal in der Woche der apostolische Nuntius Vitalianus Borromäüs nach Hietzing, um vor dem marianischen Gnadenbilde zu beten. (Altes Pfarrbuch von Hietzing. Jahr 1767.)

Hundert Jahre früher war schon ein anderer seiner Vorgänger, der bekannte Scipio Delzi, oft nach Hietzing gekommen, um daselbst zu beten. Das Kirchlein von Hietzing verdankte ihm mehrere Ablassbriefe, die er, nach Rom zurückgekehrt, von Papst Alexander VII. erwirkte. (FN: Ristl, ebenda 134. Von diesen Ablassbriefen ist aber
keiner mehr erhalten.)

Doch es würde zu weit führen, wollten wir alle Besucher des Hietzinger Gotteshauses der Reihe nach herzählen.

Ebenso zahlreich, wie die Besucher, waren aber auch die Geschenke und Opfergaben, welche im Laufe der Jahre vor dem marianischen Gnadenbilde niedergelegt wurden. „Von oben bis hinunter seynd die Mäuer mit gemalten Denk- und Dank-Zeichen vor die erhaltenen Gnaden und Wohlthaten bekleidet“, berichtet uns Augustin Ristl in seinen bekannten Denkwürdigkeiten. (Ristl: Maria voll der Gnaden, pag. 110.) „Wir könnten hier“ – so schreibt er weiter— „ein langes Nam-Register, hoch- und niederen Stands gut­thätiger Liebhaber unserer Schutzfrauen zu Hietzing zu­sammenschreiben, von denen wir nebst reichen Kleidern zu mehreren Ausschmückung ihrer holdseligen Bildnus mehr dann eine mit kostbaren Diamanten besetzte Kähl-Bänder; solche Kreutzlein; ganz goldene Ketten, Hertzen, Denkmüntzen, Vermählungs- und andere Ring in großer Anzahl aufweisen.“ (Ebenda, pag. 138.)

Schon frühzeitig nahm man eine Reduktion dieser Weihgeschenke in der Art vor, dass man mehrere der­ selben zu einem großen Ganzen vereinigte. So geschah es beispielsweise schon im Jahre 1683, dass man aus dergleichen geopferten Juwelen und Perlen eine herrliche Kaiserkrone und einen Sternenbogen um das Haupt Mariens verfertigte. (Ristl- Ebenda 138.) Auch um das Jahr 1750 wurde zur Verzierung des marianischen Gnadenbildes aus einer großen Anzahl von Weihgeschenken ein in Gold gefasster, aus kostbaren Perlen und Steinen zusammengesetzter Schmuck verfertigt. (FN: Ristl: Ebenda, pag. 139 und altes Pfarrbuch von Hietzing, pag. 5: „Ein in Gold gefasster mit guten Steinen und Perlen besetzter Anhäng-Geschmuck. Von den Opfern zusammenge­tragen.“ lautet die betreffende Notiz im Inventar von 1767.) Nichtsdestoweniger war aber doch die Zahl der geopferten Kostbarkeiten und kirchlichen Gewänder immer noch so groß, dass, um dieselben entsprechend aufbewahren zu können, Propst Ernest Perger von Klosterneuburg zu Anfang des achtzehnten Jahr­hunderts bei der Kirche von Hietzing eine eigene Schatzkammer zu erbauen beschloss. Dieselbe ist noch heute erhalten, ein schönes schmiedeisernes Barockgitter verschließt den Zugang zu derselben. Wenn man dasselbe öffnet, gelangt man zu den so­genannten Hoforatorien, die ebenfalls dem Propsten Ernest ihr Entstehen verdanken. Von hier aus führt eine eiserne Türe in die Schatzkammer. Der Raum derselben ist nicht groß, an den Wänden stehen schöne eingelegte Kästen, mit dem Wappen des Prälaten Ernest Perger verziert; die Decke schmückt eine Darstellung jener bekannten Geschichte von den vier Gefangenen und dem leuchtenden Gnadenbilde im Baume.

Hier wimmelte es einstens von Kostbarkeiten jeglicher Art. Von den Geschenken Kaiser Leopold's I. und seiner Gemahlinnen, sowie von den Spenden Kaiser Joseph's l. und seiner Gemahlin haben wir schon früher gesprochen. Auch der Freigebigkeit der Kaiserin Maria Theresia haben wir bereits des Öfteren zu erwähnen Gelegenheit ge­habt. Es erübrigt nur noch das Eine oder das Andere aus den uns erhaltenen Aufzeichnungen hier nachzutragen. Da lesen wir, dass Eleonora, die Gemahlin Kaiser Ferdinand's III., zwei goldene Kronen der Mutter Gottes von Hietzing geschenkt habe. (FN: Altes Pfarrbuch von Hietzing, pag. 2: „Eine für das Frauenbild und Kindl aus Composition ohne Auszierung gemachte vergoldte Kron: odlatae guasi aursae, ab EIeonora Margaritha Augusta“ heißt es im Schatzinventar von 1767. – Vide ferner: Ristl, pag. 126.) Auch von dem Stiefbruder Kaiser Leopold's I., dem Erzherzoge Carl Joseph wird erwähnt, dass er der Schatzkammer von Hietzing ein kostbares Andenken geschenkt habe. Es waren dies zwei Kronen, die der junge, achtjährige Erzherzog aus lauter Perlen mit eigenen Händen zusammen­ gesetzt hatte, um damit die Häupter unserer lieben Frau und ihres göttlichen Sohnes zu krönen. Er ist nicht alt geworden, dieser gottesfürchtige Erzherzog. Mit 13 Jahren Bischof von Passau und bald darauf Groß­meister des deutschen Ordens, schied er, kaum 15 Jahre alt, am 27. Jänner 1664 aus diesem Leben. Sein Obersthofmeister, Graf Joseph von Rabatta, ließ ihm folgende Inschrift aufs Grab setzen:

Hie requiescit
Serenissimus et Reverendissimus Princeps
Dominus Carolus Josephus,
Nascendi conditione Archidux Austriae,
Dignitate Episcopus, et Ordinis Teutonici Magister,
Innocentia Angelus,
Vitae propitate Sanctus,
Amor omniurn.
(Aug. Ristl M. v. d. Gnaden pag. 126 und 127.)

Augustin Ristl führt aus seiner Zeit noch folgende Geschenke an: Zwei silberne Kronen, 5 Mark schwer, ein Geschenk Sr. Durchlaucht des Fürsten Adam von und zu Liechtenstein. Ferner eine 17 Mark schwere silberne Lampe, welche der Oberst Hof- und Land-Jägermeister Johann Julius Graf Hardegg im Jahre 1728 der Kirche widmete. Von der Gemahlin dieses Grafen erhielt die Kirche verschiedene silber- und goldgestickte Frauenkleider und Baldachine für das Gnadenbild.

Als Spenderinnen von Messkleidern, Antipendien ac. werden uns endlich noch die Namen der Fürstin Liechten­stein, der Gräfin Salm, der Gräfin Herberstein, der Gräfin Harrach u. s. w. genannt. (A. Ristl: M. v. b. Gnaden, pag. 136–138.) Schier endlos ist auch die Zahl der Brautringe und Kleinodien, der „Fraucnkleider und Fürhänge“, welche im alten Schatzinventar vom Jahre 1767 angeführt werden. (Altes Pfarrbuch von Hietzing 1 bis 16.)

X.

Von allen diesen Schätzen und Kleinodien ist aber leider fast nichts mehr bis auf unsere Tage erhalten ge­blieben. Das Meiste wurde zu Anfang dieses Jahr­hunderts bei der allgemeinen Silberablieferung abgegeben, und was übrig blieb, ist kaum mehr, als ein relativ dürftiger Rest einstiger Herrlichkeit. (Das alte Schatzinventar von 1767, sowie das Verzeichnis der im Jahre 1809 abgelieferten Kleinodien wird demnächst im Monatsblatt des Wiener Alterthumvereines erscheinen.) Nichtsdestoweniger besitzt aber die Schatzkammer von Hietzing noch immer einige Paramente und Goldschmiede­arbeiten, um die sie manch größeres Gotteshaus beneiden könnte. (Siehe Jlg Alb: „Die Pfarrkirche in Hietzing bei Wien“ in den Mittheilungen der k. k. Centralcommission, achtzehnter Jahrgang, 1692, pag. 93.)

Fangen wir gleich mit dem hervorragendsten an. Unter den zahlreichen herrlichen Messgewändern fällt ins­ besondere eine Casula samt Zubehör des Altardienstes auf, welche zwar auf den ersten Blick erkennen lässt, dass sie aus Fragmenten eines älteren textilen Prachtobjectes willkürlich zusammengestückelt ist, über deren enormen, geradezu klassischen Kunstwert gleichwohl doch kein Zweifel sein kann. Man hat wohl dabei einzelne Partien des ursprünglichen Gegenstandes – was es auch gewesen sein mag – einfach zerschnitten und dieselben zuweilen selbst verkehrt wider ihre natürliche Achsenstellung zusammengenäht, aber auch diese oft unrichtige und willkürliche Wieder­anwendung der alten Bestandteile tut unserer Bewunderung der außerordentlichen Schönheit des seltenen Kunstwerkes keinen Eintrag. Es ist eine herrliche Gold­stickerei, durchaus in kostbarster Sprengtechnik ausgeführt, der Fond von dichter Goldarbeit, von der sich hohe Reliefs in derselben Behandlung abheben. Sie stellen profane und antikisierende Motive vor: Bündel und Gruppen römischer Waffen, Siegeszeichen in Trophäenform arrangiert, Beile, Fasces, Helme, Manipel, Tafeln mit dem S. P. Q. R., damit ferner in der Weise eines textilen, Rapports ab­wechselnd doppelköpfige Adler, schnäbelnde Täubchen, alles wundervoll ausgeführt. Der unvergleichlich pracht­vollen Goldstickerei ist roter Samt unterlegt, ferner sieht man in der Mitte der Vorderseite der Casula die Jahreszahl 1719 und ein Monogramm von verschlungenen Buchstaben, welches M. J. und F. enthält.

Woher dieses Gewandstück stamme, lässt sich nicht mehr mit absoluter Sicherheit feststellen. Adolph Schmidl gibt in seinem bekannten Buche „Wiens Umgebung B. III. pag. 93“ an, es befinde sich in Hietzing „ein Ornat aus dem goldstoffenen Krönungsmantel des Kaisers Leopold von 1719“. Im alten Schatzinventar von 1767 finden wir über diesen Ornat folgende Angaben: „Ein goldreich gesticktes, mit goldenen Franzen eingefasstes Messkleid, samt gleichen Antipendio, Stola, Manipel/Bursa, Palla, aber anderen, doch goldreichen Kelchtüchel, geopfert von weiland Sr. Majestät Joseph I.“ (Altes Pfarrbuch, pag. 12. Die goldenen Franzen wurden leider bei der letzten Renovierung durch den Pfarrer Remigius Szoboslay abgenommen.) Diese, Angabe kann aber gewiss nicht richtig sein, denn Kaiser Joseph I. war um das Jahr 1719 bereits acht Jahre tot, und konnte daher den Ornat nicht mehr selbst geopfert haben.

Der bekannte Chorherr Augustin Ristl, der um das Jahr 1730 Administrator in Hietzing war, berichtet in seinem bereits des Öfteren zitierten Buche: „Maria voll der Gnaden zu Hietzing, pag. 125", dass die beiden Töchter Joseph's I., Maria Joseph und Maria Amalia, den Ornat gespendet hätten. (FN: Ristl schreibt: „Dero durchlauchtigste Frauen-Töchter, Ertz-Herzoginnen Maria Josepha, weiland Königin in Pohlen, und Maria Amalia, weiland Chur-Fürstin in Bayrn, haben miteinander ein überaus schwer-gold-gesticktes Messkleid und Antipendium verehret: weiß nicht ob die Sticker-Kunst jemals ein vollkommeneres Meister-Stuck verfertiget.“)

Dr. Albert Jlg erinnert bei Besprechung dieses Or­nates an die am 20. August 1719 abgehaltene Vermählung der Erzherzogin Maria Joseph, der Tochter Joseph's I., mit dem Könige Friedrich August von Sachsen-Polen und meint, der Ornat stünde irgendwie mit dieser Vermählung im Zusammenhange, umsomehr, als auch die Monogramme M. J. und F. darauf hindeuten. (Albert Jlg. Die Pfarrkirche in Hietzing bei Wien.) Dabei bleibt freilich rätselhaft, was das zu der Casula so grausam verschnittene Object ursprünglich gewesen sei? Das Brautgewand dürfte es nicht gewesen sein, vielleicht war es doch das Krönungsgewand Kaiser Leopold's I., vielleicht war es aber ein Baldachin oder ein Thron­behang bei der Hochzeitsfeierlichkeit, wer kann das jetzt mit Bestimmtheit behaupten? Mag dem aber wie immer sein, gewiss ist, dass die Casula in der Hietzinger Schatz­kammer ein Exemplar von Prachtstickerei ersten Ranges ist und unter den Beispielen barocker Technik einen der ersten Plätze einnimmt.

Ein zweites Messkleid samt Zugehör stammt aus dem Jahre 1759. Dasselbe ist aus Silber-Brokat ge­fertigt und mit Stickereien in Seide und Gold verziert. Statt der gebräuchlichen Borten umgibt eine aus Seide und Gold verfertigte Einfassung den Rand des Messkleides. Die Rückseite der Casula enthält das Wappen der Kaiserin Maria Theresia und die Inschrift: „Maria Theresia, kaiserl. königl. Apostol. Majestät.“

Nach der Angabe des alten Schatzregisters vom Jahre 1767 schenkte die Kaiserin dieses Messgewand der Kirche von Hietzing am 21. November 1759, anlässlich der glücklich überstandenen Blatternkrankheit ihres Sohnes, des Erzherzogs Carl. (Altes Pfarrbuch von Hietzing, pag. 12)

Ein anderer Ornat, bestehend aus einem Pluviale, einer Casula und vier Dalmatiken ist uns aus dem Jahre 1765 erhalten. Derselbe ist ebenfalls aus Silber-Broccat verfertigt und mit reicher Seidenstickerei geziert. Die Casula trägt auf ihrer Rückseite das Wappen Kaiser Joseph's II. und seiner zweiten Gemahlin Josepha von Bayern, ferner das Datum: 23. Jänner 1765 und die beiden Buchstaben V. M., welche nach den Angaben des alten Schatzregisters „voto matrimoniali“ bedeuten. (Ebenda.) Dieser Ornat ist der Kirche von Hietzing anlässlich der Vermählung Kaiser Joseph's II. mit der Prinzessin Josepha von Bayern geschenkt worden.

Die betreffende Notiz im alten Pfarrbuche vom Jahre 1765 lautet folgendermaßen:

„In diesem Jahre (1765) ist unserer Kirche ein kostbares Geschenk gegeben worden: Nachdem den 23. Jänner, Abends, Se. Majestät der römische König Joseph II. mit seiner durchlauchtigsten Braut Josepha, der jüngstgeborenen Tochter Carl's VII. aus Bayern, zu Schönbrunn im Saale nach Kirchen­gebrauch ist eingesegnet worden, wurde am folgenden Tage Früh von Ihro Majestät der Braut ihr kostbares Brautkleid überschicket. Aus dem Brautkleid ließ Ihro Majestät die Kaiserin Maria Theresia einen Ornat ver­fertigen. Gegen 11 Uhr aber kam das königliche Braut­paar selbst, beide kaiserlichen Majestäten Franz der Erste und Maria Theresia, die zwo ältesten Erzherzoginnen Maria Anna und Maria Christina, wie auch Ihro königl. Hoheit Carl Alexander, Seiner Majestät des Kaisers Bruder samt dero Frau Schwester Anna Charlotta, nebst vielen anderen Standes-Personen in der Hochzeits­galla, nemlich in blauen Sammet und goldenen Borten. (FN: Diese Tracht hatte Maria Theresia eigens für dieses Hochzeitsfest vorgeschrieben. Die Damen erschienen in Kleidern aus blauem Atlas und trugen mit Zobel ausgeschlagene Überwürfe, die Herren erschienen in blausamtenen und mit Gold verbrämten Kleidern. (Bermann: Maria Theresia und Kaiser Joseph II. pag. 719.)) Seine Eminenz der Wienerische Erzbischof, (Christoph Anton Graf v. Migazzi, Cardinal Fürsterz­bischof von Wien (1757 bis 1803).) welchem zwei insulierte Domherren und alle Herrn Hof-Capläne aufgewartet, sprach unter seiner Messe über das königliche Brautpaar die bei solchen Häuptern gewöhnlichen Ein­segnungen. Unter der heiligen Mess wurde von der Hof­musik die Lauretanische Litaney abgesungen.

Diese so ausnehmende Andacht gegen die Himmels­königin schien dem königlichen Bautpaare aber noch zu wenig. Sie fanden sich, aber ganz allein, den 7. Februar, so ein Samstag war, abermal bei unserer Gnaden-Mutter ein und wohnten im Oratorio der heiligen Messe bei, welche auf ihr Begehren A. R. P. Höller S. J., Ihro Majestät des Königs Beichtvater las. Dabei wurden die zwei, bei der Vermählung den 13. Jänner zu München gehabten Brautringe der Mutter Gottes geopfert.“

Diese beiden Ringe, welche Graf Minucci nach Ab­lauf der bayerischen Hochzeitsfestlichkeiten von München nach Wien gebracht hatte, sind heute noch in der Hietzinger Schatzkammer erhalten. Der größere trägt auf seiner Innenseite die Buchstaben  J. M. P. J. D. B. 13. Jan. 1765. G. G. G., der kleinere die Buchstaben J. II. R. R. 13. Jan. 1765. G. G. G.

Es würde jedoch zu weit führen, wollten wir alle Paramente des Hietzinger Gotteshauses einzeln be­schreiben. Wir müssen uns daher nur auf das hauptsächlichste beschränken.

Am 20. September 1762 schenkte die Kaiserin Maria Theresia ein von Silber geschlagenes und mit goldenen Blumen geziertes Gewand für das Muttergottesbild, 55 Mark schwer. (Altes Pfarrbuch von Hietzing, pag. 3.) Bis zum Jahre 1809 war das Gnadenbild damit bekleidet, dann wurde es abgenommen und bei der all­gemeinen Silberablieferung eingeschmolzen. (Schatzregister von 1809. Neues Pfarrbuch, pag. 162.) Das Mutter­gottesbild wurde wieder mit anderen, minderwertigeren Gewändern angezogen.

1816 schenkte die Erzherzogin Clementine, die Gemahlin des Prinzen Leopold von Sicilien und Salerno, der Kirche ihr Brautgewand, aus welchem ein Anzug für das Gnadenbild hergestellt wurde. (Kirchliche Topographie der Wiener Erzdiözese 1820, pag. 172. / Schmidl: Wiens Umgebungen 1839, III. B., pag. 93.) 1829 wurde dieses Kleid durch ein neues, noch heute bestehendes ersetzt. In diesem Jahre hatte nämlich eine verwitwete Frau Josepha Hummel aus Veranlassung ihrer Vermählung mit Herrn Gustav v. Dreyhausen der Mutter Gottes ein Kleid aus geschlagenem Silber gespendet. Am 13. Oktober 1829 ist die Mutter Gottes-Statue damit umgeben worden und ist dieses Kleid bis heute nicht mehr geändert worden. (Pfarrgedenkbuch von Hietzing, pag. 64.)

Adolph Schmidl berichtet in seinem bereits früher zitierten Buche (Wiens Umgebungen 1839, III. B., pag. 93) von einem sehr geschmackvollen Belum, welches Maria Theresia, die unglückliche Tochter Ludwig's XVI. und spätere Herzogin von Anguleme, mit eigener Hand für die Kirche von Hietzing verfertigte. Dasselbe ist jedoch nicht mehr mit Sicherheit zu bestimmen.

1832 schenkte die Kaiserin Maria Anna, die Gemahlin Kaiser Ferdinands des Gütigen, ihr Brautkleid der Kirche von Hietzing, damit daraus ein Messkleid für diese Kirche gefertigt werde. (Ebenda, pag. 69.) Dasselbe ist noch heute in der Schatz­kammer von Hietzing aufbewahrt.

XI.

Auch von den Eltern Sr. Majestät unseres gegen­wärtig regierenden Herrn und Kaisers bewahrt die Schatz­kammer zwei liebe, teure Andenken. Es ist dies ein Messgewand aus weißem Atlas, mit Gold und Seide ge­stickt, welches Se. k. Hoheit Erzherzog Franz Carl der Kirche von Hietzing am 19. Juli 1859 verehrte, (Pfarrgedenkbuch von Hietzing, pag. 114.) und ein weiß-seidenes Velum mit einer kostbaren Bordüre von der Hand Ihrer k. Hoheit der Frau Erzherzogin Sophie, welches der Kirche von Hietzing durch Erzherzog Franz Carl am selben Tage geopfert wurde, an dem Seine Majestät unser regierender Herr und Kaiser zum Könige von Ungarn gekrönt wurde (8. Juni 1867). (Pfarrbuch von Hietzing, pag. 140.)

Erzherzog Franz Carl und dessen Gemahlin Erzher­zogin Sophie hatten nämlich die Kirche von Hietzing außerordentlich lieb, und wenn sie in Schönbrunn weilten, kamen Beide fast tagtäglich zur heiligen Messe nach Hietzing. Noch heute erzählen viele Augenzeugen mit Rührung im Herzen von der großen Güte, von den vielen Wohltaten und von der außerordentlichen Fröm­migkeit, welche Se. k. Hoheit Erzherzog Franz Carl bei allen öffentlichen Anlässen an den Tag legte, namentlich wenn er am Fronleichnamsfeste durch die Straßen von Hietzing das hochwürdigste Gut begleitete. Das Pfarrgedenkbuch von Hietzing verzeichnet genau jede Gelegen­heit, wo der so überaus gottesfürchtige hohe Herr durch seine Andacht und Frömmigkeit ein Beispiel für alle Gläubigen wurde. (Ebenda, pag. 108 und 114 ff.)

Am 30. Mai 1872 nahm der Erzherzog das letztemal an den Fronleichnamsfeierlichkeiten in Hietzing teil. Es war ein trüber, regnerischer Tag und die Feierlichkeit musste im Inneren der Kirche abgehalten werden. (Ebenda, pag. 160.) Tieftraurig und in sich gekehrt saß damals der Erz­herzog an seinem gewohnten Platz, – tags zuvor hatte man seine geliebte Gemahlin, Ihre kaiserliche Hoheit Erz­herzogin Sophie, bei den Capuzinern in Wien zur ewigen Ruhe bestattet. – – –

Seit 1878 ruht er nun selbst an ihrer Seite in der stillen, friedlichen Kaisergruft zu Wien, in der Kirche zu Hietzing aber denken noch viele an ihn und seine erhabene Gemahlin und beten in dankbarer Erinnerung für ihn und für sie vor demselben Gnadenbilde, vor dem Beide im Leben so oft in Andacht versunken ihre Gebete zum Himmel emporgeschickt haben.

In der stillen Kaisergruft zu Wien hat man erst unlängst auch den Leichnam unserer heißgeliebten Kaiserin Elisabeth zur ewigen Ruhe beigesetzt. Auch ihr Name steht im Hietzinger Pfarrgedenkbuch eingetragen unter der Zahl derer, die das Gotteshaus daselbst oft und gerne besuchten.

Es war im Herbst des Jahres 1859 und im Sommer des Jahres 1860, als Ihre Majestät fast täg­lich um 10 Uhr bei der heiligen Messe in der Kirche zu Hietzing erschien. Nur von einer einzigen Hofdame be­gleitet nahm sie mitten unter dem Volke Platz, und zwar im Schiffe der Kirche, auf der Evangelienseite im zweiten Kirchenstuhle rechts. (Pfarrgedenkbuch von Hietzing, pag. 116.) Jetzt ist auch sie aus dem Kreise der Lebenden ge­schieden und schlummert sanft an der Seite ihres geliebten Sohnes, der ihr in der Blüte seiner Jahre im Tode voranging.

Zur selben Stunde, als man die irdische Hülle der Kaiserin in der altehrwürdigen Kaisergruft bei den Capuzinern zur ewigen Ruhe beisetzte und die Glocken von den Türmen herab ein wehmütiges Klagelied über den so unvermuteten Heimgang der großen Frau an­stimmten, füllte sich auch das stille, freundliche Kirchlein zu Hietzing mit zahlreichen Besuchern und Besucherinnen. Die schwarzen Kleider, die tiefbetrübten Mienen und die verweinten Augen ließen keinen Zweifel aufkommen, welches der Grund ihres Kirchenbesuches sei – sie kamen, um für ihre tote Kaiserin zu beten. Niemand hatte sie dazu besonders aufgefordert – dem Zuge ihres Herzens folgend, waren sie von selber gekommen.

Es war eine stille, bescheidene, aber überaus schöne und rührende Kundgebung der Liebe und Anhänglichkeit an die hohe Frau und an das allerhöchste Kaiserhaus, und es ist gewiss, dass die Seufzer und Bitten aus so vielen treuen Herzen nicht unerhört geblieben sind von jener gnadenreichen Mutter, die wir als „Trösterin der Betrübten“ so oft im Leben anrufen und preisen.

Doch kehren wir wieder zurück zur weiteren Be­schreibung unserer Schatzkammer. Mit der Aufzählung der Paramente sind wir so ziemlich fertig geworden, es wäre höchstens das Eine noch am Platze, dass wir zur Vervollständigung des bereits Aufgezählten noch die Geschenke einiger hoher Wohl­täterinnen erwähnen, als da sind: Ein Baldachin für das Fronleichnamsfest von der Gräfin Jeanette Esterhazy, (FN: Roter schwerer Samt, mit kostbaren Goldborten. Wurde zum erstenmale 1857 bei dem Fronleichnamsfeste ver­wendet, an welchem Se. k. Hoheit Erzherzog Franz Carl teilnahm. (Pfarrbuch von Hietzing, pag. 10S.) ein Antipendium von derselben Gräfin, (FB: Schwerer roter Samt und Goldstickerei. Gespendet 1858. Pfarrbuch pag. 113.) ein goldgesticktes Vorgehänge zur Aussetzung des hochw. Gutes von Frau Baronin Wattmann, (1858 geschenkt. Pfarrbuch pag. 113.) ferner ein Altarteppich von der Frau Gräfin Kalnoky, (1859 geschenkt. Pfarrbuch pag. 113.) ein schwarzes Messkleid von der Gräfin Emmanuela Festetits (1860 geschenkt. Ebenda pag. 117.) und ein weißes Messkleid von Ihrer Excellenz der Gräfin Moriz Esterhazy, geborenen Lobkovic (1865 geschenkt. Ebenda pag. 135.) u. s. w.

Wenden wir uns nunmehr der Besprechung jenes Teiles der Schatzkammer zu, in dem die Gegenstände aus Edelmetall, aus Gold oder Silber aufbewahrt werden. Nach den Aufzeichnungen des alten Schatzregisters war die Zahl der seinerzeit in der Schatzkammer zu Hietzing aufbewahrten Wertgegenstände keine geringe. (FN: Dieses Register wird ebenfalls demnächst im Monatsblatte des Wiener Alterthumsvereines erscheinen.) Gegenwärtig ist aber dieser Teil der Schatzkammer ziemlich dürftig ausgestattet, da fast alle Wertsachen an Gold und Silber zu Anfang dieses Jahrhunderts bei der allgemeinen Silberablieferung der Vernichtung an­heimfielen. Von den hauptsächlichsten Opfern an Gold und Silber haben wir im Verlaufe dieses Aufsatzes bereits gesprochen, ein ganzes, vollständiges Register des ehemaligen Besitzes hier an dieser Stelle anzuführen, wäre zu ermüdend, wir wollen uns also nur damit begnügen, dasjenige aufzuzählen, was gegenwärtig noch in der Schatzkammer erhalten geblieben und zu sehen ist.

Da sind vor allem Anderen die Trauringe Kaiser Leopold's I. und seiner zweiten Gemahlin Claudia Felicitas zu nennen, von denen wir bereits früher gesprochen haben. An diese schließen sich die Ringe Kaiser Joseph's II. und seiner Gemahlin Josepha von Bayern an. Auch von diesen Ringen war schon früher die Rede. Das Prunkstück der Schatzkammer ist gegenwärtig noch immer eine große Monstranze aus dem Ende des siebzehnten oder Anfang des achtzehnten Jahrhunderts, welche den wunderbaren Baum von Hietzing mit dem Muttergottesbilde vorstellt. Dieses, sowie Gott Vater und schwebende Engel in der Höhe, ferner die reichen Barock-Ornamente sind getrieben, die frei gearbeiteten Äste und Blätter des Baumes mit kaltem Email bemalt. In den Fuß eingesetzt erblickt man vier Plättchen von Maler-Email mit Darstellungen des Abendmahles, der Kreuz­tragung, der Kreuzigung und der Auferstehung. Der be­kannte Kunsthistoriker Dr. Albert Jlg meint, es habe deutlich den Anschein, dass eine Ideenassoziation zwischen dieser Baum-Monstranze und derjenigen im Stifte zu Klosterneuburg bestehe, welche die Schleierauffindung durch den heiligen Leopold vorstellt, und unter Propst Ernest Perger im Jahre 1714 durch den kaiserlichen Kammergoldschmied Johann Kanischbauer verfertigt worden war. (Siehe Dr. Alb. Jlg: „Die Pfarrkirche zu Hietzing bei Wien“, in den Mittheilungen der k. k. Centralcommission. B. XVIII, 1892, pag. 96. Über die Monstranz siehe: Carl Drexler: Das Stift Klosterneuburg, Wien 1894, pag. 158.) An beiden ist reicher Schmuck von Edelsteinen angewendet. Die Hietzinger Monstranze wurde jedoch nicht in Wien, sondern, wie die Marke des Stadtpyr anzeigt, in Augsburg gemacht und hat ferner das Zeichen des Goldschmiedes J. L. – Welcher Goldschmied unter dieser Marke verborgen ist, das können wir nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Vielleicht bezeichnet die Marke einen Abkömmling der berühmten Augsburger Goldschmiedfamilien der Lenker, der Lautterer oder der Lutz; aber das sind leider nur vage Vermutungen, Gewisses lässt sich darüber jetzt nicht mehr sagen. (Siehe Dr. Albert Jlg: „Die Pfarrkirche zu Hietzing“, pag. 96.)

Außer dieser Monstranz findet sich noch ein schöner silbervergoldeter Barockkelch vor, mit sechs Plättchen in gemaltem Email, welche zum Teile an der Cuppa, zum Teile am Fuße des Kelches angebracht sind. Die drei an der Außenwand der Cuppa angebrachten Plättchen enthalten Emblemata und Symbola mit Sprüchen. Die drei am Fuße des Kelches befindlichen Plättchen ent­halten die Bilder St. Leopold's, der die Chorherren unter der Führung ihres ersten Propstes Hartmann in das Stift Klosterneuburg einführt, ferner das Bild des heiligen Johannes Osterwicanus und das Bild des heiligen Petrus Fourerius, wie er die Kinder in den Wahrheiten des Glaubens unterrichtet. Laut der auf der Unterseite ange­brachten lateinischen Inschrift wurde der Kelch 1733 von den Chorherren des Stiftes Klosterneuburg dar­ gebracht. Die Inschrift lautet:

saeCVLo
bIs tertlo eLapso
saCrae aeDis CLaVstro
neobVrgl
CanonlCIs regVLarIbVs
traDItae.

Im Jahre 1133 wurde nämlich das Stift Klosterneuburg an die regulierten Chorherren übergeben. 1733 war der 600jährige Gedenktag dieses Ereignisses. Eine Marke ist nicht ersichtlich, doch dürfte man nicht fehlen, wenn man den Kelch für eine Wiener Arbeit anspricht. (Siehe Dr. Albert Jlg; „Die Pfarrkirche zu Hietzing“, pag. 96.)

Aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind uns ferner zwei sehr schöne, barocke silberne Reliquienschreine erhalten geblieben. Die Kirche besaß nämlich damals und besitzt auch heute noch viele Reliquien von Heiligen, leider sind aber die ehemaligen Einfassungen alle ab­handen gekommen, so dass dieselben nur mehr in ein­fachen Kapseln aufbewahrt werden können. An Reliquien besitzt die Kirche einen Kreuzpartikel, ferner Reliquien von den Heiligen: Franciscus Seraph., Franciscus Xav., Johannes Rep., Antonius, Carolus Bor., Philippus Neri, Aloysius, Leopoldus ac. ac. (Register der Reliquien im Hietzinger Pfarrkirchen-Inventar vom Jahre 1850 und 1862.)

Aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist uns noch ein anderes, sehr prunkvolles und durch seine Seltenheit bemerkenswertes Stück erhalten geblieben. Es ist dies eine gewaltig große und dicke Kerze von weißem Wachs mit einer erhabenen farbigen Verzierung in so­ genannter gezwickter Arbeit. Diese Verzierung stellt einen rund um den Schaft der Kerze sich windenden Lorbeer­zweig dar, in dessen Blättern Medaillons mit den Bild­nissen habsburgischer Fürsten eingestreut sind. Von unten nach oben fortlaufend, lesen wir folgende, den einzelnen Bildern beigefügte Namen: Rudolph I., Albrecht I., Friedrich III., Albrecht II., Friedrich IV., Maximilian I., Carl V., Ferdinand I., Maximilian II., Rudolph II., Mathias, Ferdinand II., Ferdinand III., Leopold I., Joseph I., Carl VI. – Ein Medaillon enthält das Doppelporträt Maria Theresia's und ihres Gemahls Kaiser Franz I., zwei andere Medaillons enthalten die Bilder der jugendlichen Erzherzoge Carl und Joseph. Ein drittes Medaillon weist das Bild der Madonna mit dem Kinde auf, zwei Engel halten eine Krone über dasselbe.

Die Kerze ist jedenfalls eine Opfergabe der Kaiserin Maria Theresia. Schon Kaiser Carl VI. pflegte, wie wir gehört haben, alljährlich die sogenannte Mariä Lichtmess-kerze in Hietzing zu opfern. Das in der Schatzkammer be­findliche Prachtexemplar mag vielleicht eine solche Kerze sein, deren sich die Kaiserin am Mariä Lichtmess-Tage (2. Februar) bediente, und die darnach der Kirche von Hietzing übergeben wurde. Die große Schönheit und Kostbarkeit der Kerze mag die Ursache sein, dass man sie seinerzeit nicht verbrannte, sondern lieber in der Schatz­kammer verwahrte.

In ebendemselben Kasten findet sich ein Relief aus gelber Bronze vor, welches die Abnahme Christi vom Kreuze darstellt und als eine formschöne deutsche Arbeit des siebzehnten Jahrhunderts hier angeführt zu werden verdient.

Als ein kulturgeschichtlich nicht uninteressantes Dokument aus dem siebzehnten Jahrhundert, muss hier auch eine vergoldete Kupfertafel aus dem Jahre 1671 erwähnt werden, die früher in der Kirche angebracht war, und erst später in die Schatzkammer zur Auf­bewahrung kam. – In einer langen, gestochenen Inschrift spricht hier ein Wiener Goldschmied, Namens Hans Feyll, und dessen Ehegattin der Muttergottes von Hietzing den Dank dafür aus, dass sie ihren bisher stummen Sohn wieder redend gemacht habe. Derselbe wandte sich nämlich beim Verlassen der Kirche plötzlich an seine Mutter, und verlangte mit den Worten: „Gib mir ein Brod!“ etwas zum Essen.

(FN: In der Kirche zu Hietzing befanden sich ehedem un­gezählte Votiv- und Dankbilder. „Wir sehen ja noch täglich“, schreibt Augustin Ristl um die Mitte des achtzehnten Jahr­hunderts (Maria voll der Gnaden pag. 157), „dass auf den Altar gemalte Opfer- und Danktafeln gesetzet werden." – Alle in Hietzing auf Fürbitten der Muttergottes geschehenen Gebetserhörungen sind genau verzeichnet bei: Ernest Sauer, Maria Hiezingensis, Wien 1662, ferner bei: Augustin Ristl: Wunder und Andacht von und zu dem marianischen Gnaden­bild zu Hietzing, Wien 1717, und bei: Augustin Ristl, Maria voll der Gnaden zu Hietzing, Wien 1738 und 1759.)

Mit dieser Tafel schließt leider der ganze Besitz der Schatzkammer an Kostbarkeiten aus dem vergangenen achtzehnten Jahrhundert ab. Von Werthsachen, die der Kirche in diesem Jahr­hundert zugewendet wurden, wollen wir folgende er­ wähnen:

Zwei silberne Kronen für das Muttergottesbild der Kirche, welche nach den Aufzeichnungen des Pfarrbuches (Hietzinger Pfarrgedenkbuch, pag. 58.) im Jahre 1810 von einer Gräfin Chanclos mit dem Vorbehalte gespendet wurden, dass dieselben im Falle einer abermaligen Silberablieferung an die Gräfin selbst oder deren Familie zurückgestellt werden sollten.

Ferner: zwei Kronen aus Silber, vergoldet und mit Edelsteinen besetzt, ein Geschenk des fürstlichen Hauses Esterhazy aus dem Jahre 1817. (Kirchliche Topographie der Wiener Erzdiöcese, Wien, 1820, pag. 172.)

Außer diesen vier Kronen befinden sich in der Schatzkammer noch zwei Kronen, deren Spender nicht mehr bekannt sind. Die beiden Kronen, welche gegenwärtig das Haupt Mariens und ihres göttlichen Kindes in der Kirche schmücken, stammen aus dem Jahre 1829 und sind ein Geschenk der schon früher erwähnten Frau Josepha Hummel, welche anlässlich ihrer Vermählung mit einem gewissen Herrn v. Dreyhausen das Gnadenbild zu Hietzing mit einem aus Silber geschlagenen Gewände und zwei ebensolchen Kronen bedachte. (Inventarium der Pfarre Hietzing vom Jahre 1862, pag. 5.)

Aus dem Jahre 1832 besitzt die Schatzkammer zwei sehr schöne, silberne Messkännchen samt einer dazu ge­hörigen Tasse, auf welcher folgende Inschrift zu lesen ist: Erinnerung an den 28. December 1832. Gewidmet von M. A. K. v. U. Messkännchen und Tasse sind ein Ge­schenk der nachmaligen Kaiserin Maria Anna. 1832 war sie noch Königin von Ungarn. Sie spendete damals die Messkännchen anlässlich der glücklich überstandenen Krank­heit ihres königlichen Gemales Ferdinand des Gütigen. (Pfarrbuch v. Hietzing, pag. 69.)

Am 12. August 1867 überbrachte Herr Wilhelm Baron Lederer, k. k. Major, ein Collier von Gold mit Topasen besetzt als Vermächtnis seiner verstorbenen Schwiegermutter, der Frau Elise v. Czerny, zu Ehren der Muttergottes. (Ebenda pag. 142.)

In der Nacht vom 5. auf den 6. Jänner 1869 wurde in der Kirche der Tabernakel erbrochen und eine Monstranz samt zwei Ciborien geraubt. (Ebenda pag. 149.) An Stelle der geraubten Monstranz ließ der damalige Pfarrer Ambros Rösner eine neue, 112 Loth schwere, silberne und vergoldete Monstranze herstellen. Baronin Helene Malfatti spendete dazu ein mit Rubinen besetztes Kreuz und Herz, der Prälat von Klosterneuburg und andere Wohltäter spendeten zusammen 400 fl., und so kam jene Monstranz zustande, welche jetzt für gewöhn­lich im Tabernakel steht und beim Gottesdienste zur Aufbewahrung des hochw. Gutes verwendet wird. (FN: Pfarrbuch v. Hietzing, pag. 150. Die Monstranz ver­fertigte Herr Friedrich Dorschei, Wien. Strozzigasse 41. Zum erstenmale wurde sie gebraucht am Fronleichnamsfeste 1809.) Auch die geraubten Ciborien wurden damals durch neue ersetzt, die noch heute im Gebrauche sind.

Außer dieser hier besprochenen Monstranze besitzt die Schatzkammer noch zwei andere Monstranzen, eine kleinere aus Silber (Die Firma „Mayer's Söhne“, Wien, Slephansplatz 1, ist die Herstellerin dieser Monstranz.), und eine große, sehr reiche Monstranz, bei der es leider sehr zu bedauern ist, dass der Kunstwert im Vergleiche zum materiellen Wert gleich Null ist. – Am Fuße der Monstranze ist ein Silberplättchen angebracht, worauf die Worte: „Leopoldine Fürstin Palm, geb. Gräfin Abensperg-Traun, † 22. März 1883“ zu lesen sind. Diese Monstranz wurde auf Kosten Ihrer Excellenz der Frau Gräfin Ludmilla Schöller hergestellt, die kost­baren Diamanten, womit die Monstranz förmlich übersät ist, stammen von einem der Fürstin Palm ehemals zu­ gehörigen Malteserkreuze. Am 14. November 1883 wurde die Monstranz der Pfarrkirche zu Hietzing übergeben, mit dem Wunsche, dieselbe möge an allen Hauptfesten des Kirchenjahres und auch am Feste des heiligen Leopold (15. November) beim Gottesdienste gebraucht werden. (Pfarrbuch v. Hietzing, pag. 169.)

Unter den übrigen Weihgeschenken wollen wir noch eine große, dicke Kerze erwähnen, welche im Jahre 1857 der Primas von Ungarn, Cardinal Scitovszky nach Hietzing opferte. Oben trägt sie die Inschrift: Isten dicsöségere s. a. Boldogságos Szüz Mária tiszte-letére. – In der Mitte sind die Bilder von Gran und Mariazell eingefügt, ferner ein Bild der heiligen Maria mit dem Kinde und das Wappen des Cardinals. Im unteren Theile der Kerze ist eine Widmungsschrift ange­bracht, von der aber fast nichts mehr zu lesen ist, als der Name des Cardinals, Scitovszky – Janos.

Damit können wir nun füglich die Beschreibung der in der Schatzkammer befindlichen Gegenstände beschließen. Die sonstigen Weihgeschenke – silberne Hände, Füße, Herzen u. s. w. – sind zu unbedeutend, als dass sie hier besonders angeführt zu werden verdienten.

XII.

Kehren wir also wieder zur eigentlichen Geschichte von Hietzing zurück.

Das letzte Ereignis, von dem wir gesprochen haben, war die Vermählung Kaiser Joseph's II. mit der Prinzessin Josepha von Bayern. Es waren rauschende Festlichkeiten, welche damals Anlässlich dieser Vermählung in Wien selbst und in der nächsten Umgebung veranstaltet wurden. Auch die Kaiserin Maria Theresia beteiligte sich ziemlich häufig daran, die Heirat ihres Sohnes hatte sie froh gestimmt. Allein gar bald sollte die Freude einer tiefen Trauer Platz machen. Am 18. August 1765 starb nämlich Kaiser Franz, der Gemahl Maria Theresia's plötzlich und unvermutet zu Innsbruck. (Auf dem Altare, der zu Fronleichnam vor dem so­ genannten Kaiserstöckl in Hietzing errichtet wird, steht in der Mitte ein Crucifix, eine Nachbildung des Donner'schen Kreuzes in der Wiener Hofcapelle. Vor diesem Kreuze verrichtete Kaiser Franz I., der Gemahl Maria Theresia's täglich seine Morgen- und Abendandacht. (Schmidt: Wiens Umgebungen, 13. Band, pag. 34.))

Es war ein furchtbarer Schlag für die arme Kaiserin, die an ihrem erhabenen Gemahl mit einer geradezu abgöttischen Liebe hing, und man kann sagen, dass sie sich von diesem Schlage nie wieder erholt hat. Sie war damals noch eine stattliche Frau von 47 Jahren, als ihr kaiserlicher Gemahl starb, aber Leben und Welt hatten fortab für sie jeglichen Reiz verloren. Sie lebte in völliger Zurückgezogenheit, legte nie mehr die Trauer ab, sondern ging immer schwarz gekleidet, trug eine Haube von schwarzem Krepp, die tief in die Stirne hineinreichte und legte bei keiner Gelegenheit mehr Juwelen oder sonstigen Schmuck an.

Wie ernst sie ihren Witwenstand auffasste, davon geben jene rührend demütigen Ausschreibungen in dem Gebetbuche Zeugnis, welches die Kaiserin ihrer geliebten Tochster Christina vermachte. Da lesen wir von der Kaiserin eigenhändig geschrieben folgende herrlichen Sätze:

„Der Witwenstand ist eine Buß, eine Zubereitung zum Todt. Soll 4 Hauptpuncten in sich enthalten: 1. öftere Genießung deren heiligen Sacramente, 2. gewisse maß der münd- und innerlichen Gebeter, 3. Lesung öftere, geistlicher Bücher, 4. Uebung. Werk der Barmherzigkeit, Abtötung, Buß, Lesungen alt und neu Testament, heilige Väter, Kirchengeschichte, Leben der Heiligen. Vor eine Witwe gehören besonders die Psalm, die Preis Salomonis, aus dem Weisen man die Verachtung der Welt, aus dem Buch Hiob die Geduld, die 4 Evan­gelien, die Sendschreiben und Geschicht der Apostel tief sich in das Herz drucken, endlich auch die 5 Bücher Mosis und die Propheten, keinen Tag vorbei gehen lassen, ohne etwas zu lesen. Die anderen Gattungen deren Lesungen: die heiligen Väter und Schriftsteller Cypriani, Athanasii, Hilarii zur Erhaltung der Andacht: Franciscus de Salis, Alvarez, Pinamonti, Spinola, gänzliche Uebergebung einer Wittbe in den Willen Gottes. – Der Ver­lust ihres Gemahls soll ihrer Seele Bräutigam seyn, machen ihr die Kinder Unlust, soll Gott der Schidsmann seyn, hat sie Unlust vor Verwandten ist Gott ihr innerster Freund, wird sie vor Gericht berufen, Gott ihr Richter, in Verachtung Gott und ihr gutes Gewissen ihre Ehre, in Armuth ihr Vater, in Krankheit ihr Arzt, in Gewissensängsten Gott ihr Tröster, ja ihr Alles in Allem.“ (Moriz Bermann: Maria Theresia und Kaiser Joseph II.,
pag. 764.)

1767 traf das allerhöchste Kaiserhaus ein neuer Schlag. Es war am 21. Mai, als die Gemahlin Kaiser Joseph's II. an den Blattern erkrankte, und zwar in der gefährlichsten Art. Am 22. Mai übersiedelte der allerhöchste Hof nach Schönbrunn. (Altes Pfarrbuch von Hietzing 1767, 22. Mai: Heute ist die junge Hofstatt von Wien in Schönbrunn angekommen, weil Ihre kaiserl. königl. Majestät Josepha. Joseph II. Ehegemalin in eine tödtliche Krankheit der Blattern verfallen ist. Auch Ihro Majestät die Kaiserin Königin Maria Theresia unser allergnädigste Landesfrau haben diese Krankheit ererbet.) Maria Theresia und Kaiser Joseph II. kehrten aber alsbald wieder in die Burg zurück, um die kranke Frau nicht zu verlassen. Um jede Ansteckung zu verhüten, wurde alle Verbindung mit Schönbrunn, wo selbst die übrigen Glieder der kaiserlichen Familie zurück­ geblieben waren, abgebrochen.

Noch am selben Abend aber bekam auch die Kaiserin Maria Theresia die Blattern. Bei der Gemahlin Josephs II. nahm die Krankheit so rasch zu, dass die Ärzte nicht viel Tröstliches sagen konnten und man ihr die heiligen Sterbesakramente reichen musste. Bei Hof und in der Stadt war alles in höchster Bestürzung. Alle Schauspielhäuser wurden geschlossen, in den Kirchen wurde das hochwürdigste Gut ausgestellt, und in der Stadt und in den Vorstädten strömte Alles in die Kirchen. Auch in Hietzing war die Kirche tagsüber von Betenden überfüllt. Die Erzherzoge und Erzherzoginnen, sowie deren Hofstaat kamen von Schönbrunn aus täglich zweimal in die Kirche, auf ihren Wunsch wurde auch drei Wochen lang täglich von 10 bis 11 Uhr Vormittags das hochwürdigste Gut ausgesetzt und in ihrer Anwesenheit eine Betstunde abgehalten, die Pfarrgemeinde von St. Veit kam sogar in großer Prozession, um für die Genesung der Kaiserin zu beten. (Altes Pfarrgedenkbuch von Hietzing, Jahrgang 1767.)

Bald stellte sich heraus, dass die Art der Krankheit für die Kaiserin Maria Theresia weniger gefährlich sei als bei ihrer Schwiegertochter Josepha. Bei dieser erschöpften sich leider die Kräfte immer mehr und mehr, und die arme junge Frau starb nach siebentägiger Krankheit am 28. Mai 1767 um 6 Uhr Früh. Sie hatte ihre schwere Krankheit mit der größten Geduld ausgestanden bis sie endlich recht sanft und ruhig im 28. Jahre ihres Alters im Herrn entschlief. Im alten Pfarrbuch von Hietzing finden wir über ihren Tod folgende kurze Notiz: „1767 am 28. May ist selig in dem Herrn verschieden Josepha, Josephi II. Ehe­gemahlin, welche allezeit eine besondere Andacht – auch in der Winterszeit – gegen unseren Gnadenort gezeiget hat.“

Außer der Kaiserin Maria Theresia war auch noch gleichzeitig die Erzherzogin Maria Christina an den Blattern erkrankt. Biel Kummer und Sorge herrschte im ganzen Lande. Umso größer war aber auch der Jubel und die Freude, als die Kaiserin und ihre liebe Tochter endlich wieder gesund wurden und die Nachrichten ihrer Wiedergenesung bis in die entlegendsten Teile des Reiches drangen.

Am 14. Juni hielt der Cardinal von Wien, Christoph Anton Graf von Migazzi in der Stephanskirche den ersten großen Dankgottesdienst für die erlangte Gesundheit der Kaiserin ab. Ein Patent, welches am selben Tage erschien, sprach allen Untertanen den Dank und die Freude der Kaiserin für das anlässlich ihrer Krankheit bewiesene Beileid aus.

Alles wetteiferte jetzt, um seiner Freude über die erfolgte Wiedergenesung der Herrscherin irgendwie Aus­druck zu verleihen. In allen Kirchen der Stadt wurden Dankgottes­dienste gehalten, und es war kein Rang und kein Stand, der nicht in irgend einer besonderen Weise daran teilgenommen hätte. Auch in der Kirche zu Hietzing folgte ein Dank­gottesdienst dem anderen. (Siehe: Pfarrgedenkbuch von Hietzing, Jahr 1767.)

Schon am 13. Juni war die Gemeinde von St. Veit in feierlicher Procession nach der Gnadenkirche von Hietzing gekommen, um Gott für die erlangte Gesundheit Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin zu danken.

Am 14. Juni ließ die Erzherzogin Maria Elisabeth daselbst ein Dankamt mit dem ambrosianischen Lobgesang abhalten. Die heilige Messe zelebrierte mit großer Assistenz der damalige Prälat des Stiftes Klosterneuburg, Gott­fried de Rollemann, die Musik stellte die Hofcapelle bei, den Ornat besorgte das Stift Klosterneuburg, und zwar kam damals der sogenannte Leopoldi-Ornat in Ver­wendung, der prächtigste Ornat, den das Stift Kloster­neuburg besitzt. (FN: Propst Ernest Perger hatte diesen Ornat im Jahre 1736 anlässlich der Feier des 600jährigen Bestandes des Stiftes
Klosterneuburg angeschafft. (Abgebildet ist er bei Carl Drexler: Das Stift Klosterneuburg, pag. 175.))

Am 15. Juni ließ die Schlosshauptmannschaft von Schönbrunn einen Dankgottesdienst in Hietzing abhalten. Das Hochamt zelebrierte der Abt von Seitenstetten, Dominik Gyßmann, die Assistenz besorgte die Hofgeistlichkeit, die Musik stellte das kaiserliche Waisenhaus in Wien bei.

Am 16. Juni hielt auf Veranlassung des damaligen Schlossinspektors Hofkaplan Schobinger einen Dankgottes­dienst ab.

Am 17. Juni ließen die Kammerheizer, am 19. Juni die Tapezierer und Zimmerwärter ein Dankamt abhalten.

Am 25. Juni hielt die Gemeinde Hietzing das feier­liche Lobamt für die wiedererlangte Gesundheit Ihrer Majestät der Kaiserin ab, am 28. Juni kam die ganze Schönbrunner Schlossdienerschaft nach Hietzing in die Kirche, um Gott dem Herrn den schuldigen Dank für die Wiedergenesung ihrer Herrin zu sagen.

Leider aber sollte das allerhöchste Kaiserhaus noch vor Ablauf des ereignisreichen Jahres 1767 abermals von einer schweren Prüfung heimgesucht werden. Wir lesen darüber im Hietzinger Pfarrbuch Folgendes:

„5. October 1767: Heut haben Ihro königl. Hoheiten Maria Elisabetha, Charlotta, Ferdinand, Maxi­milian und Antonia von Schönbrunn mit größtem Leid­wesen sich in die Burg begeben, weilen Ihro königl. Hoheit Maria Josepha in eine tödtliche Krankheit deren Blattern verfallen ist. Sowohl der kaiserl. Hof als das gemeine Volk trugen ein sehr großes Leydwesen gegen dieser so frommen Frau, weillen dieselbe von Ihro königl. Majestät Ferdinands IV. beyder Sicilien König als eine Braut erkiesen worden, auch viele und prächtige Solemnitäten zu dieser so freudenvollen Verbindung gehalten worden, ja sogar der 14. Tag Octobris zu Ihro Vermählung und der 15. Octobris zu Ihro Abreiß nacher Neapel bestimmet.“

Erzherzogin Maria Josepha, welche damals gerade 16 Jahre alt war, wurde am 8. September 1767 mit Ferdinand IV., König beider Sicilien, verlobt und sollte demselben am 14. Oktober zu Neudorf in dem nach­maligen erzbischöflichen Sommerpalais durch Vollmacht vermählt werden, wobei ihr Bruder, Erzherzog Ferdinand, als Stellvertreter des königlichen Bräutigams zu fungieren bestimmt war. Alle Vorbereitungen zur Hochzeitsfeier waren bereits getroffen und der Tag der Abreise nach der Vermählung für den 15. Oktober festgesetzt.

In der Zeit zwischen ihrer Verlobung und ihrer Abreise von Wien besuchte die Erzherzogin noch einmal die Kaisergruft bei den Capuzinern in Wien, um am Sarge ihres verstorbenen kaiserlichen Vaters zu beten. Gleich nach ihrer Rückkehr fühlte sich aber die Erz­herzogin sehr unwohl und musste sich zu Bette legen. Die Krankheit nahm leider einen sehr schlimmen Verlauf und am 15. Oktober, also an demselben Tage, an dem sie ihre Reise nach Neapel hätte antreten sollen, war die jugendliche Erzherzogin eine Leiche. Das Pfarrbuch von Hietzing enthält darüber folgende Notiz.

„15. October 1767: Heut ist die gottselige Frau (Maria Josepha) in dem Herrn entschlafen und wurde aus einer irdischen Braut eine himmlische Braut. Nach deren Todt hat sich anheut noch der ganze übrige kaiserl. und königl. Hofstaat in die Burg begeben. Der Leichnam dieser so frommen Frau wurde mit vielen Kerzen beleuchtet in der Hof-Capellen durch zwey Täg ausgesetzet, allwo viele heilige Messen gelesen, und endlich den 18. Octobris von Schönbrunn in Begleitung vieler Hof­wägen, in welchen ihre Hofdamen und andere Hofleut gesessen, zu den Capuzinern zur Begräbnus geführet.“

Kaiserin Maria Theresia überstand auch diese schwere Prüfung, ihre große Frömmigkeit und ihr außerordentlich gläubiges Gemüt hatten sie auch diesmal bei Gott Trost und Stärke finden lassen in ihrem schweren Kummer. Ihr Gesundheitszustand blieb fortab ein guter fast bis an das Ende ihres Lebens, und ohne zu ermüden wid­mete sie alle Kräfte ihres Leibes und ihrer Seele der gewissenhaftesten Erfüllung ihrer Pflichten.

Am 18. jedes Monats fand sie sich in der Früh bei den Capuzinern ein, um am Sarge ihres verewigten Gemahls zu beten. Den Monat August, in welchem Kaiser Franz gestorben war, brachte sie alljährlich für sich allein in tiefster Weltabgeschlossenheit zu. Schönbrunn und Hietzing blieben aber nach wie vor ihre Lieblingsaufent­haltsorte. Sinnend und vor sich herträumend saß die Kaiserin oft auf dem großen Altan der Gloriette, von wo aus sich dem Beschauer einer der entzückendsten Aus­blicke über den Garten und das Schloss von Schön­brunn bis weit nach Wien hinein darbietet, oft kam sie auch nach Hietzing in ihr geliebtes Kirchlein und brachte viele Stunden in heißem Gebete vor dem marianischen Gnadenbilde zu.

Leider sind aber die pfarrlichen Aufzeichnungen des Hietzinger Gedenkbuches gerade um diese Zeit herum außerordentlich dürftig, ganz kurz lesen wir nur immer beim entsprechenden Datum die Bemerkung: „Andacht der Kaiserin“, sonst nichts. Nur zweimal noch ist die Anmerkung im Pfarrbuch etwas größer. „Am 24. Juni 1769 – wird uns berichtet – hat sich Ihro königliche Hoheit Erzherzogin Maria Amalia als Braut mit dem Herzog von Parma, Ferdinand I., bey unserem Gnaden-Bild beurlaubt und ein weißes drap d’argent mit Gold gesticktes, von Ihr selbst gearbeitetes Cibori-Mantel zur Gedächtnus verehret.“

Die zweite Notiz erzählt, dass Se. k. Hoheit Erz­herzog Ferdinand im Jahre 1771 sich der geistlichen Exercitien durch längere Zeit zu Hietzing unterzogen habe, bevor er von Wien nach Mailand als Bräutigam der Herzogin Maria Beatrix Riccarda von Este ab­gereist ist.

Damit schließen leider die erhaltenen pfarrlichen Aufzeichnungen aus den Achtziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Kaiserin Maria Theresia starb zu Wien am 29. No­vember 1780. Sie war eine der eifrigsten und an­dächtigsten Verehrerinnen der Muttergottes von Hietzing, und ihr Name wird mit der Geschichte des Hietzinger Gotteshauses für immer auf's unzertrennlichste verbunden bleiben.

Pfarrgeschichte aus „Unsere Heimat“ 1929

In der Folge wird die Orts- und Pfarrgeschichte wiedergegeben, wie sie in „Unsere Heimat“, Neue Folge Jahrgang II., 1929, Nr. 3 des Monatsblattes des Vereines für Landeskunde und Heimatschutz von Niederösterreich und Wien veröffentlicht wurde.

I. Errichtung der Pfarre

Der Ort Hietzing verdankt seine Erhebung zur selbstständigen Pfarre den durchgreifenden Reformen, die Kaiser Joseph II. bald nach seinem Regierungsantritt in Bezug auf die Einteilung der Bistümer und Pfarreien in seinen Erblanden vornahm. Um nämlich den verschiedenen im Lauf der Zeiten von selbst eingetretenen Missständen bezüglich der Seelsorge auf dem Lande abzuhelfen, begann der Kaiser bald nach seinem Regierungsantritt eine neue Einteilung der Diözesen vorzunehmen, indem der allzu große Diözesen in kleinere Bistümer auflöste und auch die Zahl der vorhandenen Pfarreien um ein Bedeutendes vermehrte.

Schon am 9. März 1781 hatte der Kaiser in einem Handschreiben an den obersten Kanzler Grafen Blümegen bemerkt: „Da ich näher überdacht habe dasjenige, was wegen zukünftiger Einteilung  und neuer Errichtung von Bistümern vorteilhaft sein könnte, so ist mir folgendes beigefallen, nämlich es ist ganz sicher, dass es nicht auf die große Anzahl der Bistümer, sondern auf die hinlängliche Anzahl guter Pfarrer ankommt und dass die Bischöfe ihre Diözesen nur dergestalt verteilt haben müssen, dass sie dieselben übersehen können.“ (Wiener Diözesanblatt 1897, pag. 188)

Am 10. Oktober 1782 erhielten sämtliche Herrschaften und Gemeinden den Befehl, genaue tabellarische Auskünfte ihrer Einwohnerzahlt, Entfernung der Filialorte und über den Gottesdienst behufs Errichtung der neuen Pfarren zu geben.

Auch die Gemeinde Hietzing, die damals noch keine selbstständige Pfarre bildete, sondern als Filiale nach Penzing eingepfarrt war, bewarb sich bei dieser Gelegenheit um die Erhebung zur selbstständigen. Allein der erste Bescheid, der am 25. Oktober vom höchsten Hof herabgedieh und der am 28. November 1783 durch das fürsterzbischöfliche Konsistorium dem Prälaten Floridus Leeb von Klosterneuburg als dem Grundherrn und Patron von Hietzing übermittelt wurde, lautete abschlägig. Es hieß darin: „Das Gesuch der Gemeinde Hietzing wegen Errichtung einer eigenen Pfarre könne nur diesmal nicht bewilligt werden, da ihr die Direktivregeln, die bei Errichtung von neuen Pfarren maßgeblich sind, nicht zustatten kommen, doch solle der Gemeinde ihre bisherige Kirche und ihr Gottesdienst weiter belassen bleiben, da der Bestand dieser Kirche sowie der darin stattfindende Gottesdienst den ergangenen kaiserlichen Verordnungen in keiner Weise widerstreiten. (Fußnote dazu: Konsistorialarchiv Wien, Faszikel Hietzing: Einrichtung der Pfarre. Die Kirche von Hietzing ist nämlich uralt und befand sich schon seit dem Jahre 1253 im Besitze des Stiftes Klosterneuburg. Siehe Dr. Pauker: „Die Pfarrkirche von Hietzing“, Wien 1899.)

Die in einem Hofdekret vom 12. September 1782 erlassenen Direktivregeln waren nämlich folgende:

  • Die Errichtung einer Pfarre oder Lokalkaplanei ist notwendig, wo die Pfarrkinder entweder durch Wasser oder hohes Gebirge oder durch Schnee im Winter und üble Wege zu ihrer Pfarrkirche schwer kommen können oder gar von ihr getrennt werden.
  • Wo die Entfernung über die Stunde Weges beträgt.
  • Wo die Gemeinde über 700 Personen stark ist; es wären denn solche Gegenden, wo die katholischen gemischt mt anderen Religionsverwandten wohnen, in welchem Falle auch eine mindere Anzahl, und zwar auch 500, auch allenfalls weniger Personen, hinlänglich wäre, weil in diesen Orten der Unterricht im Glauben und die Pflege in der Seelsorge wegen des Abfalles noch notwendiger ist.
  • Verdienen jene Ortschaften eine Berücksichtigung, die mit einer Kirche versehen sind und dokumentarisch nachweisen können, dass sie schon in älteren Zeiten einen Pfarrer oder einen Seelsorger gehabt haben und wo schon einiger Fundus zur Unterhaltung eines Geistlichen vorhanden ist.
  • Eine andere Zu- und Einteilung der Pfarren ist notwendig, wo der Pfarrer, um seinen Pfarrkindern die seelsorglichen Pflichten zu leisten, durch eine fremde Pfarre gehen muss; oder wo ein Pfarrer in einem mit einem Seelsorger ohnehin versehenen Ort Pfarrkinder hätte, folglich eine Vermischung mehrerer Pfarreien in dem nämlichen Ort obwaltete; oder endlich, wo die Pfarrkinder in eine Kirche beträchtlich näher, in ihre eigene aber viel weiter oder einen beschwerlichen Weg hätten. (Wiener Diözesanblatt 1897, pag. 188).

Alle dies hier angeführten Direktivregeln kamen natürlich dem Ansuchen der Gemeinde Hietzing um Erhebung zu einer selbstständigen Pfarre nicht zustatten, weshalb auch das erste Gesuch abschlägig beschieden wurde. Nichtsdestoweniger erreichten die Bewohner Hietzings dennoch ihr Ziel, und zwar durch das zusammentreffen einer Reihe von Umständen, die zweifellos für die Pfarrgeschichte des Ortes nicht ohne Interesse sind.

Zwischen der Pfarre Penzing und dem Stifte Klosterneuburg bestand nämlich schon seit undenklichen Zeiten ein ebenso langwieriger wie äußerst hartnäckig geführter Streit in Bezug auf die Exemption der in Hietzing befindlichen Kirche. (Siehe Dr. Pauker: Die Pfarrkirche von Hietzing, pag. 97)

Zwar hatte Kaiser Josef II. mittels eines Hofbescheides vom 24. Dezember 1782 die Exemption dieses Gotteshauses für aufgehoben erklärt und dadurch den zwischen dem Wiener Bistum und dem Stifte Klosterneuburg obwaltenden Differenzen ein Ende bereitet, allein der damalige Pfarrer von Penzing, Anton Kick, gab sich damit nicht zufrieden, sondern hätte es gern gesehen, wenn die Kirche zu Hietzing gänzlich gesperrt und samt dem daran haltenden Benefizium seiner Pfarre einverleibt worden wäre. Zu diesem Behufe machte er zunächst eine anonyme Eingabe an die k. k. n.-ö. Regierung, worin er unter dem Titel eines „der Kirche und dem Staate getreuen Untertanen“ sich darüber beschwerte, dass die Kirche zu Hietzing während des pfarrlichen Gottesdienstes zu Penzing offenstehe, darin an Sonn- und Feiertagen Gottesdienst und Predigt gehalten werde, dass nachmittags der Segen stattfinde, dass ein angekleidetes Gnadenbild ausgestellt sei und infolgedessen die Leute alle nach Hietzing gehen, anstatt den Pfarrgottesdienst in Penzing zu besuchen. Als erschwerenden Umstand fügte er noch bei, dass in Hietzing unter dem Gottesdienste das Herrenwirtshaus, das Kaffeehaus und andere Gastwirtschaften offen stehen, dass auf dem Platze vor der Kirche eine Lebzelthütte und andere Standeln stehen und dass infolgedessen die Leute gern nach Hietzing gehen, weil sie es viel bequemer wie in Penzing haben, denn sie können dort beten, essen und trinken, ganz nach ihrem Belieben. Mithin – so schloss der Pfarrer seine anonyme Anzeige – wäre es unstreitig das Beste, die Kirche in Hietzing ganz einfach zu sperren, wenigstens würde künftighin der Penzinger Pfarrgottesdienst keine Einbuße erleiden. (Konsistorialarchiv von Wien, Faszikel Hietzing: Einrichtung der Pfarre.)

Diese anonyme Zuschrift wurde natürlich dem Konsistorium und ebenso dem Prälaten von Klosterneuburg zur Meinungsäußerung übermittelt. Der letztere war in Bezug auf die Person des anonymen Briefschreibers keinen Augenblick im Zweifel und gab dieser seiner Vermutung in dem vom 18. Juli 1785 datierten Antwortschreiben an die Regierung auch ganz unverhohlen Ausdruck. (Konsistorialarchiv von Wien, Faszikel Hietzing: Einrichtung der Pfarre.)

Was die von Seiten des Pfarrers vorgebrachten Beschwerden selbst anbelangt, so berief sich der Prälat in seiner Erwiderung zunächst auf den vorhin zitierten Hofbescheid vom 25. Oktober 1783, wonach der Gemeinde das Recht, die Kirche offen zu halten und den Gottesdienst ungestört feiern zu dürfen, ausdrücklich zugestanden wurde. Der Prälat wies ferner nach, dass der Hietzinger Gottesdienst mit dem pfarrlichen Gottesdienste zu Penzing, was die Zeit anbelangt, keineswegs kollidiere, jedermann also ganz gut in Hietzing die Kirche besuchen könne, ohne in Penzing den Pfarrgottesdienst vernachlässigen oder versäumen zu müssen. Was die über den Hochaltar der Hietzinger Kirche befindliche Muttergottesstatue anbelangt, so widerstreite sie in nichts den in Bezug auf kirchliche Bilder erlassenen Verordnungen. Die Behauptung endlich, dass in Hietzing während des Gottesdienstes die Wirtshäuser und ähnliche Lokale offen ständen, müsse entschieden als böswillige Verleumdung zurückgewiesen werden, wie überhaupt die ganze Beschwerde des Pfarrers nur als ein Ausfluss böswilliger Gesinnung in Betracht kommen könne.

Auch das Konsistorium war keinen Augenblick über die Person des anonymen Beschwerdeführers im Zweifel und zitierte alsbald nach dem Eintreffen der Antwort des Klosterneuburger Prälaten den Pfarrer Anton Kick zur Rechtfertigung. Der Pfarrer konnte bei seiner Einvernahme den Ausführungen den Klosterneuburger Prälaten nichts Stichhaltiges entgegensetzen, verlangte aber schließlich, um vielleicht doch in dieser Sache eine Änderung in seinem Sinne herbeizuführen, es möge in Hietzing entweder überhaupt kein Gottesdienst oder aber dieser nicht nur während des Sommers, wie bisher, sondern auch im Winter, und zwar zu wechselseitiger Stunde mit der Pfarre in Penzing abgehalten werden. (FN: Die Kirche von Hietzing war nämlich damals eine Wallfahrtskirche und bei der Abhaltung des sommerlichen Gottesdienstes war natürlich der Andrang der Wallfahrer in erster Linie maßgebend. Im Winter, wo keine Wallfahrer nach Hietzing kamen, fand naturgemäß auch eine Vereinfachung des Gottesdienstes von Seiten der hier angestellten Klosterneuburger Stiftsgeistlichen statt.)

Das Konsistorium trug dem Wunsche des Pfarrers insofern Rechnung, als es jetzt an den Prälaten von Klosterneuburg folgende Anfragen stellte:

  1. Ob er geneigt sei, den Gottesdienst in Hietzing durch seine dort angestellten Geistlichen das ganze Jahr hindurch abhalten zu lassen, und
  2. ob er damit einverstanden sei, dass in betreff der Stunde des abzuhaltenden Gottesdienstes mit Penzing ein gegenseitiges Übereinkommen getroffen werde?

Der Prälat erklärte sich dazu sehr gerne bereit, worauf von Seiten des Konsistoriums am 5. August 1785 folgender Bericht an die k. k. n.-ö. Regierung abging: Das Konsistorium halte dafür, dass die Kirche in Hietzing nach wie vor zur Abhaltung des Gottesdienstes geöffnet bleibe, um so mehr, als von nun an der Gottesdienst in Hietzing an Sonn- und Feiertagen das Jahr hindurch um 10 Uhr abgehalten werden wird, während in Penzing der pfarrliche Gottesdienst um 9 Uhr stattfindet, somit dem Wunsch des Pfarrers nach einer ordnungsgemäßen Abwechslung des Gottesdienstes zwischen den beiden Nachbargemeinden in jeder Richtung Rechnung getragen erscheine.

Damit war die Sache scheinbar zu Ende. Allein der Pfarrer von Penzing hatte unterdessen schon wieder eine neue Eingabe – diesmal allerdings nicht anonym – an die k. k. n.-ö. Landesregierung gemacht. (Konsistorialarchiv Wien, Faszikel Hietzing: Einrichtung der Pfarre.) In dieser Eingabe, die vom 14. November 1785 datiert ist, beschwert sich der Pfarrer Anton Kick über die allseitige Verminderung seiner Stolaeinkünfte und fährt dann weiter fort: „Wegen der Volksmenge, die sich weit über 2000 Seelen beläuft und wegen der vier Filialen (FN: Penzing besaß ursprünglich 7 Filialen. Durch die Josefinische Kirchenreform im Jahre 1783 gingen 3 verloren. Siehe Pauker: Die Pfarrkirche Hietzing.) muss ich zween Kapläne halten, wovon ich jedem nebst Kost, Heizung und Licht, 100 fl. geben und andere nötige Pfarrausgaben machen muss. Da nun mein Gehalt hiezu nicht ausreicht, so bitte ich eine hochlöbliche Landesregierung, die gnädige Fügung zu treffen und meine Einkünfte entweder zu vermehren oder mir zween Kapläne vom Religionsfonds herauszugeben.“ Jetzt aber kommt die Hauptsache, der Pfarrer schreibt nämlich weiter: „Dürfte ich einen untertänigsten Vorschlag machen, so bitte ich, folgendes zu erwägen: Ich verlange nicht mehr Gehalt, als ich habe, sondern suche nur anständig leben zu können und darum keine Kapläne erhalten zu dürfen. Hietzing aber ist meine Filiale, nicht eine halbe Viertelstunde von der Pfarre entfernt, auch ist allzeit leicht hin- und herüber zu kommen. Dort sind regulierte Chorherren von Klosterneuburg, die dermalen zur Aushilfe sich nicht brauchen lassen und nicht einmal bei der Nacht in Notfällen zu Kranken gehen. Von diesen  könnten nun die geprüften und tauglichen zugleich meine Kapläne sein, so dürfte mein Einkommen nicht vermehrt und vom Religionsfonds keine Geistlichen herausgegeben werden.“ ... Zum Schlusse bittet der Pfarrer noch für seine Filiale Breitensee um einen Kaplan, der vom Religionsfonds angestellt werden soll.

Die neuerliche Eingabe des Pfarrers wanderte naturgemäß wieder zunächst von der Regierung zum erzbischöflichen Konsistorium. Die kirchliche Behörde war über die neuerliche Behelligung nicht sonderlich erbaut und beschloss, dem leidigen Streit nunmehr ein- für allemal ein Ende zu bereiten. Zu diesem Behufe wandte sich das Konsistorium jetzt neuerdings an den Prälaten von Klosterneuburg mit der Anfrage, ob er bereit wäre, die Seelsorge in Hietzing, und allenfalls auch in Schönbrunn, durch seine in Hietzing befindlichen Stiftsgeistlichen zu versehen und die bisherige Filiale Hietzing zu einer selbstständigen Pfarre erheben zu lassen. (Konsistorialarchiv Wien, Faszikel Hietzing: Einrichtung der Pfarre.) Der Prälat erklärte sich dazu bereit und nun sandte das Konsistorium folgenden Bericht an die k. k. n.-ö. Landesregierung ab: Vor allem müsse das Vorgehen des Pfarrers als ein „wenig auferbauliches“ bezeichnet werden. Trotzdem nämlich, dass die kirchliche Behörde dessen erste Beschwerde berücksichtigt und den wechselseitigen Gottesdienst in Penzing und Hietzing geregelt habe, sei der Pfarrer doch unzufrieden und was er damals mit seiner ersten Eingabe nicht erreichen konnte, das suche er jetzt auf Umwegen zu erlangen, indem er das Ersuchen stellt, man möge ihm die in Hietzing stationierten Geistlichen des Stiftes Klosterneuburg als Kapläne zuweisen. Das ist jedoch keineswegs statthaft, denn es können nur Geistliche aus den Medikantenklöstern, keineswegs aber Chorherrn aus Stiften als Kooperatoren zugewiesen werden. Das Konsistorium stellt daher den Antrag, die Kirche in Hietzing zu einer selbstständigen Pfarrkirche zu erheben und Schönbrunn dahin einzuverleiben. (FN: Schönbrunn war nämlich bis dahin mit seiner Kapelle unter der pfarrlichen Jurisdiktion des Penzinger Pfarrers gestanden.) Der Gottesdienst solle früh um 10 Uhr, bestehend aus Predigt und Messe, abgehalten werden. Die Sakramente sollen gespendet, die Kranken besucht, die Taufen, Trauungen und Begräbnisse von Hietzing aus besorgt werden, jedoch sollen die dafür entfallenden Stolgebühren dem Pfarrer von Penzing verbleiben. Für Breitensee solle dem Pfarrer von Penzing ein Priester aus einem Medikantenorden zum Kooperator gegeben werden. Damit hoffe das Konsistorium nach allen Seiten hin das Richtige angeordnet zu haben.

Anton Paul Kick, Pfarrer in Penzing. Gemalt von Weickert 1794, gestochen von Jac. Adam 1794 © Niederösterreichische Landessammlungen
<p><b>Anton Paul Kick, Pfarrer in Penzing</b></p><p>Gemalt von Weickert 1794, gestochen von Jac. Adam 1794</p><p><i>&copy; Niederösterreichische Landessammlungen</i></p>

Gleichzeitig reichte auch der Prälat von Klosterneuburg an die k. k. n.-ö. Landesregierung ein Gesuch um Erhebung von Hietzing zur selbstständigen Pfarre ein. Sein Gesuch fand die Befürwortung des erzbischöflichen Konsistoriums und so wurde denn endlich am 4. April 1786 Hietzing zur selbstständigen Pfarre erhoben.

Die neue Pfarre umfasste den Ort Hietzing mit 480 Seelen, Schönbrunn mit 285 Seelen und 6 Häuser von Unter-St. Veit mit 74 Seelen, zusammen also 839 Seelen. (FN: Pfarrliche Seelenbeschreibung vom 26. August 1786, Pfarrarchiv Hietzing.) Das Patronat über die neue Pfarre erhielt das Stift Klosterneuburg, denn auf Grund eines Hofdekretes vom 26. April 1783 wurden die neugegründeten Pfarren in der Stadt als landesfürstliche Pfarren angesehen, jene hingegen in den Vorstädten in Bezug auf das Jus praesentandi der betreffenden Grundobrigkeit überlassen.

Der erste Pfarrer von Hietzing hieß Eugenius Desebruch. Er war am 10. November 1726 zu Wien geboren, trat am 21. Dezember 1741 als Novize in das Stift Klosterneuburg ein und wurde am 22. November 1750 zum Priester geweiht. 1752–1755 war er als Pönitentiar in Hietzing tätig, 1759 war er Novizenmeister im Stifte, 1766 Pfarrer in Reinprechtspölla und 1768 Administrator in Hietzing. Von hier kam er als Kanzeidirektor in das Stift zurück, wurde dann 1773 Administrator von Prinzendorf und am 4. Juni 1786 feierlich als erster Pfarrer in Hietzing durch den damaligen Stiftsdekan Marzellin Jani eingeführt. Eugenius Desebruch war auch Doktor der Theologie. (Personalkatalog des Stiftes / Archiv.) Als Chorherr des Stiftes Klosterneuburg und Pfarrer von Hietzing genoss er zu seinem Unterhalte jährlich von Seiten des Stiftes ein Einkommen von 500 fl., außerdem besaß er mit obrigkeitlicher Bewilligung von seinen Eltern ein Vitalitium von jährlich zu erhebenden 40 fl., dann jährlich 20 fl. für zwanzig zu lesende heilige Messen, zusammen also ein Einkommen von 560 fl. (Fassion des Pfarrers Eugenius Desebruch vom 2. Jänner 1789, im Pfarrarchiv zu Hietzing.) Dazu erhielt er von Seiten des Stiftes noch ein Deputat an Holz, Wein, Essig und Salz in Anbetracht der vielen Gäste, die anlässlich der Wallfahrten in der Regel bei ihm einkehrten. (Beilagen zum Pfarrgedenkbuch von Hietzing.)

Neben dem Pfarrer waren in der Seelsorge zwei Kooperatoren, Christoph Obermayer und Gaudentius Dunkler, beide regulierte Chorherren des Stiftes Klosterneuburg, tätig. (FN: Der letztere wurde dann später / 1800–1828 / Prälat des Stiftes Klosterneuburg.) Als Pfarrwohnung wurde ihnen dasselbe stiftliche Gebäude, das bisher der jeweilige Administrator, der Ökonom und die geistlichen Pönitentiare bewohnten, zugewiesen. Stolaeinkünfte besaß die Pfarre Hietzing anfangs keine. In dem Gesetze vom 24. Oktober 1783 hieß es nämlich: „Neue Pfarrer und Ortskapläne, deren Sprengel von ihrem ehemaligen Pfarrer getrennt wurden, sind von diesem unabhängig, doch haben sie die Stolagebühren dahin abzuführen, damit die alten Pfarrer an ihrem Einkommen keinen Abbruch erleiden. (FN: Dafür erhielten die neuen Seelsorger aus der Religionsfondskasse folgende Bezüge: Der Pfarrer 600 fl., der Lokalkaplan 350 fl. und der Kooperator 250 fl. Für die Besoldung der einem Stifte angehörigen neuen Seelsorger hatten die betreffenden Stifte aufzukommen. Wiener Diözesanplatt 1897, pag. 189.) Aufgrund dieses Gesetzes zahlte die Pfarre Hietzing seit 1786 an die Pfarre Penzing ein jährliches Stolapauschale von 27 fl. 6 kr. C. M. oder 28 fl. 42 1/2 kr. ö. W., welcher Betrag bis zum Jahre 1887 regelmäßig geleistet wurde. Mit diesem Jahre erlosch die weitere Verpflichtung zur Zahlung des bisher üblichen Stolapauschales, denn ein Erlass der k. k. Bezirkshauptmannschaft Sechshaus vom 11. Jänner 1876 hatte die Bestimmung getroffen, dass die bisherigen Stolapauschalien nach Penzing nur mehr bis zur Versetzung oder bis zum eventuellen Ableben des dermaligen Pfarrers zu zahlen, nach dessen Abgang aber nicht mehr weiter zu leisten seien. Der damalige Pfarrer Anton Wayß starb am 28. Februar 1887 und mit seinem Tode erlosch die Verpflichtung zur Zahlung der bis dahin üblichen Stolapauschalien. (FN: Siehe hierüber das Hietzinger Pfarrgedenkbuch und Dr. Pauker: Die Pfarrkirche von Hietzing, pag. 76.)

Die Pfarre Hietzing gehörte ursprünglich zum Dekanate Klosterneuburg. Mit Rücksicht auf dessen Größe und Ausdehnung scheint die kanonische Visitation von Seiten des Dekans nicht alljährlich vorgenommen worden zu sein. Im Pfarrgedenkbuch wenigstens finden wir erst im Jahre 1805 die erste Visitation angemerkt. Sie wurde durch den damaligen Decanus ruralis und Stadtpfarrer bei den Dominikanern in Wien Ignaz von Fröhlichsburg vorgenommen. Wie lange dieser das Klosterneuburger Dekanatsamt verwaltete, ist nicht genau ersichtlich. Sein Amtsnachfolger wurde der Pfarrer von Hütteldorf, Wendelin Simmerdinger. Nach dessen im Jahre 1834 erfolgten Ableben wurde der Chorherr und Stadtpfarrer von St. Martin in Klosterneuburg Hieronymus Österreicher zum Dekan und Schuldistriktsaufseher des Klosterneuburger Dekanats ernannt, dieses Amt bis zu seinem im Jahre 1854 erfolgten Tode versah. Nach seinem Ableben wurde das bisherige Klosterneuburger Dekanat, das wegen seiner Größe und Ausdehnung nur mit großen Schwierigkeiten verwaltet werden konnte, in zwei Teile geteilt: in das Dekanat Klosterneuburg und in das Dekanat Hütteldorf. Zum Verweser des ersteren wurde der damalige Chorherr und Pfarrer von Weidling Eugen Zabizar und zum Verweser des letzteren der emeritierte Professor der Katechetik und Didaktik an der k. k. Normalhautptschule bei St. Anna in Wien und dermalige Pfarrer von Hütteldorf Josef Weinkopf ernannt. Die Pfarre Hietzing, die bisher dem Klosterneuburger Dekanate unterstellt war, wurde nunmehr von diesem losgetrennt und dem Hütteldorfer Dekanate zugewiesen.

1863 legte Josef Weinkopf sein Amt freiwillig nieder und an seinerstatt wurde der Pfarrer von Reindorf Johann Pascher Dechant und Schulvisitator des Hütteldorfer Dekanates. Dieser starb am 9. Mai 1867 und an seine Stelle kam der damalige Pfarrer von Ottakring Emmanuel Paletz der dieses Amt bis zum Jahre 1887 versah. (FN: Emmanuel Paletz starb im Februar 1900 als Pfarrer von Hütteldorf. Er war Hausprälat Sr. päpstl. Heiligkeit, Ehrendomherr von St. Stephan, Ritter des eisernen Kronenordnes, fürsterzbischöfl. Konsistorialrat ec. ec. Am 1. November 1899 feierte er sein 60jähriges Priesterjubiläum, wobei er von Seiten der Stadt Wien durch Verleihung der großen goldenen Salvator-Medaille ausgezeichnet wurde.) Auf ihn folgte der Kloserneuburger Chorherr und Pfarrer von Meidling Laurenz Haberl als Dekan und Schulvisitator des Hütteldorfer Dekanates.

1890 erfolgte die Schöpfung von Groß-Wien. Hietzing wurde in die neue Gemeinde einbezogen und bildete nunmehr mit den Orten Penzing, Baumgarten, Breitensee, Hütteldorf, Lainz, Speising, Ober- und Unter St. Veit, Hacking  und einem Teil von Mauer den XIII. Gemeindebezirk Wiens. Die neue Gemeinde wurde im Jahre 1891 kirchlicherseits in vier Stadt-Dekanate eingeteilt. Die Pfarren des I.–V. Bezirkes bildeten das I. Stadt-Dekanat. Jene des VI.–X. Bezirkes gehörten zum II. Stadtdekanat. Die Pfarren des XI.–XV. Bezirkes bildeten das III. Stadt-Dekanat und jene des XVI.–XIX. Bezirkes gehörten zum IV. Stadt-Dekanat, wozu sich einige Jahre später, anlässlich der zweiten Stadtvergrößerung, noch die beiden neuen Bezirke, nämlich der XX. und der XXI. Bezirk, hinzugesellten. Auf Grund dieser neuen Ordnung wurde Hietzing im Dezember 1891 aus dem Hütteldorfer Dekanat ausgeschieden und dem III. Stadt-Dekanat Wiens zugeteilt. Als erster Dekan fungierte von 1891–1900 Herr Konstantin Walter, geheimer Kämmerer Sr. päpstl. Heiligkeit, Ehrendomherr von St. Stephan und Pfarrer zur Hl. Maria vom Siege im XV. Bezirk in Wien. Sein Nachfolger war der päpstl. Kämmerer, Domherr zu St. Stephan und Pfarrer zum Hl. Laurentius in Simmering Lenonhard Karpf. Im weiteren Verlaufe der Jahre fungierten als Dekane von Hietzing: Johann Menda, Domkapitular zu St. Stephan und Propsteipfarrer an der Votivkirche in Wien, gestorben am 8. Dezember 1908; Franz Roth, Pfarrer in Reindorf, gest. am 19. Jänner 1914; Florian Lang, reg. Chorherr des Stiftes Klosterneuburg und Pfarrer in Meidling, gest. am 3. September 1920; August Scher, Pfarrer in Reindorf, gestorben am 20. März 1922, endlich Adolf Sedlaczek, Pfarrer in Hetzendorf (1922–1925) und Johann Stadler, Pfarrer in Neumargareten (1925–1928).

Übertragen von hojos
im März 2024