Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke
Kunsthändler mit zeitweisem Wohnsitz in Ober St. Veit
1834
Der 1834 in Potsdam geborene Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke gründete 1861 die Buch- und Antiquariatsfirma „Miethke & Wawra“ und führte sie sehr rasch zum vornehmsten und blühendsten Kunstgeschäft Wiens. Wawra hatte die Abteilung für Kupferstiche, Antiquariat usw. und war ein vorzüglicher Kupferstichkenner, Miethke befasste sich nur mit Gemälden alter und (damals) modernerer Meister und besaß – so beschrieb es der Kupferstecher und Radierer William Unger – ein feines Empfinden neben gutem Verständnis und vermied es, Mittelmäßiges oder Zweifelhaftes seinem reichen Lager zuzuführen. Er wurde u.a. zum wichtigsten Händler des Ringstraßenmalers Hans Makart.
1895 krönte Miethke seinen Aufstieg als Kunsthändler mit dem Erwerb des Palais Eskeles in der Dorotheergasse Nr. 11, wo er im Erdgeschoss zeitgenössische Kunst und im ersten Stock Werke Alter Meister zeigte. Nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit verkaufte er die Galerie an den Juwelier und Klimt-Freund Paul Bacher. Das Palais Eskeles stellte der Sohn von H. O. Miethke 1919-20 als „Haus der jungen Künstlerschaft“ zur Verfügung.
In Ober St. Veit, Schweizertalstraße 26 hatte H. O. Miethke einen Besitz erworben und diesen zu einem Zentrum werden lassen, wo sich die Bekannten zusammenfanden. Selbst die entsetzlichen Fahrten mit dem Stellwagen wurden nicht gescheut. 1893 erwarb William Unger von Miethke durch Überlassung der Rechte auf einen Anteil an den Beständen der Platten und vorhandenen Drucke des Belvederewerkes diese Ober St. Veiter Villa. Miethke selbst hatte einen unfangreichen Besitz in der Südsteiermark erworben.
Unger berichtet auch über eine von ihm miterlebte Episode aus dem Geschäftsleben Miethkes aus der Zeit vor der Weltausstellung 1873: Auf dem Geldmarkt wurden enorme Gewinne gemacht und infolge davon blühte auch das Kunstgeschäft in nie geahnter Weise; die Preise erreichten schwindelhafte Höhen. Unger traf in dem Geschäft Miethkes auf den Sänger Albert Niemann, der eifriger Sammler, vielleicht auch „marchand amateur“ war. Es waren nicht mehr viele Bilder auf den Staffeleien, zumindest nichts, was Niemann interessierte. Da brachte der Diener ein Bild herein, und Miethke bedeutete ihn, es mit der Bildfläche gegen die Wand zu stellen.
„Na, was haben Sie denn da?“ fragt ihn Niemann.
„Das ist nichts für Sie, ein Bild, das ich nach Berlin schicken muss.“
„Von wem?“
„Von Angeli.“
„Na,“ sagte Niemann, „was die Berliner zahlen, kann ich schließlich auch zahlen.“
„Ich kann es Ihnen nicht überlassen, es ist eine Zusage, die ich gegeben, die ich halten muss.“
„Ah bah, was Zusage – ich gebe Ihnen das Doppelte vom dem, was die Berliner geben wollen.“ (Dabei hatte Niemann das Bild gar nicht gesehen.)
„Ich kann es nicht, mit dem besten Willen nicht“, sagte Miethke.
„So gebe ich Ihnen das Dreifache.“
Und da war der Widerstand gebrochen, das Bild gehörte Niemann; es war eines der weniger guten Bilder Angelis, aber vielleicht sein bestbezahltes.
Miethke war ein guter Kenner alter Bilder und kam in eine Zeit, in der das Interesse für die ältere Kunst, besonders der Niederländer Schule, lebhaft erwachte. Mit Verständnis, kaufmännischem Geschick und viel Glück konnte er die Verhältnisse für sich nutzen. So mancher preisgünstige Kauf entpuppte sich als wertvolles Stück.
Es ließe sich aber auch so mancher Reinfall erzählen, wie etwa folgender, an eine Posse erinnernder: Eines Tages bekommt Miethke eine Anfrage von einem Amsterdamer Kunsthändler, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, ob er geneigt wäre, einen Calame um den Betrag von 16.000 fl. zu kaufen. Miethke antwortet: Für Calame, zu dem Preise keine Verwendung, allenfalls nehme das Bild in Kommission. Miethke geht auf Reisen, während seiner Abwesenheit erscheint unerwarteter Weise das Bild von Calame und Miethkes Vertreter stellt die Kiste ungeöffnet ins Depot. Einige Tage später kommt ein distinguiert aussehender Deutschamerikaner, sieht sich die Ausstellung am Neuen Markt mit sichtlichem Interesse an und ist im Begriff fortzugehen, da redet ihn Miethkes Vertreter, dem das Interesse des Fremden aufgefallen ist, an und fragt, ob er nicht das gefunden habe, was er suche.
„Ja,“ sagt der, Fremde, „ich komme aus der Schweiz, und wenn ich zur Erinnerung ein landschaftliches Motiv von dort finden und mitnehmen könnte, würde es mich freuen.“
Da fällt dem Vertreter ein - Herrgott, der Calame ist ja noch da, das wäre vielleicht etwas.
„Bitte, wenn Sie noch etwas Zeit haben, ich lasse das Bild sofort auspacken.“
Die Kiste wird also geöffnet, und voll Begeisterung und Entzücken ruft der Fremdling:
„Ja, das ist ganz, was ich suche, was kostet das? All right, einverstanden, ich kaufe das Bild. Ich gebe Ihnen 700 fl. an, reise für vier Wochen nach Italien, wenn ich zurückkomme, weise ich Ihnen den Betrag an und übernehme das Bild.“
Wenige Tage später kommt ein Telegramm aus Amsterdam: Hier Käufer für Bild um 16.000 fl., bitte das Bild umgehend, hierhersenden, wenn es noch nicht verkauft ist. Was jetzt tun? Das Bild war verkauft, wenn auch nicht gezahlt, aber da der Käufer eine Angabe leistete, war es sein Eigentum. Es blieb also nichts übrig, als zurück zu telegraphieren: Bild hier verkauft, Betrag von 16.000 fl. folgt. Und der Amerikaner? Ließ seine 700 fl. im Stich und ist niemals wieder aufgetaucht. Aber der Kunsthändler in Amsterdam hatte sein Bild, das mit 16.000 fl. sehr überschätzt war, an den Mann gebracht und lachte sich ins Fäustchen.
1895 krönte Miethke seinen Aufstieg als Kunsthändler mit dem Erwerb des Palais Eskeles in der Dorotheergasse Nr. 11, wo er im Erdgeschoss zeitgenössische Kunst und im ersten Stock Werke Alter Meister zeigte. Nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit verkaufte er die Galerie an den Juwelier und Klimt-Freund Paul Bacher. Das Palais Eskeles stellte der Sohn von H. O. Miethke 1919-20 als „Haus der jungen Künstlerschaft“ zur Verfügung.
In Ober St. Veit, Schweizertalstraße 26 hatte H. O. Miethke einen Besitz erworben und diesen zu einem Zentrum werden lassen, wo sich die Bekannten zusammenfanden. Selbst die entsetzlichen Fahrten mit dem Stellwagen wurden nicht gescheut. 1893 erwarb William Unger von Miethke durch Überlassung der Rechte auf einen Anteil an den Beständen der Platten und vorhandenen Drucke des Belvederewerkes diese Ober St. Veiter Villa. Miethke selbst hatte einen unfangreichen Besitz in der Südsteiermark erworben.
Unger berichtet auch über eine von ihm miterlebte Episode aus dem Geschäftsleben Miethkes aus der Zeit vor der Weltausstellung 1873: Auf dem Geldmarkt wurden enorme Gewinne gemacht und infolge davon blühte auch das Kunstgeschäft in nie geahnter Weise; die Preise erreichten schwindelhafte Höhen. Unger traf in dem Geschäft Miethkes auf den Sänger Albert Niemann, der eifriger Sammler, vielleicht auch „marchand amateur“ war. Es waren nicht mehr viele Bilder auf den Staffeleien, zumindest nichts, was Niemann interessierte. Da brachte der Diener ein Bild herein, und Miethke bedeutete ihn, es mit der Bildfläche gegen die Wand zu stellen.
„Na, was haben Sie denn da?“ fragt ihn Niemann.
„Das ist nichts für Sie, ein Bild, das ich nach Berlin schicken muss.“
„Von wem?“
„Von Angeli.“
„Na,“ sagte Niemann, „was die Berliner zahlen, kann ich schließlich auch zahlen.“
„Ich kann es Ihnen nicht überlassen, es ist eine Zusage, die ich gegeben, die ich halten muss.“
„Ah bah, was Zusage – ich gebe Ihnen das Doppelte vom dem, was die Berliner geben wollen.“ (Dabei hatte Niemann das Bild gar nicht gesehen.)
„Ich kann es nicht, mit dem besten Willen nicht“, sagte Miethke.
„So gebe ich Ihnen das Dreifache.“
Und da war der Widerstand gebrochen, das Bild gehörte Niemann; es war eines der weniger guten Bilder Angelis, aber vielleicht sein bestbezahltes.
Miethke war ein guter Kenner alter Bilder und kam in eine Zeit, in der das Interesse für die ältere Kunst, besonders der Niederländer Schule, lebhaft erwachte. Mit Verständnis, kaufmännischem Geschick und viel Glück konnte er die Verhältnisse für sich nutzen. So mancher preisgünstige Kauf entpuppte sich als wertvolles Stück.
Es ließe sich aber auch so mancher Reinfall erzählen, wie etwa folgender, an eine Posse erinnernder: Eines Tages bekommt Miethke eine Anfrage von einem Amsterdamer Kunsthändler, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, ob er geneigt wäre, einen Calame um den Betrag von 16.000 fl. zu kaufen. Miethke antwortet: Für Calame, zu dem Preise keine Verwendung, allenfalls nehme das Bild in Kommission. Miethke geht auf Reisen, während seiner Abwesenheit erscheint unerwarteter Weise das Bild von Calame und Miethkes Vertreter stellt die Kiste ungeöffnet ins Depot. Einige Tage später kommt ein distinguiert aussehender Deutschamerikaner, sieht sich die Ausstellung am Neuen Markt mit sichtlichem Interesse an und ist im Begriff fortzugehen, da redet ihn Miethkes Vertreter, dem das Interesse des Fremden aufgefallen ist, an und fragt, ob er nicht das gefunden habe, was er suche.
„Ja,“ sagt der, Fremde, „ich komme aus der Schweiz, und wenn ich zur Erinnerung ein landschaftliches Motiv von dort finden und mitnehmen könnte, würde es mich freuen.“
Da fällt dem Vertreter ein - Herrgott, der Calame ist ja noch da, das wäre vielleicht etwas.
„Bitte, wenn Sie noch etwas Zeit haben, ich lasse das Bild sofort auspacken.“
Die Kiste wird also geöffnet, und voll Begeisterung und Entzücken ruft der Fremdling:
„Ja, das ist ganz, was ich suche, was kostet das? All right, einverstanden, ich kaufe das Bild. Ich gebe Ihnen 700 fl. an, reise für vier Wochen nach Italien, wenn ich zurückkomme, weise ich Ihnen den Betrag an und übernehme das Bild.“
Wenige Tage später kommt ein Telegramm aus Amsterdam: Hier Käufer für Bild um 16.000 fl., bitte das Bild umgehend, hierhersenden, wenn es noch nicht verkauft ist. Was jetzt tun? Das Bild war verkauft, wenn auch nicht gezahlt, aber da der Käufer eine Angabe leistete, war es sein Eigentum. Es blieb also nichts übrig, als zurück zu telegraphieren: Bild hier verkauft, Betrag von 16.000 fl. folgt. Und der Amerikaner? Ließ seine 700 fl. im Stich und ist niemals wieder aufgetaucht. Aber der Kunsthändler in Amsterdam hatte sein Bild, das mit 16.000 fl. sehr überschätzt war, an den Mann gebracht und lachte sich ins Fäustchen.