Die Unwetter - Katastrophe

01.06.1898

Das Unwetter dieses Tages hatte weite Teile Wiens verwüstet und die Zeitungen berichteten davon. Ober St. Veit war besonders stark betroffen. Bei starken Regenfällen verschlossen angeschwemmte Hölzer immer wieder den vergitterten Austritt des Marienbaches aus dem Lainzer Tiergarten, sodass die Mauer brach und eine Flutwelle freigab, die gemeinsam mit den Wassermassen der Zuflüsse zu Hochwasser führte. So wird es auch am 1. Juni 1898 gewesen sein, diesmal verstärkt durch die Wassermassen des besonders heftigen Wolkenbruchs.

Die Broschüre "Vergangenheit und Gegenwart vom ehemaligen Vorort Ober-St. Veit, Wien XIII, Mai 1955" berichtet darüber mit den Worten: "Ober-St. Veit hatte im Jahre 1898 einen großen Wolkenbruch, der einen Teil der Tiergartenmauer niederlegte, und zwar auf den Marienbach, so dass das Wasser vom Tiergarten in Strömen die Schweizertalstraße überflutete und sich am Platz beim Fleischhauer Linzer staute und den Kaufladen Krammer wie die ganze Gegend unter Wasser setzte. Leider kam ein Kind in den Fluten ums Leben. Die Parteien aus den betroffenen Häusern am Platz waren mit ihrer geringen Habe obdachlos. Von Wien strömten die Neugierigen hinaus nach Ober-St. Veit und gaben Spenden."

Die Tageszeitungen habe von diesem Ereignis mit unterschiedlicher Authentizität berichtet. Während die "Neue Freie Presse" vom 2. Juni 1898 aus ganz offensichtlich unzureichend informierter Quelle berichtet (zumindest was den Ober St. Veiter Teil betrifft), scheint das "Illustrirte Wiener Extrablatt" für den Bericht vom 4. Juni 1898 am Schauplatz recherchiert zu haben.

In der Folge ist die Titelseite dieser Ausgabe des Illustri(e)rten Wiener Extrablattes mit eindrucksvollen Zeichnungen von dieser Katastrophe wiedergegeben.
Der Text unterhalb der Zeichnungen lautet:

"Das Unwetter am Mittwoch Nachmittag hat in Ober St. Veit furchtbare Verheerungen angerichtet. Die Häuser an der Berglehne in der Hietzinger Hauptstraße sind durch die reißenden Fluten arg beschädigt, die Wohnungen und Stallungen standen unter Wasser und die Einrichtungsstücke wurden zum großen Teile fortgeschwemmt.

Im Hause Nr. 151 der erwähnten Straße befindet sich die Restauration des Herrn Ibi und in dem tiefer gelegenen Hofraum steht ein kleines Häuschen, das die Witwe Marie Zimmermann, eine Handarbeiterin, mit ihren beiden Kindern, der sechsjährigen Marie und der achtjährigen Aloisia, bewohnte. Als der Wolkenbruch niederging, befanden sich die Kinder allein in der Stube. In wenigen Minuten war das Hinterhäuschen überschwemmt und im Hofe stand das Wasser eineinhalb Meter hoch. Da stürzte unter Gekrache die Wand an der Berglehne ein und die kleine Marie wurde am Kopfe schwer verletzt. Der Bäckermeister Herr Pokorny wagte sich mit eigener Lebensgefahr in das wildschäumende Wasser, das ihm bis an die Schultern reichte, und trug das ältere der beiden Kinder aus der Wohnung. Der obere Teil unseres Bildes veranschaulicht die Rettungsaktion des wackeren Mannes. Das jüngere Mädchen ertrank in den Fluten.

Auf dem unteren Bilde sehen wir die überschwemmte Hietzinger Hauptstraße. Der Feuerwehrmann M(?)trowsky wollte einem Schuhmacher behilflich sein, das Warenlager in Sicherheit zu bringen. Die Strömung erfasste ihn und riss ihn mit fort. Der Feuerwehrmann Spannenberger versuchte seinem Kameraden Hilfe zu bringen, aber die wildschäumenden Fluten trugen ihn fort. Es gelang ihm, eine schwimmende Türe zu erreichen und an dieser klammerte er sich fest. Nur mit größter Anstrengung konnten diese beiden Männer vor dem Tode des Ertrinkens gerettet werden.

Die Mannschaft der freiwilligen Feuerwehr in Ober St. Veit hat mit ihrem Hauptmann Herrn Wilhelmi an der Spitze in aufopferndster Weise gearbeitet und das wackere Corps verdient dafür die wärmste Anerkennung."

hojos
im Juni 2008