Die Feuerwehr
Eine kurze allgemeine Feuerwehrgeschichte mit Bezug auf St. Veit an der Wien
1870
Erst als der Mensch begann, seine Häuser in Siedlungen nebeneinander zu stellen, konnte der Brand einer Behausung auf andere übergreifen. Daher ist auch die organisierte Brandbekämpfung, die über spontane Einzelmaßnahmen hinausging, ein Kind des Siedlungswesens.
Natürlich ist auch die Siedlungsgeschichte des Menschen weit zurückreichend; der Große Brockhaus lässt das geordnete Feuerlöschwesen im alten Ägypten beginnen. Auch die Feuerspritze (Kolbenpumpe) soll mehr als 2000 Jahre alt sein, fand aber erst viel später allgemeine Anwendung. Die älteste Darstellung einer Brandbekämpfung befindet sich auf einem Relief in einem Palast bei Ninive: Ein assyrischer Krieger versucht, seinen brennenden Streitwagen mit einer großen Schöpfkelle zu löschen.
Die Ballungszentren wuchsen, und die fortschreitende Bautechnik ermöglichte Millionenstädte mit mehrstöckigen, eng beeinander stehenden Häusern, ganz aus Holz oder mit hölzernen An- und Vorbauten, Dachstühlen und mit Holzschindeln gedeckt.
Bezüglich Brände ist das alte Rom das meistzitierte Beispiel: Feuersbrünste vernichteten wiederholt ganze Stadtteile. Oft wird der Brand im Juli 64 n. Chr. genannt, der ungefähr zehn Tage wütete und mehr als die Hälfte der Stadt zerstörte. Offensichtlich konnten hier die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Feuerlösch-Einheiten nichts ausrichten. Das erste militärisch organisierte Feuerwehr- und Sicherheitskorps schuf nämlich Kaiser Augustus nach einer Feuersbrunst im Jahre 6 n. Chr. Unter der Leitung eines Präfekten aus dem Ritterstand wurden sieben Wachkohorten (cohortes vigilum) zu je 1.000 bis 1.200 Freigelassenen aufgestellt. Jede Kohorte war für zwei der 14 Regionen der Stadt zuständig, bezog eine an der Regionsgrenze gelegene, kasernenartige Unterkunft (statio) und besetzte in jeder Region eine Feuerwache (excubatoria). Jede Kohorte stand unter dem Befehl eines Tribunen und gliederte sich in sieben Centurien mit je 140 Mann unter je einem Unteroffizier (centuriones).
Schläuche gab es noch keine, aber Spritzen, Eimer, Leitern, Stangen, Decken, Körbe, Schwämme, Besen, Lappendecken (mit Wasser getränkt zum Schutz der Nachbarhäuser), Einreißhaken, Sägen und Hämmer. Den Feuerlöschdienst versahen die aquarii (Wasserträger), siphonarii (Spritzenleute), cento-narii (Leute mit Löschdecken) und die sebaciarii, die für die Beleuchtung an der Brandstelle zu sorgen hatten. Bei den cohortes vigilum gab es auch Spezialeinheiten, wie z. B. die Pioniertruppen unter den optio ballistorum (einem Geschützmeister), deren Aufgabe es war, mit Geschützen einsturzgefährdete Mauern umzulegen oder mit Rammböcken Häuser abzubrechen und Brandgassen zu schaffen. Auch bucinatorii (Hornisten) und medici (Ärzte) waren den vigiles zugeteilt.
Eine weitere Folge der Brände in Rom waren auch die Entwicklung von Bauvorschriften (breitere Straßen, mehr Plätze und weniger Stockwerke).
Die mittelalterlichen Stadtrechte brachten die feuerpolizeilichen Bestimmungen auch in unsere Region. Eine der ältesten bekannten Feuerordnungen ist die Merans aus dem Jahre 1086. Für Wien nimmt erstmals das 1221 von Herzog Leopold VI. erlassene Stadtrecht auf Feuersbrünste Bezug. Im Artikel 25 des im Original nicht erhaltenen Stadtrechtes wurde festgehalten, dass derjenige zu bestrafen sei, der einen Brandausbruch verschuldete. Gleichzeitig wurde allen jenen die Strafe erlassen, denen das eigene Haus mitverbrannte. Regelungen zur Brandverhütung und -abwehr enthielt sie aber keine, und im Ernstfall musste nach wie vor jedermann bei der Brandbekämpfung Hand anlegen. Das konnte sich erst mit einer zentralisierten, beamteten Feuerwehr ändern, die ihrer Aufgabe auch technologisch hinreichend gewachsen war. Das sollte aber noch viele Jahrhunderte dauern.
Mit der Feuerordnung der Stadt Wien vom 22. Mai 1454 wurde bestimmt, dass Handwerker zum Feuerlöschen (zur Brandbekämpfung) zu verpflichten seien. Zu Beginn enthält diese Feuerordnung die selbstverständlich erscheinende Verpflichtung des einzelnen Bürgers, das Feuer in seinem Haus zu kontrollieren, um den Ausbruch eines Brandes möglichst zu verhindern.
Großbrände, die ganze Stadtviertel vernichteten, blieben trotz allem an der Tagesordnung. Unachtsamkeit, Brandstiftungen und marodierende (Kriegs-)Banden waren die häufigsten Ursachen. Erst als in den Städten der Stein zum vorherrschender Baustoff wurde und Feuerlöschverordnungen konsequenter eingesetzt und überwacht wurden, konnte sich eine gewisse Erleichterung einstellen.
Um die durch Brände verursachten Schäden möglichst gering halten zu können, war und ist die Früherkennung eines Brandausbruches und die Alarmierung der Löschkräfte von besonderer Bedeutung. An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit wurde aus diesem Grund in St. Stephan ein Türmer eingesetzt. Der Türmer, der erstmals 1444 nachweisbar ist, hatte im gegebenen Falle die verschiedenen Glocken – die Rats-, die Feuer- und die Sturmglocke – zu läuten. Ob der Türmer von der Stadt Wien auch schon bezahlt wurde, ist unklar, denn seine Funktion wurde erst mit der Feuerordnung der Stadt Wien vom 28. April 1534 festgelegt. Das Anzeigen der Gegend eines vom Türmer entdeckten Brandes im Polizeibezirk der Stadt Wien – bei Tag mit der „Feuerfahne“ und bei Nacht mit einer beleuchteten Laterne – wurde erst im Feuerlöschpatent vom 31. Dezember 1817, das am 18. April 1818 kundgemacht wurde, vorgeschrieben. Dieser Beobachtungsposten im Stephansdom bestand bis 1955.
Als weitere Maßnahme wurden Wasserschöpfstellen durch Pumpwerke ständig mit Wasser versorgt. In den Orten entstanden Löschteiche; einige davon haben sich bis heute erhalten. Zur primitiven Ausrüstung in der Feuerbekämpfung gesellten sich erst ab dem 15. Jahrhundert einfache Spritzen, denen das Wasser aber nach wie vor mit Eimern zugeführt werden musste.
Der Schlauch ist eine Erfindung des 17. Jahrhunderts, zuerst aus genähtem, später aus vernietetem Leder. Danach kamen die Hanfschläuche; die notwendige Zuverlässigkeit erreichten sie aber erst im 19. Jahrhundert dank ihrer Gummieinlagen.
In Wien wurde 1686 mit der Einstellung von vier besoldeten „Feuerknechten", die in der Bedienung der Löschgeräte ausgebildet wurden, der Anstoß zur Gründung der Wiener Berufsfeuerwehr und auch der ersten Berufsfeuerwehr weltweit getan. 100 Jahre später begann die Uniformierung der damals „Wiener Löschanstalt" genannten Einrichtung. Mit der Magistratsverordnung vom 7. August 1786 wurde ihnen die Stadt-Livree zuerkannt. Die einheitliche Bekleidung bestand aus einem zweireihigen Zwilchkittel mit weißen Beinknöpfen, einer langen Zwilchhose und schwarzen Schuhen. Als Kopfschutz trugen die Feuerknechte einen schwarzen Filzhut in Zylinderform mit Stadtwappen und schwarzem Ledersturmband.
Eine Uniformierung nach militärischem Muster wurde mit dem Beschluss des Gemeinderates vom 17. Februar 1854 eingeführt. Jeder Mann der Löschanstalt erhielt einen Waffenrock, ein Tuchbeinkleid, zwei Zwilchhosen und ein Paar Stiefel. Die Helme, die von den Männern der Löschanstalt ab 1854 getragen wurden, stammten von der aufgelösten, berittenen Munizipalgarde und wurden, dem neuen Verwendungszweck entsprechend, umgestaltet. Am 7. Juni 1907 wurde eine neue Bekleidungsvorschrift genehmigt und in diesem Zusammenhang Helme aus Stahlblech eingeführt.
Chargenhelm 1854
Allmählich entstand ein Feuerwehrwesen im heutigen Sinne mit militärisch straff organisierten, tauglich ausgerüsteten und gut geschulten Mannschaften. Wesentlicher Ausrüstungsgegenstand waren natürlich die Spritzen, die dem technologischen Stand entsprechend immer besser wurden. Dem Handbetrieb folgte ab 1878 der Dampfbetrieb. Gezogen wurden die Fahrzeuge mit Pferdegespannen, wofür im Unterkammeramt ab der Gründung der Wiener Berufsfeuerwehr durchgehend drei Paar Pferde eingestellt waren. In der Salzgrieskaserne und in verschiedenen anderen Stallungen waren meist um die 30 städtische Pferdepaare bereitgestellt. Im Jahr 1853 wurden die städtischen Pferde – ausgenommen die des Unterkammeramtes – durch gemietete ersetzt. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 13. November 1885 wurde die Beistellung der Pferde für die Zentrale und die Filialen wieder von der Stadt Wien übernommen. 1903 wurde der erste automobile Kohlensäure-Löschwagen in Dienst gestellt, und 1925 erfolgte die letzte Ausfahrt mit einem pferdebespannten Fahrzeug.
Für die Stadt Wien waren demzufolge die Fragen des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes ab 1686 mehr oder minder gut gelöst. Nicht so auf dem Land: Weder konnten dringend notwendige Geräte angeschafft werden, noch fanden sich geeignete Löschtrupps, und von der Bezahlung eines Brandschutzpersonals konnte keine Rede sein. Wichtig für die Entwicklung des ländlichen Feuerlöschwesens war die Josefinische Feuerlöschordnung von 1782. Sie bildete die Grundlage für die von den einzelnen Landesregierungen und Gemeindeausschüssen gemäß den örtlichen Verhältnissen zu bestimmenden Feuerordnungen. Unter anderem verpflichtete sie die Gemeinden und Hausbesitzer, eine Minimalausstattung mit Löschgeräten beizubehalten und einmal jährlich zusammenzukommen und zur Erhaltung einer guten Ordnung im Brandfalle allen „Hauswirthen und Knechten" im Vorhinein ihre Verrichtungen mitzuteilen – die einen sollten herumlaufen und Feuer schreien, andere das eigentliche Löschen vornehmen, die Zimmerer und Maurer hatten bei Großbränden das Einreißen über.
Die Befolgung der Feuerlöschordnung sollte von Obrigkeiten und Behörden immer wieder eingeschärft werden, ließ jedoch zu wünschen übrig. Die Menschen waren noch lange auf ihre eigene Hilfe angewiesen, die Löscharbeiten blieben planlos und die Flucht das einzige Mittel bei größeren Bränden.
Die Gemeinde St. Veit besaß von ihrer Gründung nach Aufhebung der Grundherrschaft an immerhin eine Löschspritze, und in Ober St. Veit floss der Marienbach größtenteils noch offen durch den Ort und lieferte Löschwasser. Der grundlegende Mangel aber war auch hier das Fehlen einer organisierten und ausgebildeten Löschmannschaft. Wenn es brannte, liefen alle zusammen, der Bürgermeister, so erreichbar, hatte das Kommando, und man löschte auf teilweise laienhafte Art, so gut man konnte.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auch auf dem Land begonnen, sich durch die Aufstellung von Lösch-Corps selbst zu helfen, die dann auch taktisch geschult wurden und unter Disziplin standen. Diese Verbände erhielten keinerlei Bezahlung, sondern schöpften stattdessen aus der selbst auferlegten Pflicht Stolz und Genugtuung. Sie bezeichneten sich als „Freiwillige Feuerwehr", und ihr Wahlspruch war „Gott zur Ehr’, dem Nächsten zur Wehr". Bald war kein größeres Dorf mehr ohne Freiwillige Feuerwehr.
In Ober St. Veit nahmen die Bürger zwei Großbrände als Anlass, um im Jahr 1861 ein Löschcorps zu gründen. Ausstattung und Organisationsgrad entsprachen aber noch keineswegs den späteren Feuerwehren. Auf Basis der neuen Feuerpolizeiordnung des niederösterreichischen Landtages beschloss der Ober St. Veiter Gemeindeausschuss 1870 die Errichtung einer „Freiwilligen Feuerwehr" in Ober St. Veit, die aber in vielen Belangen die Fortführung des bestehenden Löschcorps war.
Viele der ländlichen Feuerwehren bestehen bis heute und sind nach wie vor ehrenamtlich. Feuerwehren stadtnaher Dörfer sind meist im Rahmen der Ausdehnung der Ballungszentren in deren Berufsfeuerwehren aufgegangen. Die Chronologie des Feuerwehrwesens von Ober St. Veit kann dies veranschaulichen.