Interview mit Mag. Friedrich Unterwieser
1973 wurde er Mitglied der Sozialistischen Partei Österreichs, seit 1988 ist er Vorsitzender der Hietzinger Bildung, seit 1991 Bezirksrat, seit 2001 Klubobmann der SPÖ-Hietzing. Seit 22. Jänner 2015 ist er Bezirksvorsteherin-Stellvertreter in Wien-Hietzing.
17.02.2015
Vorbemerkung: Die Fragen von hojos sind in grüner kursiver Schrift dargestellt, die Antworten von Friedrich Unterwieser in normaler Schriftart.
Ich gratuliere dir zur Ernennung zum Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Hietzings! Hast du Familie?
Ich bin seit 1974 mit Traude verheiratet. Sie ist wie ich in Friesach geboren und 1970 sind wir gemeinsam nach München ausgewandert. Kinder haben wir keine.
Du wirst gerne als Leistungssportler dargestellt. Welche Sportarten betreibst du?
Vor allem Tennis, das spiele ich das ganze Jahr. Ich habe an den niederösterreichischen und Kärntner Meisterschaften teilgenommen. Jetzt trainiere ich im Colony Club in Hüttldorf und bin eingeladen worden, heuer für diesen Klub in der Alterskategorie 65+ in der Bundesliga zu spielen. Seit vielen Jahren trainiere ich mit Hannes Dunst.
Ich fahre auch gerne Ski, vor einigen Jahren unternahm ich einen Heliskiing-Urlaub in Canada. Seit einiger Zeit versuche ich mich in Mariahof auch im Golfsport. Wenn es Gelegenheit gibt, spiele ich auch gerne Tischtennis und gehe Laufen (Hörndlwald, Lainzer Tiergarten). Früher war das Windsurfen für rd. 20 Jahre mein Lieblingssport.
Hast du weitere Hobbys?
Schon, ich lese viel, meist bleibt es aber bei Wirtschaftsliteratur und anderen Sachbüchern. Ich besuche gerne Jazzkonzerte und klassische Konzerte oder schaue mir Stücke in einer der vielen Wiener Theaterbühnen an, gerne auch auf kleineren Bühnen. Ich bin auch sonst sehr kulturinteressiert, doch Opernfan bin ich nicht.
Du bist pensionierter Banker und die politische Arbeit für den Bezirk ist wohl dein neuer Full-Time-Job?
Genau, wobei sich allerdings der Einsatz als Bezirksvorsteherin-Stellvertreter kaum von der Tätigkeit für die Hietzinger SPÖ trennen lässt.
Erzähl' uns ein bißchen aus deinem früheren Berufsleben!
Ich habe einen eher außergewöhnlichen Lebensverlauf aufzuweisen. Nach der Buchdruckerlehre habe ich in München in einer Wertpapierdruckerei als Buchdrucker gearbeitet, bin anschließend nach Wien gegangen um die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt für`s Graphische Gewerbe zu absolvieren. Insgesamt habe ich 20 Jahre im Graphischen Gewerbe gearbeitet bevor ich Anfang 1984 mit dem Wirtschaftsstudium begonnen habe.
Das Studium der Volkswirtschatfslehre habe ich 1989 beendet und bin anschließend in die damalige Zentralsparkasse eingetreten. Ich habe da die Chance erhalten, ein 2-jähriges Traineeprogramm absolvieren zu dürfen. Nach der Tätigkeit als Kreditreferent bin ich etwa 1993 ins Sanierungsmanagement gewechselt und habe diesen Job als Abteilungsleiter bis zu meiner Pensionierung 2011 ausgeübt. Die Aufgabenstellung in der Bank Austria war sehr interessant und abwechslungsreich und hat mir die Möglichkeit geboten, neben der Mitarbeiterführung auch viele engagierte Diskussionen mit Unternehmern, Managern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Betrieben und mit Gewerksschaftsvertretern zu führen.
In meiner Freizeit habe ich mich schon seit 1973 für die SPÖ engagiert und bin dann 1991 als Bezirksrat angelobt worden. Ab 2001 übernahm ich die Funktion als Klubobmann für die SPÖ in Hietzing. Ich hatte also genügend Zeit mich auf meine neue Funktion vorzubereiten.
Was sind ganz allgemein deine wichtigsten politischen Anliegen?
Ich bin ein Anhänger der EU weil ich glaube, dass die Nationalstaaten heute mit den globalisierten Aufgabenstellungen überfordert sind. Vor allem deshalb muss die Politik wieder das Primat über die Wirtschaft zurückerobern. Schließlich ist die Wirtschaft für den Menschen da und nicht umgekehrt. Die heutigen neoliberalistischen Tendenzen sind mir überhaupt ein Gräuel. Es kann doch nicht sein, dass über 9/10 des Kapitals in Spekulationsgeschäfte fließen und dort mehr Geld verdient wird, als in der Realwirtschaft. Die hunderte Milliarden Euro oder Dollar die in die Finanzwirtschaft geschauffelt werden, schaffen keine Arbeitsplätze für die arbeitende Bevölkerung. Wissenschaft, Forschung und Ökologie kommen bei diesem System ohnehin viel zu kurz.
Manche sagen, der Kapitalismus funktioniert so perfekt, dass die Welt nicht mehr zu retten ist.
Tja, darauf haben wir noch keine allgemeingültige Antwort. Es stellt sich die spannende Frage, wie könnte ein soziales, nachhaltiges Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aussehen? Wohin geht die Reise? Unsere Sozialpartnerschaft war viele Jahrzehnte ein Garant für sozialen und wirtschaftlichen Erfolg, mit ihr wurde aus einem am Boden zerstörten Land, ein industrialisiertes Musterland geschaffen. Doch dann ist Ende der 1970er-Jahre mit dem Entstehen der neoliberalen Marktwirtschaft in den USA unter Reagan, dann in England unter Maggie Thatcher die Privatisierung eingeleitet worden. In der Folge wurden viele staatliche Unternehmen mit vielen Milliarden „herausgeputzt“ (die Braut musste ja attraktiv hergerichtet werden) und anschließend viel zu billig privatisiert. Dabei ist man auch in Österreich viel zu weit gegangen und wir Sozialdemokraten – dass muss selbstkritisch angemerkt werden – haben das zum Teil mitunterstützt. Die Marktwirtschaft hat viele Vorteile, wobei ich für eine SOZIALE Marktwirtschaft plädiere. Sie ist effektiv und innovativ, aber sie ist leider nicht bereit und willens die erwirtschafteten Erfolge auch nur einigermaßen gerecht zu verteilen. Auch die Konsumenten müssen sich hier stärker einbringen und ihrer politischen Macht bewusst werden.
Wie schaut’s mit der Umweltpolitik aus?
Ich habe hier selbst eine gewisse Wandlung erlebt. Zum Beispiel war ich bei der seinerzeitigen Abstimmung über das AKW Zwentendorf für die Inbetriebnahme. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass angesichts von tausenden Atombomben die friedlich genutzte Atomenergie ein Problem sein könnte. Heute sehe ich das anders. Das damit verbundene Risiko ist viel zu hoch und es gibt kein taugliches Konzept für die Endlagerung der Abfälle. Der Atomstrom müsste bei Einrechnung der geschätzten Endlagerungskosten – das Problem ist, dass sie keiner kennt – wesentlich teurer sein. Auch andere Energiequellen wie das Fracking sehe ich sehr kritisch.
Ist es nicht ein entmutigender Widerspruch, dass wir permanent zu mehr Konsum aufgerufen werden, um die Wirtschaft am Leben zu halten, in Wirklichkeit aber sehr verschwenderisch leben und mit den Ressourcen viel sparsamer umgehen sollten?
Diesem Argument kann ich leider nicht widersprechen. Aber wir dürfen uns nicht entmutigen lassen und müssen die wirtschaftliche Entwicklung endlich vom stetig steigenden Ressourcenverbrauch entkoppeln. Wir müssen in Zukunft viel nachhaltiger und umweltbewusster produzieren und auch unsere Lebensweise – insbesondere in der industrialisierten Welt – stärker hinterfragen.
Ich habe dich als überzeugten Sozialdemokraten kennen gelernt. Sind die aktuellen Entwicklungen wie steigende Arbeitslosigkeit und drastisch sinkende Einkommen im unteren Bereich nicht unerträglich für dich?
Ja diese Entwicklung ist nicht akzeptabel. Wir müssen die vorhandene Arbeit gerechter verteilen. Es ist weder wirtschaftlich noch sozial verantwortbar, dass immer weniger Menschen immer mehr arbeiten und viele, viele millionen Menschen keine Arbeit und damit kein Einkommen haben. Insbesondere die sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit verbreitet Frust und Hoffnungslosigkeit und wird in Zukunft verstärkt soziale Spannungen hervorrufen. Es ist daher höchste Zeit über Überstunden, Arbeitszeitverkürzung und zusätzliche Ausbildungsinitiativen auf breiter Basis zu diskutieren. Das große Problem ist, dass viele Menschen, auch wenn sie bestens ausgebildet sind, keinen Job mehr finden oder vielleicht den einen oder anderen unbezahlten Job als Praktikantin bzw. Praktikant.
Kommen wir zu unserem Bezirk. Ihr versprecht anlässlich der bevorstehenden Gemeinderats- und Landtagswahl zukunftsträchtige Lösungen unter anderem für Wohnbau, Sicherheit, Nahversorgung, Anbindung an den öffentlichen Verkehr und kulturelle Angebote. Das klingt sehr ambitioniert, was meint ihr damit ganz konkret?
Wohnbau: Wien ist eine wachsende Stadt. Wir wollen, dass auch Hietzing wächst und die Mieten leistbar werden. Natürlich haben wir nicht die Grundstücksreserven wie die Hauptentwicklungsachsen Wiens. Daher brauchen wir verdichtetes Wohnen durch bessere Nutzung der bestehenden Bauflächen. Erreichen wollen wir das vor allem durch Anpassung der Flächenwidmungen, damit dichteres und etwas höheres Bauen möglich wird. Projekte wie am Rosenhügel, am Fasangarten und an der Preyergasse müssen auch Anteile an geförderten Wohnungen haben.
Zwischenfrage: Hietzing ist aber ein Bezirk, dessen Lebensqualität neben dem hohen Grünanteil aus den historischen Ortskernen und seiner großflächig niedrigeren Verbauung resultiert. Das würde durch die Bauklasse 3 und höher zerstört werden.
Dort wo es wirklich noch den dörflichen Ortscharakter gibt, soll er nach Möglichkeit erhalten werden. Die Widmung z.B. mit Bauklasse 3 ist daher in einigen Bereichen möglich und sinnvoll, muß aber je nach dem Ortscharakter immer individuell entschieden werden. Hietzing besteht zu 70% aus Grünflächen, daran soll sich grundsätzlich auch in Zukunft nichts ändern.
Weitere Zwischenfrage: Außerdem führen die Umwidmungen zu erheblichen Spekulationsgewinnen, die den Zerstörungsdruck weiter erhöhen.
Natürlich, aber dass ist ja kein Naturgesetz. Ich persönlich bin ja der Meinung, dass solche Spekulationsgewinne zugunsten der Allgemeinheit dienenden Infrastrukturmaßnahmen oder anderer sozialer Zwecke beschnitten werden sollten. Aber unser striktes Eigentumsrecht macht es schwer, diese Widmungsgewinne der Allgemeinheit zuzuführen.
Sicherheit: Mit der Zusammenlegung der Wachzimmer Gloriettegasse und Speising im Projekt Fasangarten sind wir nicht glücklich. Die Zusammenlegung ist aber nicht mehr zu ändern, die neue Polizeidienststelle wäre aber im Areal bei der Preyergasse besser situiert gewesen, dort gibt es bessere Zufahrtsmöglichkeiten und mehr Parkplätze. Das haben wir auch durch Anträge in der Bezirksvertretung kommuniziert. Immerhin sollen dort 40 Beamte tätig sein. Konsens haben wir mit Bürgermeister Dr. Häupl in der Forderung nach mehr Polizeistreifen auch auf Hietzings Straßen. Wichtig ist auch, dass Problemzonen flexibler und nach aktuellen Vorfällen intensiver überwacht werden.
Nahversorgung: Letztendlich entscheidet der Konsument über die Struktur der Nahversorgung, und der geht in die Supermärkte. Wichtig erscheint es uns, die Wochenendmärkte auch in anderen Bezirksteilen, etwa in Speising und auf dem sogenannten „Dreiecksplatz“ im Projektgebiet Preyergasse zu etablieren. Das kleinstrukturierte Gewerbe, für das es noch viele erfolgreiche Beispiele gibt, sollte durch steuerliche Erleichterungen begünstigt werden.
Verkehr: Hier steht die Realisierung des Projektes neue Verbindungsbahn mit drei Haltestellen (an der Stranzenbergbrücke, in Speising und an der Hietzinger Hauptstraße) und mit verdichteten Intervallen im Vordergrund. Aber da haben wir im Bezirk ja Konsens. Zusätzlich wollen wir den öffentlichen Verkehrs weiter forcieren und noch attraktiver gestalten. Auch für Fußgänger und Radfahrer muss der Bezirk noch attraktiver gestaltet werden.
Zusatzfrage: und wie konkret?
Die Sanierung der U4 nach Hütteldorf wird im Laufe des Jahres in Angriff genommen und auch die Silberpfeile sollten so rasch als möglich durch neue attraktivere Züge ersetzt werden. Die Routenplanungen der Buslinien sind ebenfalls regelmäßig zu überprüfen und auf notwendige Veränderungen anzupassen. Die Straßenbahnlinien sind gegenüber dem Individualverkehr noch stärker zu bevorrangen.
Die Argumente für die Verlängerung der U-Bahn nach Auhof sind doch recht massiv: Die Einfahrt nach Wien würde entlastet und dort wächst eine prosperierende Wohn- und Geschäftsgegend. Auch die Kosten hielten sich im Vergleich zu anderen U-Bahnkilometern in Grenzen. Wieso seid ihr dagegen?
Die Verlängerung der U4 wird im Bezirk schon seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Wir waren in den letzten Jahren gegen eine Verlängerung der U4 über Hütteldorf hinaus, da es außer in der sogenannten Stosszeit keine nur annähernd notwendige Auslastung gegeben hätte. Da Hietzing keine Parkraumbewirtschaftung hat und somit die Einpendler bei uns gratis parken können, werden sie auch weiterhin diese Parkmöglichkeiten nützen und nicht auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Mit der steigenden Bedeutung des Auhof-Center könnte sich die Verlängerung der U4 in der Zukunft besser argumentieren lassen.
Da höre ich ja schon ein leises Umdenken. Kommen wir zum kulturellen Angebot.
Da die Stadt Wien als eine der besten Kulturstädte der Welt gilt, ist es nicht ganz leicht, in einem Randbezirk wie Hietzing ein gleichwertiges Alternativprogramm auf die Beine zu stellen. Im Amtshaus, im Bezirksmuseum, in der VHS und in der Klimtvilla werden immer wieder interessante Programme mit unterschiedlichsten Künstlerinnen und Künstlern angeboten. Auch während der Hietzinger Bezirksfestwochen werden viele Kulturveranstaltungen angeboten.
Was also wirklich fehlt sind Auftrittsmöglichkeiten für junge, engagierte aber noch relativ unbekannte Nachwuchskünstlerinnen und Künstler. Wir haben daher den Hietzinger Kulturverein neu aufgestellt. Das neuformierte Team wird alternative Konzepte entwickeln und neue moderne Formen von Kunst und Kultur gemeinsam mit der Hietzinger Bevölkerung initiieren.
In welcher Weise wollt ihr die Freizeiteinrichtungen verbessern? Ist für euch ein Freiluft-Sportpark denkbar und wo?
Wir haben bereits verschiedene Standorte auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Errichtung eines „Sportparkes“ überprüft und mussten leider feststellen, dass uns dafür die geeigneten Grundstücke fehlen. Das neue Projekt Preyergasse bietet jetzt endlich die Möglichkeit eine Turnhalle in Speising zu errichten.
Wo und wie konkret wollt ihr Fußgänger- und Begegnungszonen schaffen bzw. ausdehnen?
In Hietzing fehlt leider ein Gesamtverkehrskonzept. Dieses müsste verstärkt auf die Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs, der Fußgänger und Radfahrer Rücksicht nehmen. Wir werden in den nächsten Monaten Konzepte erarbeiten und diese der Bezirksbevölkerung als Diskussionsgrundlage vorstellen. Über mögliche Standorte zu spekulieren ist daher noch verfrüht.
Wo und wie soll mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden? Was die Radfahrer betrifft, ist der zur Verfügung stehende Platz nicht vermehrbar und Bodenmarkierungen alleine gibt’s genug. Seid ihr für das generelle Befahren von Einbahnen in Gegenrichtung durch Radfahrer?
Nicht nur Autofahrer und Fußgänger sondern auch Fußgänger und Radfahrer kommen sich oft – wie man so schön sagt – „ins Gehege“. Es sollte daher offen und kritisch über das veränderte Mobilitätsverhalten unserer Gesellschaft diskutiert werden. Das Ziel dieser öffentlichen Diskussionen – mit Hilfe einer entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung aller Medien – muss es sein, wesentlich mehr Verständnis und Rücksicht für den jeweils anderen Verkehrsteilnehmer zu entwickeln. Die Straßen in Hietzing sind nun einmal nicht die breitesten. Rad- und Autofahrer sowie Fußgänger müssen sich in Zukunft gleichberechtigt im öffentlichen Raum bewegen können. Vielleicht wäre die Einführung von Tempo 30 im Bezirk – außer auf den Hauptstrassen – dazu ein wichtiger Beitrag.
Ihr bemängelt auch die Qualität der Straßen. Was sind eure konkreten Ansätze?
Das fällt auch in das oben Gesagte – zusätzlich müsste in den Nebenstrassen eine Beschränkung für Sattelkraftwägen eingeführt werden.
Zur Causa Prima, dem neuen Rehab-Zentrum im Hörndlwald. Die Fakten: Die pro mente Reha plant auf Einladung der Gemeinde Wien ein Burn-Out-Zentrum an der Stelle des ehemaligen Josef-Afritsch-Heimes. Die Bezirksvorstehung wurde von diesem Projekt erst am Tag der offiziellen Bekanntgabe informiert. Das Areal ist Landschaftsschutzgebiet, Naturdenkmal und Lebensraum geschützter Pflanzen- und Tierarten. Mangels glaubhaften Verkehrskonzept kennt niemand die tatsächlichen Auswirkungen. Die bestehende Bauwidmung, auf die stereotyp hingewiesen wird, stammt aus einer Zeit mit anderem Zugang zum Umweltschutz. Der Bürgerwille ist angesichts einer von fast 8000 Menschen unterschriebenen Petition eindeutig gegen jede Verbauung. Das bestätigt auch die bei Redaktionsschluss noch laufende Internetumfrage der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik mit einem Zwischenergebnis von 162:11 gegen das Projekt. Meine Frage also: Woher nehmt ihr die Gewissheit, dass die Auswirkungen des pro-mente-Projektes auf die dortige Wohnqualität und auf Fauna und Flora tatsächlich vernachlässigbar sind?
Das ist aber schon etwas mehr als eine neutrale Fragestellung. Ich könnte daher etwas polemisch antworten, über 40.000 Bewohner haben sich dazu nicht negativ geäußert. Aber dieses Thema ist mir zu ernst und ich möchte daher deine Frage rein sachlich beantworten.
Leider hat man es verabsäumt das Afritsch-Heim in seiner ursprünglichen Funktion zu erhalten. Aber das ist heute leider nicht mehr zu ändern. Es ist aber erst einige Jahre her, dass alle vier Fraktionen gemeinsam einen Antrag stellten, die sinnvolle Nachnutzung des Afritsch-Heimes für soziale, nachhaltige Projekte sicher zu stellen.
Ohne auf die von pro mente vorgestellten Projektunterlagen näher einzugehen, werden von der ÖVP und der FPÖ willkürlich die zu Recht zu stellenden Fragen wie z.B. Verkehrsentwicklung, öffentliche Zugänglichkeit, Bürgerinformation, Standortfrage usw. dramatisiert und teilweise mit Horrorargumenten (der Hörndlwald wird gerodet) unterlegt.
Pro mente und die Stadt Wien haben es sich diesbezüglich nicht leicht gemacht. Gerade dieser Standort ist aufgrund seiner abgeschiedenen Lage für dieses Projekt besonders gut geeignet. Der öffentliche Durchgang bleibt auch weiterhin bestehen und der gesamte Hörndlwald bleibt unverändert als Naherholungsraum für alle Bürgerinnen und Bürger offen. Ein von den Anrainerinnen und Anrainern befürchtetes erhöhtes Verkehrsaufkommen – wie es beispielsweise bei der Errichtung einer Wohnhausanlage der Fall sein könnte – ist bei diesem Projekt, wo Abgeschiedenheit, Ruhe und Erholung für die Patienten im Vordergrund steht, nicht zu befürchten.
Ich bin daher der Meinung, dass die Umsetzung dieses wirklich sozialen, nachhaltigen Projektes und insbesondere die Einbettung dieser geplanten stationären Rehabilitationseinrichtung für Burn-out-Patienten in die Natur des Hörndlwaldes, die auch zukünftig gesicherte Offenhaltung dieses Naherholungsgebietes für alle Bürgerinnen und Bürger (ich selbst will ja auch weiterhin durch den Hörndlwald joggen) sowie die Schaffung von 60 Vollzeitarbeitsplätzen im Bezirk ein wichtiges und daher unterstützenswertes Projekt für unseren Bezirk ist.
Die Diskussion bei der Bürgerversammlung hat aber auch gezeigt, dass die von Seiten der Anrainerinnen und Anrainer aufgezeigten berechtigten Sorgen und Wünsche ernst zu nehmen und bei der Umsetzung des Projektes soweit als möglich zu berücksichtigen sind.
Das Krankenhaus Hietzing ist in seiner Gesamtheit ein medizinisches und kulturelles Denkmal ersten Ranges. Gespräche mit Beteiligten ergeben keine tatsächliche medizinische Notwendigkeit, die wertvolle Bausubstanz teilweise abzubrechen. Werden ihr euch gegen die Zerstörung einsetzten?
Das Krankenhaus Hietzing wird im Rahmen des Wiener Spitalskonzeptes am derzeitigen Standort neu konzipiert und ist auch weiterhin ein wichtiger Standort für die Gesundheitsversorgung. Der Neubau des Krankenhauses soll in Form eines Zentralbaues mit 882 Betten erfolgen. Der Schwerpunkt wird in Zukunft auf die Versorgung von älteren Menschen und chronisch Erkrankten gelegt. Zusätzlich zu den Abteilungen für Neurologie und Innere Medizin wird die orthopädische Abteilung aus dem Otto-Wagner-Spital nach Hietzing verlagert. Tageskliniken werden in den Bereichen Augenheilkunde, Urologie und Gynäkologie angeboten. Dazu kommen zwei psychiatrische Abteilungen, die Kardiologie und die Herzchirurgie werden in das KH-Nord verlagert.
Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, niemand kann sich eine Wohnungsnutzung am Areal des denkmalgeschützten GZW vorstellen, sondern nur soziale, allen zugute kommende Nutzungen. Wieso forciert die SPÖ diese kaum nachvollziehbare Strategie?
Im GZW ist als Nachfolgeprojekt die Errichtung der „Parkstadt Hietzing“ mit rd. 900 Wohnungen geplant. Da in Hietzing überwiegend nur mehr freifinanzierte Wohnungen errichtet werden ist es für uns sehr wichtig, dass bei diesem Projekt auch für jüngere Bürgerinnen und Bürger leistbarer, das heißt geförderter Wohnraum zur Verfügung gestellt wird.
Naja, bei deinen letzten Zitaten aus dem Wiener Prospektfundus blutet mein Spar- und Kulturerbe-Herz. Natürlich gäbe es noch weitere Fragen, aber das ist jetzt schon das möglicherweise längste jemals in Hietzing geführte Interview; dafür danke ich dir sehr herzlich.