Der Fasching

Eine Tradition im Wandel der Zeit
10.03.2017

Bisher war es in unserer Region der Brauch, den Fasching mit den Hl. Drei Königen beginnen zu lassen, also am 7. Jänner. Bei einer der letzten Generalversammlungen des Bundes Österreichischer Faschingsgilden (BÖF) soll jedoch beschlossen worden sein, dass der Fasching in unseren Breiten mit 1. Jänner des neuen Jahres beginnen kann. Es obliegt aber den Landesverbänden der einzelnen Bundesländer, den Start beliebig festzulegen, dann aber den Beginn dieser Tradition gemäß dieser Regel einzuhalten. Bis zur Internetseite des Bundes Österreichischer Faschingsgilden, hat sich diese Neuerung allerdings noch nicht herumgesprochen. Sehr wohl Eingang in den Webauftritt des BÖF fand aber die vom Bundesverbandstag 2015 einstimmig verabschiedete zeitgeistige Ethik-Charta. Unter anderem dürfen jetzt Fasching und Karneval niemanden in seinen Gefühlen verletzen. Aus ist’s mit Neger- und Indianerkostümen etc. Für die bunten Faschingsumzüge ist das wohl das geringere Problem, doch über wen werden die Redner in den Faschingssitzungen der Gilden jetzt scherzen?

Die Faschingsumzüge sind eine der Hauptaktivitäten jeden Faschings, auch in Wien. Vor langer Zeit wurde gemeinschaftlich ein großer Faschingsumzug auf der Ringstraße veranstaltet, später übernahmen es die damals fünf Wiener Faschingsgilden, den Faschingsumzug alternativ in ihren Bezirken zu veranstalten. Doch Faschingsumzüge kosten neben aufwendiger Vorarbeiten sehr viel Geld, und die öffentliche Hand ist nicht mehr bereit, diese Veranstaltungen zu subventionieren. Sponsoren der Privatwirtschaft fallen wegen der wirtschaftlichen Flaute ebenfalls als Geldgeber aus. Nach dem Motto „ka Göd, ka Musi“ ist die Tradition des Faschingsumzuges in den Wiener Bezirken gestorben. 2008 war der letzte Faschingsumzug in Ober St. Veit, 2015 auch im letzten Bezirk.

Natürlich stellte sich die Frage, in welcher Form man diese Tradition trotzdem fortsetzen konnte. Folgende Kriterien waren zu beachten: Es darf nicht viel Geld kosten, das Areal soll keiner Verkehrssperren und Umleitungen bedürfen, die Ausgaben für Ordnungskräfte und die behördlichen Bewilligungen müssen überschaubar bleiben etc. Nach langer reiflicher Überlegung wurde der Wiener Prater als günstigstes Areal in Wien gefunden. Veranstaltet wird er seit dem Vorjahr von „Fasching Aktiv“, eine relativ junge, dem niederösterreichischen Landesverband zugehörige Wiener Faschingsgilde. Die 600-Jahr-Feiern des Wiener Praters 2016 waren auch eine günstige Einstiegsgelegenheit.

Die Narren aus Ober St. Veit auf dem Weg in den Prater. 25. Februar 2017 © Archiv 1133.at
<p><b>Die Narren aus Ober St. Veit auf dem Weg in den Prater</b></p><p>25. Februar 2017</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Ergänzend dazu hat der Landesverband Wien und Burgenland beschlossen, in den Wiener Bezirken die „Elf närrischen Tage“ vor dem Aschermittwoch zu feiern. Jede Gilde soll in diesen Tagen eine Veranstaltung ausrichten. Das ist heuer auch geschehen, jedoch ist es als Aufgabe für nächstes Jahr mitzunehmen, auch für eine breitere und publikumswirksamere Ankündigung zu sorgen.

Insgesamt wird der Fasching in Wien mit folgenden fixen Festen begangen:
• Das Narrenwecken am 11.11. an einem zentralen Ort, seit einigen Jahren in der Lugner City. Das ist keineswegs mit dem Faschingsbeginn gleichzusetzen, sondern es ist nur der offizielle Beginn der Funktionärsarbeit.
• Der Faschingsbeginn und die Inthronisierungsbälle der Gilden ab 1. Jänner des neuen Jahres.
• Die neuen „Närrischen 11 Tage“ als gemeinsame Open-air- oder Indoorparty Wiener und Burgenländischer Gilden mit dem Landes-Prinzenpaar. Sie finden entweder am Naschmarkt oder in einem Veranstaltungszentrum des jeweiligen Bezirkes statt.
• Individuelle Faschingssitzungen, die Teilnahme an Umzügen und an Karnevalsveranstaltungen im In- und Ausland europaweit.
• Der Große Faschingsumzug im Prater.
• Die Faschingsverbrennungen, das Beerdigen, Konservieren, Ertränken des Faschings oder dessen Halbjahresschlaf. Das ist von Gilde zu Gilde verschieden.

Ihre
Emma Zorga, Ministerpräsidentin des Narrenzentrums Ober St. Veit, Wiens älteste Faschingsgilde seit 1886 e.V.

auf 1133 gestellt von hojos
10. März 2017