Berufe und Beschäftigung in Ober St. Veit

Basis für diese Darstellung sind die Wohnungsbögen der Volkszählungen 1869 und 1880 der damals noch selbständigen Gemeinde Ober St. Veit. Geordnet nach den damaligen Hausnummern (Konskriptionsnummern) und den Wohnungsnummern sind darin alle anwesenden und abwesenden Bewohner der Ortsgemeinde und teilweise auch deren Gäste genau beschrieben.

Ausgewertet wurden vor allem die Angaben in den Feldern „Beruf“ und „Verhältnis“. Das Feld „Beruf“ enthält Einträge wie „Schneidermeister“ oder nur „Schneider“, das Feld „Verhältnis“ Angaben wie „besteuert im Berufe tätig“ oder „Geselle“ oder „Lehrling“ etc. Die Auswertung der Angaben in den insgesamt 6557 verwendbaren Datensätzen war allerdings nicht nur wegen der großen Zahl sehr aufwändig, sondern auch wegen der notwenigen Überarbeitung.  Mit der Erstellung dieser Bögen waren verschiedene Beamte beschäftigt und deren Genauigkeit und Auffassung vom verlangten Inhalt denkbar unterschiedlich. Zum Beispiel wurde das Feld „Verhältnis“ oft auch als Detail zum Beruf verwendet (z. B. Beruf: Handarbeit, Verhältnis: Näherin) oder andere dienliche Angaben wie „Hausbesitzer“ hinzugefügt. Manchmal wurden die Felder überhaupt vertauscht oder sogar widmungsfremd verwendet.

Ein weiteres Erschwernis in der Auswertung dieser Daten waren die in vielerlei Hinsicht unterschiedlichen oder unpräzisen Bezeichnungen der jeweiligen Tätigkeit. Um Begriffe wie „Handarbeit“ oder „Hausarbeit“ richtig zu deuten, war oft die Stellung der jeweiligen Person von Bedeutung: war es die im gemeinsamen Haushalt oder im Geschäft (mit-)tätige Gattin, die unverheiratete Tochter, eine fremde Haushälterin oder eine Hilfskraft. „Handarbeit“ war überhaupt eine Umschreibung für die verschiedensten Tätigkeiten in unterschiedlichen Berufen. Genauso wurde die Bezeichnung „Gehilfe“ sehr breit verwendet und konnte sowohl ausgelernte Gesellen als auch ungelernte Hilfsarbeiter betreffen. Es war machmal auch schwer oder unmöglich zu erkennen, ob ein Meister oder ein Gehilfe seine Tätigkeit in einem Gewerbebetrieb oder in einer Fabrik ausübte. In vielen Fällen musste auch zwischen erlerntem und tatsächlich ausgeübtem Beruf unterschieden werden. Ein weiteres Beispiel schwieriger Zuordnung ist die Unterscheidung in Milchmeier und Milchhändler. Das für die Zuordnung maßgebliche Verhältnis von Eigenproduktion und Handel wurde sehr unterschiedlich gehandhabt.

Trotz aller Vorbehalte gibt die folgende Tabelle einen noch nie dagewesenen Einblick in die Arbeitswelt der Menschen im alten Ober St. Veit. Darüber hinaus können durch den Vergleich der Jahre 1869 und 1880 interessante Erkenntnisse gewonnen werden. So mache geschichtliche Gegebenheit, wie beispielsweise die Folgen der Zuwanderung, die Änderungen der wirtschaftlichen Grundlagen und das Wachstum von Handel und Gewerbe, aber auch der Milchwirtschaft zulasten der anderen landwirtschaftlichen Bereiche, insbesondere des Weinbaus, sind darin nachvollziehbar. Manche Veränderungen sind aber nicht erklärbar und vielleicht eine Folge von variierenden Rahmenbedingungen wie der Wirtschaftskrise ab 1873 oder von individuellen Ereignissen. Es können aber auch methodische Unterschiede und veränderte Zuordnungen zu Schwankungen führen. Deshalb ist in allen Fällen auf die Gefahr von falschen Interpretationen zu achten und bei Bedarf genauer zu recherchieren.

Die Daten wurden in keine historische, oft von Standeshierarchien geprägte, und auch in keine moderne Banchensystematik gezwängt. Die Berufsbezeichnungen wurden auf die am häufigsten verwendeten oder verständlichsten Bezeichnungen harmonisiert, in einem notwendigen Ausmaß gruppiert und möglichst übersichtlich und aussagekräftig geordnet. Diese Eingriffe waren der Übersichtlichkeit halber notwendig, wurden aber zugunsten eines möglichst ungetrübten Einblicks in die historische Arbeitswelt gering gehalten. Deshalb wurden beispielsweise die Gärtner, Gemüsegärtner, Handelsgärtner und Ziergärtner nicht zu „Gärtnern“ zusammengefasst sondern getrennt gelistet. Das kann natürlich wegen unterschiedlich genauer Bezeichnung in den Vergleichsjahren zu unterschiedlicher Zuordnung und zu Brüchen in den Datenreihen führen.

Der Teil 1 der Tabelle umfasst alle Bewohner Ober St. Veits, die einen darin erfassten Beruf ausübten oder in einer Fabrik arbeiteten, der 2. Teil der Tabelle umfasst alle sonstigen Tätigkeiten oder Stände. Natürlich ist darauf hinzuweisen, dass die Statistik zwar alle in Ober St. Veit lebenden Personen erfasst, aber ein nicht näher bezifferbarer Anteil außerhalb des Ortes arbeitete.