Unser Himmelhof einst und jetzt

Vortrag von Herrn Emil Mlejnek
22.03.1994

Sehr geehrte Damen und Herren!

Was Sie hier heute sehen und hören werden, ist das Ergebnis einer wunderschönen Zusammenarbeit zwischen Menschen, die sich in diesem Lokal regelmäßig treffen, um Bild- und sonstige Dokumente, die sie aufgetrieben haben, zu sichten und tauschen. Sie machen das nicht, weil ihnen so fad ist, sondern weil ihnen ihr Heimatort wirklich so am Herzen liegt.

Scheinbar lag das Thema HIMMELHOF direkt in der Luft, denn zur gleichen Zeit wälzten unabhängig voneinander drei Personen dieses Thema und durch Herrn Johann Brennig animiert, eine ganze Gruppe. Nun wurde ich dazu ausersehen, das zusammengetragene Wissen Ihnen vorzulegen und einer der unermüdlichen Sammler, Herr Mag. Ewald Königstein übernimmt die Funktion des Bildoperateurs, der Ihnen die fotografischen Kostbarkeiten vorführen wird.

Ohne unseren HIMMELHOF wäre Ober Sankt Veit ein ehemaliger Vorort von Wien wie viele andere auch, z.B. Simmering, Kagran, Eßling etc. Doch der Himmelhof begrünt und bekrönt dieses Ortsbild in unnachahmlicher Weise und ist zugleich prächtige Kulisse auch für Lainz und Hacking. Er ist der gegen Osten abfallende Rücken des Hagenbergs, dessen Gipfel 411m Höhe im Lainzer Tiergarten unweit des Adolfstores in ungefähr nördlicher Richtung liegt.

Eine Reihe von markanten Erhebungen am Ostrand des Wienerwaldes bildet das Ende der Alpen und reicht von der Thermenlinie bis zum Bisamberg: Hoher Lindkogel, Anninger, Parapluiberg, Hagenberg, Satzberg, Heuberg, Dreimarkstein, Hermannskogel, Kahlenberg, Leopoldsberg und Bisamberg. Außer dem Hohen Lindkogel und dem Anninger ist diese Reihe auch die weltberühmte grüne Einrahmung Wiens. Ihre Südostabhänge boten sich günstig für den Weinbau an und so entstanden hier die bekannten Weinorte Pfaffstätten, Gumpoldskirchen, natürlich auch Vöslau und Sooß, dann Brunn am Gebirge, Perchtoldsdorf, Mauer, Ober Sankt Veit, Neustift, Sievering, Grinzing, Nussdorf, Langenzersdorf, Strebersdorf und Hagenbrunn. Die unzähligen Heurigenlokale dort waren und sind für viele Generationen von Weinstudierenden Zielpunkte von bleibendem Wert.

Im Vergleich zum Hackinger, Hütteldorfer und Speisinger galt der Ober Sankt Veiter Wein als guter Tropfen, der hier in zahlreichen Gasthäusern ausgeschenkt wurde: Im ehemaligen Gemeindegasthaus MAGDLEN, Ecke Glasauergasse Hietzinger Hauptstraße, wo heute die Schule steht, im prominenten KASINO, beim BAUER, beim DÖLTL, beim HEINRICH, beim PURANER, beim RAINER (heute die Apotheke), beim KREMSER (Auhofstraße – Tuersgasse), beim BÖCK, MARSCHALL (Hietzinger Hauptstraße – Testarellogasse), beim HOFMANN-BRUCHA-CORTIN, ZUR EINSIEDELEI bis zum Brand 1908, beim GOBER, PUECKER (ging an die Nazarener), beim LEITL „Zur schönen Aussicht“, in dessen Garten sich bis in die 50er Jahre der allerletzte Rest der alten Weingartenkultur befand, beim NEUSSER, BRAUN, WEINGARTL usw. und nicht zuletzt beim SCHWAB, dann WALLNER, jetzt HASLINGER ... Ohne präzisere Chronologie hatte Ober Sankt Veit einmal 44 Gasthäuser (mit Hacking), jetzt sind es ohne Espressi, Würstelstände und Chinesen immerhin noch 14!

An den Himmelhofhängen trieben eine Reihe alter Ober Sankt Veiter Familien über Generationen – manche konnten eine Erbfolge über 200 Jahre nachweisen – intensiven Weinbau: die Eisenhuber, Brummer, Schlagenhaufer, Geiger, Satzer und viele Puraner (dazu müsste man neue Carmina Puraner schreiben!). Nicht nur dem Weinbau boten die Hänge des Himmelhofes Platz, sondern seine ganzen sonstigen Wiesenflächen wurden seit frühester Zeit zur Futtergewinnung genutzt. Die Meiereien JAUNER, WIMPISSINGER, RUCKENTALER und WINTER versorgten ihr Vieh bis zum Ende der 40er Jahre mit dem Heu vom Himmelhof. Dadurch erhielt sich das Bild landwirtschaftlich gepflegter und kultivierter Grünflächen, die bis 1938 vom Flurhüter, richtiger GREAHÜATER, bewacht wurden, indem jedes unberechtigte Betreten und Zertrampeln mit einem lauten Hornsignal verhindert wurde; die letzten Hüter trugen dann bis 1948 ein Dienstabzeichen und Pfeifferl (Hüterhäuserl).

Wenn wir aber mit der Beschreibung des Himmelhofes von vorne beginnen wollen, kommen wir nicht ohne einige geologische Bemerkungen aus; sie sind in Kürze gemacht: Er gehört zur FLYSCHZONE, die aus Sandstein und Mergel etc. besteht. Das Alter des Flyschgesteins beläuft sich auf runde 50 Millionen Jahre. Im allgemeinen erreichen die Flyschberge keine bedeutenden Höhen und sind fast immer von dichter Vegetation überzogen. Ihr Verwitterungsprodukt ist ein guter Weinbauboden, der aber nicht gut wasserdurchlässig ist, sondern bei stärkeren Regenfällen das Wasser rasch abfließen und dadurch kleine Rinnsale und Bacherln zu reißenden Wildbächen werden lässt. Immer wieder verheerten gewaltige Hochwasserkatastrophen das gesamte Wiental: 1445 wurden Felder und Weingärten im weiten Umkreis verwüstet. Im Zeitraum von 1670 bis 1875 fanden 23 Überschwemmungen statt, im Jahr 1774 drang das Wasser bis in die Küchen von Schönbrunn und 1785 stieg das Wasser infolge eines Wolkenbruchs innerhalb von 10 Minuten um neun Meter und strömte in einer Höhe von 2 Metern durch das Erdgeschoss von Schönbrunn, 1897 wurden die Stadtbahnbaustellen verwüstet und 1898 ertranken noch mitten in Ober Sankt Veit zwei Kinder in den Fluten des Hochwasser führenden Marienbaches.

Zurück zur Geologie. Zuweilen schalten sich, wie Kurt Turnovsky in der NATURGESCHICHTE ÖSTERREICHS es ausdrückt, etwa südlich von Wien, in St. Veit und im Lainzer Tiergarten sogenannte KLIPPEN ein, die zwischen Flysch und Kalkalpen zu vermitteln scheinen; über ihre Natur wird heute noch diskutiert. Der östlichste reine Kalkalpenberg ist der Anninger. Ein hübscher kleiner Ammonit stammt aus dem kleinen Steinbruch am Girzenberg (Sammlung Brennig) und den größten und vollständigsten des gesamten Wiener Gebietes fand man am Gemeindeberg, wo überdies eine ergiebige Fundstelle für jungsteinzeitliche Steinklingen und Pfeilspitzen aus blaugrauen und braunen HORNSTEIN bestand.

Direktor Fritz KASTNER entdeckte die Stelle, erkannte ihre Bedeutung und barg die Beweise einer Besiedelung im 3. bis 2. vorchristlichen Jahrtausend. Ab dem 1. Jahrtausend v. Chr. könnten an den vom Wienerwald zur Donau laufenden Bächen kleinere dorfartige Niederlassungen bestanden haben. Etwa ab 400 v. Chr. breitete sich das Siedlungsgebiet der KELTEN nach Süd- und Osteuropa aus. In einem Brandgrab am Leopoldsberg fand sich aus dieser Zeit ein Antennenschwert aus Eisen. Ihr damaliges Auftreten wird noch als „Einsickern“ bezeichnet und vielleicht fand gerade hier bei uns abseits der Handelsrouten und politischen Brennpunkte ihre Konsolidierung zu großer Stärke und Bedeutung statt. Denn schon am 18.7.387 v. Chr. erobern sie immerhin ROM und gute 50 Jahre später, um 335 ist eine keltische Abordnung bei Alexander d. Gr. zur Huldigung, nachdem er die Donau überschritten hatte.

Um ca. 150 v. Chr. nahm einer der größten Keltenstämme, die BOIER das Wiener Becken, das Burgenland und die pannonische Ebene in Besitz. Nachdem sie fast 400 Jahre lang Träger der LA TENE - Kultur der Eisenzeit waren, erliegen die Kelten dem Druck der germanischen Invasoren aus dem Norden und dem Druck der Römer aus dem Süden. Während dieser ganzen Zeit fanden im klassischen Altertum, im klassischen Raum geschichtsträchtige Entscheidungsschlachten statt (490 bei Marathon, bei den Thermopylen, Salamis, Issus, Gallien, Actium 2.Sept.31), die keine Bedeutung für unser Gebiet hatten, bis TIBERIUS im Jahr 6 n. Chr. von CARNUNTUM aus gegen die Markomannen zog. Diese stellten mit ihrem stehenden Heer unter MAROBOD im mährischen Raum eine Bedrohung für das römische Vorfeld dar. Zur gleichen Zeit erhob sich aber ein großflächiger Aufstand gegen das römische Joch in Pannonien und Tiberius musste seinen siegreichen Feldzug abbrechen, um quasi zuhause die Ordnung wiederherzustellen.

Aus diesem zufälligen Zusammentreffen der Ereignisse blieb der römische Limes, die Grenze die ja nach Norden geschoben hätte werden sollen, bei uns an der Donau. Und die Bedeutung der Siedlung und Befestigungsanlagen entlang dieser Grenze wuchs immer mehr, da sie ja ins römische Verkehrsnetz einbezogen wurden. Die Ausstrahlungen dieses Aufschwunges wirkten sich, mittelbar oder unmittelbar, sicher bis in unser Gebiet aus. Für den Wienfluss hatten die Römer den Namen ANAUNUS, sie kannten sicher alle Fisch- und Jagdgründe!

Die Zeiten der Völkerwanderung mit AWAREN und SLAVEN (Lainz, Gablitz etc. sind Namensrelikte) könnten wir uns aus der Sicht des Hagenberges mit wilder Fantasie ausmalen, es bleibt aber Spekulation. In welcher Form die babenbergische Landnahme bei uns ablief, ist vielleicht teilweise rekonstruierbar, aber wir müssen uns doch langsam den historisch gesicherten Geschehnissen zuwenden, da unsere dokumentierten Kenntnisse immer umfangreicher werden.

Im Jahre 1015 schenkte Kaiser Heinrich II. dem Domkapital zu BAMBERG 30 Königshufen am Orte, genannt GODTINESFELD: Das sind, grob geschätzt ca. 30 (oder viel mehr) ha! Die Besiedlungen zwischen Hietzing und St. Veit wurden immer wieder überschwemmt und nach und nach aufgelassen. Am Fuße des Berges entstand eine neue Siedlung, der Kern des heutigen Ober St. Veit.

Immer wieder musste sich die Ober St. Veiter Bevölkerung vor einfallenden Kriegsscharen auf den Hagenberg zurückziehen. Herzog HEINRICH JASOMIRGOTT stand 1174 – 77 im Kampf gegen Böhmen, Mähren und KÄRNTEN (!) Während dieser Kampfhandlungen wurde das alte St. Veit samt Kirche und Unterkirche vollkommen zerstört.

Dann wurde das ganze Land 1481-91 durch die Scharen des Königs MATTHIAS v. UNGARN, der Krieg gegen Kaiser FRIEDRICH III. führte, ausgeplündert. Noch im Jahr 1491 lagen böhmische Söldner von Matthias im St. Veiter Schloss und ließen es sich nach der Art der Soldateska gut gehen.

In den schrecklichen Türkenzeiten waren sehr oft die Verstecke der Geflüchteten nicht sicher und entlegen genug, um nicht von den türkischen Streifen mit Hunden aufgestöbert, beraubt und ermordet zu werden.

Als Napoleon 1809 in Schönbrunn residierte, unternahm das 4. französische Infanterieregiment einen Streifzug nach Ober St. Veit, setzte den Fliehenden auf den Himmelhof nach, schlug und beraubte den Pfarrer Karl WIESINGER und den bei ihm weilenden Lehrer und verwüstete Ort und Kirche. Die schon vorher gewarnten und rechtzeitig geflohenen Bewohner mussten vom Berg aus zusehen, wie ihre Häuser der Reihe nach in Flammen aufgingen. Nach drei Tagen verließen die Franzosen den zerstörten Ort.

Der Himmelhof sah also die frühen Horden der Völkerwanderung, die späteren diversen Eroberer bis zu den Russen, barg manche Flüchtenden, sah manches junge Glück und manches mörderische Wüten, sah unendlich viel Plage und Schweiß der Bauern und Winzer. Er versorgte Ober St. Veit immer schon mit gutem Wasser aus seinen Quellen bis auf die Hitzewellen 1834 und besonders 1841, wo im Schatten 38 Grad gemessen wurden.

Nachdem sich seine landwirtschaftliche Nutzung im Zuge des allgemeinen Aufschwunges erübrigte, wurde der Himmelhof später zum Wintersportzentrum für das ganze westliche Wien und noch später, in den letzten Jahren, degeneriert er zum „ERHOLUNGSGEBIET“. Was das heißt, könnten wir persönlich bei einer Begehung feststellen: Die wilde Vegetation nimmt die Flächen, die die Menschen ihr vor langer Zeit abgetrotzt haben wieder in Besitz und auf den übriggebliebenen Erholungsflächen wird der Belag aus geworfenen Prügeln, Ästen und Steinen und unterschiedlich verdautem PEDIGREE PAL und CHAPPI immer dichter, sodass beim Betreten gewisser Wiesen größte Vorsicht geboten ist.

Die alte Mauer entlang der Erzbischofgasse bis zu Raschstiege, jetzt Lilienberggasse war die Einfriedung des Hackinger Schlossparks. Es wurde im 18. Jhdt. genau auf der Stelle der mittelalterlichen VESTE HACKING erbaut, oder mit dem Material oder unter Verwendung der vorhandenen Mauern. Welcher Grundbesitz allerdings zur Veste Hacking gehörte und welcher zur Herrschaft St. Veit, ist schwer festzustellen, denn die Besitzverhältnisse werden in so langer Zeit einigem Wechsel unterworfen gewesen sein. Hofrat Dr. Kraft, ein gründlicher Forscher frühester Dokumente, sagt zwar, dass St. Veit älter als Hacking sei, doch die Entstehung von Orten mit auf –ing endenden Namen wird in das 9.Jhdt. (!) verwiesen.

Geraume Zeit später, um ca. 1530 besaß die Herrschaft St. Veit die hohe und niedere Gerichtsbarkeit über die sieben Orte: St. Veit, Hacking, Baumgarten, Penzing, Hietzing, Speising und Lainz. Als Zeugen für die Ausübung des Obrigkeitsrechtes durch die Herrschaft St. Veit sind noch mehrere Herrschaftsbücher erhalten, die jetzt auf Burg KREUZENSTEIN liegen. Graf WILCZEK erwarb sie und brachte sie auf die von ihm erbaute Burg, wo sie heute mehr oder weniger zugänglich liegen. Jedenfalls war Schloss HACKING 1778 als Besitz des DEUSCHEN RITTERORDENS ausgewiesen. Es wechselte danach oftmals den Besitzer, nach meiner Erinnerung waren die letzten die DRASKOWITSCHS, bis es von der Gemeinde Wien erworben, abgerissen und durch ein JUGENDGÄSTEHAUS HÜTTELDORF ersetzt wurde. Nach fast 40jährigem Widerstand gegen die Unterschlagung des Ortsnamens HACKING findet man jetzt, oh Wunder, im Heft „100 Jahre Hietzing“ dasselbe als JUGENDGÄSTEHAUS HÜTTELDORF – HACKING!

Der Titel der Festschrift bezieht sich natürlich nicht auf das Alter von Hietzing, sondern auf das 100jährige Jubiläum der Eingemeindung und bietet reines Vergnügen beim Schmökern oder auch studieren. Für mich nicht nur, weil sie so gut gemacht ist in allen Belangen, sondern eben weil von amtlicher Seite (Bezirksvorstehung) berücksichtigt wurde, dass dieses Gebäude auf einem historischen Zentralpunkt von Hacking steht.

Beim Betrachten diverser alter (Land-) Karten weht einem die Geschichte direkt unmittelbar ins Gesicht: Grenzen haben sich verändert, Straßen verlaufen nach neuen Gesichtspunkten, Namen sind verändert, verbunden mit den alten, historischen Informationen tritt ein sehr lebendiges Bild vor unser Auge.

Auf der Karte des militärgeografischen Institutes Wien erkennt man die strichliert eingetragenen Planungen, nach welchen die heutigen Hagenberg-, Innocentia- und Himmelhofgasse verlaufen. Bedeutsam und zusammenhängend ist hingegen die den „VIEHTRIEB“ einrahmende Straßenfigur eingetragen: Die Erzbischofsgasse mit der zur Meierei führenden Himmelhofgasse. Von dieser Meierei führt eine Promenadenallee auf den Hang und zurück, mündet aber oben in den bestehenden HOHLWEG ein, folgt diesem bis zur Tiergartenmauer und der entlang zu dem heute neu zubetonierten Eck, in dem sich damals dort oben das ADOLFSTHÜRL befand. Vor der Errichtung der Mauer soll dieser Platz im Volksmund KARFREITAGSECK geheißen haben, wo nach einer alten Sage ein Schatz vergraben war. Das heutige Adolfstor ist mit HAGENBERGTHÜRL bezeichnet. Der ebenfalls in der Karte eingetragene Verlauf einer Wasserleitung (blau) führt von zwei Brunnen innerhalb der Tiergartenmauer zum Meierhof und von dort ins Tal und soll in Form eines STOLLENS gebaut gewesen sein. Auf einer anderen Karte von 1898/99 sind Brunnen, Viehtrieb, Adolf- und Hagenbergthürl, die St. Veiter Lissen, das BALLEITENTHÜRL beim Stock im Weg, das heutige HUBERTUSTOR, sowie bei genauem Hinsehen noch die alten Straßennamen zu erkennen.

Lassen Sie uns kurz die alten Straßennamen rund um den Himmelhof aufzählen:

Die Firmiangassse war die Langegasse
Die Erzbischofgasse war die Bischofgasse
Die Vitusgasse war die Bogengasse
Die Glasauergasse war die Rudolfgasse, vorher Bauernzeilgasse
Die Hietzinger Hauptstraße war die Maria Theresiengasse
Die Schweizertalstraße war die Neustiftgasse
Die Veitlissengasse war die Gartengasse
Der Mariensteig war der Krautgasselsteig
Trazerberggasse war die Feldgasse
Die Seuttergasse war die Wasagasse
Die Diabelligasse war die Plankengasse

Im Folgenden habe ich versucht, alle aufgestöberten frühen Flurnamen einzutragen. Beginnen wir in Hacking. Das hieß in Urkunden (Kraft) IN DER SETZEN, erwähnt 1377 und 1492, reichte von der Wien bis zur vermutlichen Waldgrenze und von der Enge im Auhof bis zum Dominikanerkloster. Die Fläche zwischen Schlossberggasse, Firmiangasse, Auhofstraße und Erzbischofgasse war um 1401 IN DEN BREITEN genannt. Der Hang von der Adolfstorgasse Richtung Bowitschgasse hieß IM GEMÄUER und der sanfte Hang vom Meisenbühel über Winzerstraße zur Linzackergasse trug die LANGEN und KURZEN LINSÄCKER, auf einer Karte mit „ZU OBER ST. VEIT“ eingetragen. Dann schließt sich südlich, etwas großzügig ausgebreitet das Gebiet des STOCK IM WEG, dessen südliche bis zum DOLL reichende Fortsetzung hieß IM SCHWEIZERTAL, vom DOLL bis zum Faniteum (jetziger „Gemeindewald“) war um 1469 der SAUZAGEL. Das dort befindliche St. Veiter Tor hieß bis 1820 noch SAUZAGLTOR! Da erinnern wir uns daran, dass der Name RÜBEZAHL sich aus dem RÜBENZAGEL entwickelt hat. Etwas romantischer ist es, den Zusammenhang zwischen BALLEITEN(türl) und dem RITTERORDEN darzustellen. Der Wortklang erinnert an die BALLEI, dem Namen für einen Ordenssitz des Ritterordens, die Wortgeschichte ist zu lang, um sie hier zu erörtern, nur kurz soviel: Der BALLIVUS war Vorsteher am byzantinischen Hof, der Johanniterorden brachte den Begriff nach Europa, bei ihnen waren die BALLIVI CONVENTUALES die 8 Mitglieder des Ordenskapitels, die BALLEI. Auf welchem Umweg der Deutsche Ritterorden seine Namensspuren im Tiergarten hinterließ, bleibt eher der Fantasie überlassen.

Nach einer so umfangreichen Abschweifung kehren wir wieder zurück zu Himmelhof und Ober St. Veit: Am Beginn des Mariensteiges steht das SACHSENKREUZ, das an die Gräber von auf napoleonischer Seite kämpfenden Sachsen erinnert. Möglicherweise hat die Herkunft des gleichen Namens für das Kreuz an der Mündung der Schlossberggasse in die Erzbischofsgasse andere Zusammenhänge, auf die wir später noch kommen werden.

Hier haben wir ein eindrucksvolles Bild vom Himmelhof und seiner Struktur von der Hackinger Seite. Auf den ersten Blick schon erkennen wir die deutliche Gliederung durch Stufen, die damals noch vorhandene Sprungschanze, den Wegverlauf und die geringe Verwachsung durch Gehölze.

Diese Hackinger Seite ist sicher seit sehr langer Zeit (14.-15. Jhdt.) landwirtschaftlich bebaut worden, denn nur eine so lang andauernde Bearbeitung des Bodens hinterlässt an den Grundgrenzen solche Stufen, indem der Pflug das Erdreich von der oberen Grenze langsam, aber ständig zu unteren befördert und damit das Gefälle etwas mildert. Auch die Weingärten graben sich am oberen Ende durch die Weinhauerarbeiten in den Hang und bauen in langer Zeit ähnliche Stufen. Wir haben versucht die alten Flurnamen der Vergessenheit zu entreißen, in dem wir sie geortet und aufgezählt haben.

Bedienen wir uns aber jetzt der Namen, die das wintersporttreibende Volk vor wenigen Jahrzehnten noch verwendete, und den uns Nachfolgenden nahezu unbekannt sind. Die oberste, flachrunde Formation ist die GLATZE. Sie ist durch Gehölz entlang der Tiergartenmauer, dann senkrecht dazu, in südlicher Richtung neben dem seltsamen Schilift bis zur Obergrenze der Südhänge mit schon erwähnten Stufen und wientalseitig durch die STELLSTUFE, die in unterschiedlicher Höhe zum HOHLWEG abfällt, begrenzt.

Der Verlauf des HOHLWEGES beweist uns die Übersicht, mit der die Alten vor langer Zeit schon auf einer Trasse mit nicht zu großem Gefälle einen für Pferdefuhrwerke befahrbaren Verkehrsweg zum Abtransport der Heumengen angelegt haben. Er führt von der Kehre oben an der Tiergartenmauer, sich um die beginnende MULDE oder SCHLUCHT biegend, unterhalb der STEILSTUFE hinüber zur sanft geneigten GROSSEN WIESE, die gegen die Adolfstorgasse zu abgeplankt war und bei der heutigen Nr. 8 auf diese hinaus. Nebenbei wurde meine Liebe zu Himmelhof und Hohlweg endlich aktiv: Ich habe mir erlaubt seine totale Verwachsung, besonders der oberen zwei Drittel, persönlich freizuschneiden und lade Sie zu einem Inspektionsspaziergang ein.

Die Sohle der Geländefalte, die wir MULDE oder SCHLUCHT nennen, verläuft entlang einer gedachten Linie, die vom Hagenberggipfel zur Seuttergasse - Auhofstraßenmündung weist. Von der oberen Kehre ist der Verlauf Richtung Hacking nicht mehr so deutlich erkenntlich, weil er kaum mehr eingegraben sein musste. Wir befinden uns aber bereits auf der Wiese, die einerseits nach Süden in die Mulde abfällt und sich andererseits gegen Hacking bis zur obersten der erwähnten Stufen neigt.

Die nächste, talwärts in ca. 70m Entfernung, ist die, unterhalb der der CAROLAWEG zur MARKWARDSTIEGE führt, die übrigens nach einem MARKWARDUS DE HACKING, einem Ministerialen Heinrichs II. von Babenberg benannt, der im frühesten Dokument über Hacking 1156 aufscheint. Der CAROLAWEG hat seinen Namen von der Prinzessin CAROLA v. WASA, Tochter des Prinzen v. Wasa. Sie heiratete 1853 König ALBERT v. SACHSEN und hatte als Königin von Sachsen Hacking bis in das Jahr 1879 in Besitz. Sie lebte 1833 - 1907. Das Naheverhältnis zum Haus Wasa und zu Sachsen erklärt uns sicher die Wasagasse (Seuttergasse) und vielleicht den Namen des Hackinger Sachsenkreuzes.

Wenn man an Arbeit von Menschenhand denkt, erscheinen diese Stufen gewaltig und die unterste bestimmte zum Teil den Verlauf der Himmelhofgasse. Die als VIEHTRIEB bezeichnete Fläche, die sich der frühe ALPENSKIVEREIN zum offiziellen Übungsgelände erkor, ist heute in seiner westlichen Hälfte vollkommen verbaut und der Rest bereits ebenso vollkommen verwachsen. In der Zwischenkriegszeit bestand ein hölzernes Ausflugslokal mit Kindervergnügungspark samt Ringelspiel und Schaukeln, eine Zeit lang als ERFRISCHUNGSHALLE bezeichnet und im Jahr 1952 ein letztes Mal bildich festgehalten. Es wurde zum Schluss von den ZEEMANNS noch mit Hasen und Hühnern bewohnt.

ZUR GESCHICHTE DES SANATORIUMS

Der Hofgraveur Franz JAUNER, Vater des berühmten Theaterdirektors Karl JAUNER, pachtete 1848 die „Gründe auf den Himmeln“ und ließ die steinigen Hutweiden (Viehtrieb) des „Hackenbergs“ mit riesigen Humusmengen beschütten. Die namhaften Eigentümer des Grundes waren Prinz v. Wasa und Fürst Arenberg. Jauner errichtete dort eine Meierei, die er HIMMELHOF nannte und somit der Urheber dieses Namens ist. Es kamen viele Gäste wegen des besonders guten Oberskaffees. Nach dem Tode Jauners 1884 erwarb den Hof ein Orden, der hier die Invaliden des Okkupationsfeldzuges 1878 in Pflege nahm. Infolge des Ablebens vieler Schwestern wurde aber das Kloster wieder aufgelassen. Fürstin ARENBERG ließ das Gebäude dreistöckig aufbauen und mit einer hohen Mauer umgeben. Der Maler DIEFFENBACH bezog es mit seiner Künstlerkolonie 1896-98 als Atelier. Um 1900 wurden die Mauern wieder niedergelegt, aus ihrem Material die Aussichtsterrasse vergrößert und eine Zufahrtsstraße geschaffen. Die zugeleitete Wasserquelle versiegte, der geplante großzügige Gasthaus- und Meiereibetrieb war unmöglich und das Gebäude kam an Wohnparteien. Nach Vollendung der 2. Wiener Hochquellenwasserleitung und der neuen Gas- und Elektrizitätswerke standen Licht und Wasser zur Verfügung. Es entstand ein Hotel mit Restaurationsbetrieb.Nach dem 1. Weltkrieg wurde es das SANATORIUM, währen des 2. Weltkrieges war es Lazarett und seit 1963 ist es Bundeskonvikt.

Ein seltsamer oder doch zufälliger Zusammenhang soll erwähnt werden: Das heutige Bundeskonvikt ist eine quasi Filiale des ... Gymnasiums DIEFENBACHGASSE! Dieses hat nichts mit dem Maler zu tun, sondern wurde nach einem Gemeinderat von Sechshaus benannt.

Zur vollständigen Beschreibung des Himmelhofes gehören unbedingt noch einige Histörchen, die das Leben hier schrieb:

Die Geschichte vom ARMEN SCHLUCKER entstand mit der Tiergartenmauer. Kaiser Josef II. ließ den alten sehr durchlässigen Holzzaun (das Wild kam heraus und schädigte die landwirtschaftlichen Kulturen und Wilderer konnten zu leicht in die kaiserlichen Jagdgründe) durch eine Mauer ersetzen. Es wurde eine Ausschreibung gemacht und PHILIPP SCHLUCKER bekam den Auftrag. Seine Kalkulation war so schlecht, dass sich ein totales Verlustgeschäft ergab. Die damals 30 Km lange Mauer wurde 1782-87 erbaut.

Die Wiesen und Gebüsche des Himmelhofes wurden gerne und oft von jungen Pärchen besucht, in manchen Jahren schon ab April. Was heute unter dem Begriff Voyeur, Spanner oder Naserer bekannt ist, hieß im alten Ober St. Veit SPUSSER. Laut Augenzeugenbericht – er sitzt heute hier – behandelte ein junger Mann namens Stangl einen solchen Spusser äußerst wirksam. Er sprach sich mit Freunden und Freundinnen ab und begab sich eines schönen Abend zu viert an den bewährten Platz. Diesmal konzentrierte man das Hauptaugenmerk auf eventuell Anschleichende. Schon nach kurzer Zeit bemerkte Stangl einen, ließ ihn in seine gewünschte Position kriechen und durch entsprechendes Verhalten auf einen „erfolgreichen“ Abend hoffen. Nach einer gewissen Zeit des Neugierigmachens, stand er auf, machte ein paar Schritte, um auf die „kleine Seite“ zu gehen, zielte genau und begoss den Voyeur, der alles über sich ergehen ließ, um nicht entdeckt zu werden.Leider fehlen uns hiezu die nötigen Bilddokumentation – es war zu finster.

Um die bittere Armut ein bisschen zu mildern, betrieb man hier auch den Vogelfang. Mit sogenannten Leimruten, oder Leimspindeln fingen die VOGELBUCKER Zeisige, Stieglitze, Gimpeln und was halt verkaufbar war, Abnehmer gab es immer.

LEOPOLD ZOBEL

In den 30er Jahren lebte auf unserem Himmelhof ein unangepasster, früher Aussteiger, der nicht vergessen werden soll, weil er quasi ein Bestandteil dieses Berges für uns war. Seine Erscheinung, groß, schlank, mit Brille, in kurzen Hosen und Sandalen, oft barfuss ist uns noch in lebendiger Erinnerung.

Seine Biografie und Werkdarstellung verdanken wir einer Gruppe des Gymnasiums Fichtnergasse unter der Führung von Mag. Gerhard WEISSENBACHER, die diese vorbildliche Dokumentationsarbeit gerade zur rechten Zeit (für mich) vorlegte. Sie erfolgte im Rahmen des Wahlpflichtfaches BILDNERISCHE ERZIEHUNG und beweist, dass das Thema wirklich in der Luft lag.

Ich darf nun in Kürze einige Details aus dieser Dokumentation zitieren. Leopold ZOBEL wurde am 29. September 1907 als 5. von 12 Kindern in der Amalienstraße 3 geboren. Der Vater war Kutscher und Maurer bei Winkler & Schindler, die Mutter Bedienerin im Lainzer Krankenhaus. Volksschule, Gymnasium Fichtnergasse, dann Priesterseminar in Linz, brach jedoch dieses Studium nach 2, 3 Jahren ab, um Maler zu werden. Bezüglich seiner zeichnerischen Begabung sagte schon in der Volksschule ein Lehrer: „Aus dem Buben wird entweder etwas ganz Großes oder gar nichts“.

Er lebte in einer Schrebergartenhütte an der Tiergartenmauer am Grundstück Parzelle 520/III, am Ende des Carolaweges, hielt sich ein bis zwei Ziegen, deren Milch er meistens im Streckerpark verkaufte. Seine Liebe zur Natur, seine intensive Beschäftigung mit dem Malen und Zeichnen und sein Interesse an sportlicher Betätigung füllten ihn voll aus. Als Mitglied beim Ober St. Veiter „Reichsbund Sport“ von 1928 bis zu dessen Auflösung 1938 war er hilfsbereit und kontaktfreudig, ein hervorragender Turner, sehr beliebt, sodass man ihm die Leitung einer Kinderturngruppe anvertraute. Um selber täglich üben zu können, montierte er bei seiner Hütte zwischen zwei Bäumen eine Reckstange. Auf Grund seiner christlichen und pazifistischen Einstellung, aber auch aus unbändiger Freiheitsliebe kam er dem Einberufungsbefehl zur Deutschen Wehrmacht nicht nach und hatte vor, sich im Lainzer Tiergarten verborgen zu halten. Von Nachbarn verraten, wurde er von der Gestapo verhaftet, in die Rossauer Kaserne, am 29. 3. 1941 in das Arbeitserziehungslager in Oberlanzendorf bei Schwechat gebracht. Alle Versuche der Mutter und der Geschwister, ihn freizubekommen, scheiterten. Nach einem missglückten Fluchtversuch über die Schwechat am 10. April 1941 überstellte man ihn am 12. April in das KZ Mauthausen, von dort in das bayrische KZ Flossenbürg, wo er am 27. 3. 1942 starb.

Die meisten seiner Werke verschwanden im Zuge seiner Verhaftung. Drei erhaltene Selbstporträts zeichnen sich durch Direktheit und Unmittelbarkeit aus:

Das erste, „SELBSTPORTRÄT MIT ANGEZOGENEN BEINEN“ (Öl auf Holz , ca. 1930 ) ist nicht ganz fertiggestellt, doch plastisch so durchgeformt, dass Kopf und Körper aus dem Bild herauszutreten scheinen. Die Eindringlichkeit der Darstellung wird in allen drei Porträts durch den direkt zum Betrachter gerichteten Blick verstärkt. Sie zeigen viele ungewöhnliche Details.

Zweitens: „SELBSTPORTRÄT MIT BACKENBART“ (Öl auf Sperrholz, 1937). Derselbe fast bannende Blick und die ungeschniegelte Wahrhaftigkeit dieses Kopfes spricht uns über alle Zeit hinweg an.

Drittens: „DIE MALENDE HAND“ (Öl auf Sperrholz 1939/40). Die lose sitzende Pullmankappe, die Belichtung zugleich von oben und vorne, mit der die Konzentration auf das Gesicht erreicht ist, lässt uns einiges über die künstlerische Potenz von Leopold Zobel erahnen.

Viertens: Das „BLUMENSTILLEBEN“ ist eine exakte und dennoch aufgelockert wirkende Naturstudie. Der dunkle Hintergrund hebt die abgeschnittenen Blüten und Blätter aus ihrem natürlichen Zusammenhang, sie muten wie ein zufälliges und zugleich geordnetes Arrangement an, das zu einem Anschauungsobjekt abstrahiert wurde.

Fünftens: Die „KARLSKIRCHE“ wächst mit ihren flankierenden Säulen aus einem Dickicht von Bäumen und Büschen in den leicht bewölkten Himmel. Die Darstellungsweise der Kirche setzt sich nicht extrem von jener des Vordergrundes ab, sondern ist ihr durch weiche Linien- und Flächengestaltung verwandt.

Sechstens: Die „SCHREBERHÜTTE AM HAGENBERG“ (Aquarell auf Papier) ist ein beeindruckendes Stimmungsbild. Einem beleuchteten Vordergrund mit blauer, seltsam gestreifter Hütte wirkt ein bewölkter Himmel entgegen. Die hell erleuchteten Fenster des Hauses weisen auf eine spätere Tageszeit hin. Trotz der beiden im Bild vorhandenen schräg geführten Linien besteht kaum eine Tiefenwirkung, da die Farbintensitäten mit der Entfernung nicht abnehmen. Das Bild strahlt eine beinahe bedrohliche Unruhe aus.

Siebentens: Die “DREI LANDSCHAFTSSKIZZEN“ sind auf der Rückseite des „SELBSTPORTRÄTS MIT BACKENBART“ gemalt. Links eine Lichtung mit hohem Horizont und deutlichen Schatten, rechts um 90 Grad gedreht, ein detailreicher Weitblick über Baumwipfel zu einem Horizont mit bewölktem Himmel, darunter, im Querformat auf den Kopf gestellt, eine locker gemalte Skizze mit Pflanzen im Vordergrund. Darstellungsweise und Ausschnitt lassen Konkretes nur erahnen. Die drei Landschaftsskizzen geben einen interessanten Einblick in den Arbeitsprozess Zobels, es sind Entwürfe und Übungen.

Achtens: „ALTER MANN MIT PFEIFE“. Vielleicht ist diese ausdrucksstarke Bleistiftzeichnung ein rasches Porträt eines Nachbarn und somit ein weiteres Zeitdokument über die Himmelhofbewohner der späten 30er Jahre.

Die wenig erhaltenen Arbeiten genügen, um uns schmerzlich vor Augen zu führen, was durch das tragische Schicksal dieses Künstlers verloren ging. Nach diesem recht ernsthaften Gedächtnis an Leopold ZOBEL lassen Sie uns wieder hinauf auf den Berg und zum Wintersport gehen.

Meine nun folgenden Betrachtungen des Wintersportgeschehens beziehen sich auf die Zeitspanne zwischen 1937 und 1953. Da gab es noch Winter mit verlässlichem Schnee, der alle Rodler und Schifahrer auf den Berg lockte. Beim Hinaufgehen begegnete man den Kindern und Könnern. Die Seuttergasse und Schlossberggasse waren meist eine stark frequentierte Rodelbahn. Die aus verschiedenen Richtungen kommenden Heimfahrer vereinigten sich am oberen Ende der Schlossberggasse.

Der von Vorfreude und Ungeduld angetriebene, ziemlich forsche Anstieg ging über die obere Innocentiagasse hinauf über die beiden ersten Stufen direkt hinein ins echte Wintersportparadies. Das leicht übertriebene Tempo wurde bis zum erwählten Startplatz stramm durchgehalten. Zwischendurch musste der eine oder andere besonders elegante Fahrer begutachtet werden, was mit Stehen und Schnaufen verbunden, beim 10. oder 11. Mal Aufsteigen immer lieber und öfter geschah. Jeder gerissene Stern wurde genau beachtet, aber nur ganz selten laut analysiert, man war früher etwas dezenter und brauchte wie gesagt die Luft dringender zum besseren Aufsteigen.

Und es ergab sich ganz automatisch eine verblüffend funktionierende Ordnung, die weder von den Abfahrenden, noch von den Aufsteigenden gestört wurde, denn die Könner hatten am ganzen Berg eine natürliche Autorität und es wäre für einen jungen Patzer blamabel gewesen, von einem solchen Meister zurechtgewiesen worden zu sein! Die verschiedenen Bahnen wurden mit der selben Vorsicht überquert, wie verkehrsreiche Straßen heute. Besonders die Rodelfahrer befuhren bewährte Routen, die nach Altersstufen oder in gemütlichere und abenteuerlichere unterschieden wurden. Eine der ältesten und gemächlichen führte vom fast ebenen Teil des Hohlweges oberhalb der Mulde diesen entlang, wurde oft auf der großen Wiese beendet, manchmal bis zur Adolfstorgasse durchgefahren, oder zum Sanatorium abgezweigt. Eine weitere ging einfach durch die Mulde und führte letzten Endes auch bis zum Sanatorium. Andere fuhren wieder lieber vom vorher erwähnten Startplatz den Hang senkrecht herunter Richtung Sanatorium, wobei das Gefälle schon etwas stärker war. Dann gab es auf der Seite des Fernsehturms noch einige besser überschaubare Rodelmöglichkeiten, die durch die Carolaweg-Stufe seitlich begrenzt waren.

Gegen 5 Uhr begann das große Heimfahren und die Menge strömte über die enge obere Innocentiagasse talwärts. Die Unentwegten fuhren noch viele Male bei zarter Gaslaternenbeleuchtung nach Hacking.

An Wochenenden konnte man den Vater auf der familienfreundlichen Glatze langsam die Bogen vormachen sehen, laut gute Anweisungen rufend und nebenbei für die Frau noch einige Ezzes bereit habend. Wer aber oben nach der Glatze durch das Gehölz weiterging, war am Weg zu den SÜDHÄNGEN. Das bedeutete, dass er zur Skielite gehörte. Man perfektionierte auf den steilen, auslauflosen Hängen die Technik und Eleganz und traf sich dann beim AUER zum Tee oder Glühwein. Der erste, recht schmale Südhang endete unten direkt beim Auer, in dessen winterlich leeren Gastgarten gleich eingebogen wurde. Bevor sein Sohn gefallen war, herrschte im Winter schon ab Vormittag immer lustiger Betrieb. Und im Sommer war es auf jeden Fall ein wunderbarer Rastplatz mit Aussicht für Ausflügler. An seinem Platz steht heute das von Wiesbauer erbaute Haus, das die Reihe der Villen in der Adolfstorgasse abschließt.

SPRUNGSCHANZE

Mit den schneefreien Wintern sind wir bereits in der Gegenwart. Die starken Veränderungen in Bewuchs und Besiedelung lassen unschwer auf den weiteren Verlauf der Entwicklung schließen. Nun zur Dokumentation über das prominente Bauwerk, zuerst kurz die Daten:

MITTELSCHANZE – Sprünge bis 45m. Eine für die bescheidenen Nachkriegsverhältnisse aufwändige Holzkonstruktion trug den Anlauf und den Schanzentisch. Als „Aufsprung“ wurde der steile Abfall in die „Schlucht“ verwendet, dem man die richtige Kurve verlieh, indem der „Hohlweg“ mit Holz überdacht und die Talsohle durch Erdarbeiten zum Auslauf am Gegenhang hin präpariert wurde.
Erbaut 1948-49, erstes Probespringen Neujahr 1949.
Bauherr: Ski Union Wien gegründet 1945
Planung und Bauleitung: Ing. Rudolf Schmidt, Sportreferent der Ski Union Wien
Durchführung: fast ausnahmslos freiwillige Mitarbeiter.

Das Baumaterial musste von der 500m entfernten und 100m tiefer gelegenen Straße empor getragen werden. 300m3 Erde wurden händisch bewegt. Als Lohn gab es manchmal auch eine Handvoll Zigaretten für die unermüdlichen Erbauer.
Initiator war Karl KERSCHBAUMER, der vom Skiklub Hadersdorf kam. Er leistete mit seinen Klubkameraden den größten Anteil an freiwilliger Arbeit.

Bis zu 20.000 Zuschauer (1953) zeigten reges Interesse an den Veranstaltungen zwischen 1949 und 1973. Erst 1978 fand wieder eine Sprungkonkurrenz statt. Am 19. Februar siegte der Steirer Hans RUHMHOFER mit Sprüngen von 42 und 43m. Im Training stellte er mit 46m einen neuen Schanzenrekord auf. Es war das Letzte Springen auf der Himmelhofschanze.

Sonntag, den 1. Juni 1980 um 4.30 Uhr wurde sie ein Raub der Flammen. Eine Einbrecherbande feierte mit einer Rauschgiftparty ihre Erfolge und zündete die Schanze an. Die Bande mit ihrem Anführer Ludwig Bauer konnte verhaftet werden.

60 Sprungveranstaltungen und unzählige Trainingssprünge wurden im Lauf der Jahre durchgeführt und Springer aus allen Bundesländern, darunter spätere Olympiasieger und WM Teilnehmer waren hier: Otto Leodolter, Leopold Kohl, Peter Müller, Sepp Wallner, Harald Trappel, Willi Pürstel!

Die Winter nach der (fast dummen) Errichtung eines Skiliftes auf der Glatzen waren ziemlich schneefrei. Die Zersiedelung frisst sich immer weiter in die angeblich fixierte Grünzone. Der Lainzer Tiergarten reichte bis zur Speisingerstraße! Und das nicht in grauer Vorzeit sondern bis 1919.

Halbstolz berichtet der Bezirkskulturführer: Am östlichen Rand des Tiergartens wurden nach dem 1. Weltkrieg Siedlungen angelegt: Friedensstadt, Kongresssiedlung, Zollwachesiedlung, SATsiedlung. SAT heißt Siedlung Auhof .... Ebenso logisch steht das Umspannwerk West mit entsprechenden Ansiedlungen im Tiergarten und schneidet die Autobahn ein 1 ½ Km langes und im Mittel 300m breites Stück ab.

An dieser Stelle sollten wir des Retters des Wienerwaldes, JOSEF SCHÖFFEL gedenken. 1870 wurde ein Gesetz erlassen, das es dem Wiener Holzhändler Moritz HIRSCHL ermöglicht hätte, ein Viertel (770.000 Klafter Holz) des Wienerwaldes kahlzuschlagen. Die Gemeinde Wien verhielt sich gegenüber der drohenden Vernichtung ihres Waldgürtels apathisch. JOSEF SCHÖFFEL mobilisierte in Zeitungsartikeln die Öffentlichkeit und ein Sturm von Petitionen zwang den Gemeinderat zum Handeln; 1872 wurde das Gesetz von 1870 als nichtig erklärt und der Vertrag mit Hirschl aufgelöst.

Scheinbar spielt sich auch auf diesem Gebiet ein Kulturkampf ab, denn jedes Mal, wenn die Progressisten einen Vorteil erringen, werden schlimme Kästen hochgezogen. Wenn die Bewahrer den Wahn ein wenig zu bremsen vermögen, dann setzen sie den Ensembleschutz durch und retten dadurch unersetzliche Ortsbilder.

Es muss die Frage gestellt werden: WIE SIEHT DIE ZUKUNFT DES HIMMELHOF AUS ? WAS SOLL AUS IHM WERDEN ?

Angeblich steht der ganze Wienerwald nach einem Reichsgesetz aus 1940 unter Naturschutz; schön. Der Wald- und Wiesengürtel Wiens ist in Flächenwidmungsplänen berücksichtigt, die ca. alle 30 Jahre neu erstellt werden und jeweils den Vorstellungen irgendwelcher Planer im Konsens mit Politikern entsprechen. Die Planer & Politiker sehen die ständige Unterwanderung auf illegalem Weg (sie werden im Nachhinein legalisiert), die massenhaften Übertretungen bestehender Beschränkungen und damit den ständig steigenden Bedarf an exklusiven Baugründen auf grünen Hängen mit schöner Aussicht!

Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, den schon ziemlich armseligen Rest an grünen Landschaftskostbarkeiten zu erhalten! Und zwar durch endgültige Flächenwidmungspläne, die nie mehr bearbeitet oder geändert werden dürfen! Wenn wir das heute nicht zustande bringen, dann gehören wir zu den Utilitaristen, den Konsumierern, die immer vom Umweltschutz reden, aber der Zerstörung ihrer eigenen Umgebung zusehen im Sinne: „Hinter uns die Sintflut!“

Emil Mlejnek
1994