Schlussendlich werden sie alle fallen, weil das gesamte System marode ist
05.05.2012
Auszug aus einem 2009 gefilmten Interview mit dem bekannten Publizisten und Vertreter des modernen Liberalismus Roland Baader. Roland Baader starb am 8. Jänner 2012. Einen guten Einblick in Leben und Wirken Roland Baaders geben die Nachrufe von Gerd Habermann und Jörg Guido Hülsmann.
Frage der Journalistin an Roland Baader:
Wie werden sich Wirtschaft und Märkte in den kommenden Jahren Ihrer Ansicht nach entwickeln?
Antwort Roland Baaders:
Mit einem Wort gesagt: verheerend. Da die Ursachen (Anm: für die jetzige Krise) nicht erkannt werden oder da man sie nicht erkennen will, wird man auch nicht die richtigen Maßnahmen dagegen ergreifen. Die Entwicklung wird eine schlimme werden. Noch ist nicht ganz klar – und es wird noch eine ganze Weile nicht klar sein, ob wir mehr in Richtung einer dahinmarodierenden Wirtschaft gehen, wie das Japan in den letzten 20 Jahren vorgeführt hat, oder ob wir serienweise weitere Crashs erleben werden, die sich verschlimmern – stark steigende Arbeitslosigkeit –, ich sehe nichts Gutes, gar nichts Gutes, sehe nirgendwo einen Ansatz. Man hat die Probleme mit den selben Mitteln behandelt, aus denen die Probleme erst entstanden sind. Die Schuldenlawinen, die Kreditlawinen, die Geldlawinen, die Billionen, die um den Erdball schwirren, werden zu neuen Schocks führen und irgendwann wahrscheinlich auch zu einer Hyperinflation mit entsprechenden politischen Auswirkungen. Wir kennen die Hyperinflationen in der Vergangenheit, welche politischen Folgen sie hatten. Wir werden also wahrscheinlich einen Trend zu immer mehr Sozialismus bekommen, neue Arten des Sozialismus, neue Arten des Faschismus, auf jeden Fall mehr Totalitarismus, weniger Freiheit und insgesamt eine Radikalisierung. Wir werden auch Aufstände erleben, wir werden Unruhen haben, explosionsartige Wucherungen der Kriminalität. Eine insgesamt sehr sehr unerfreuliche Entwicklung, und alles das wird nicht aufhören, wenn wir nicht zurückkehren zum freien Marktgeld, wenn wir nicht konkurrierendes Privatgeld einführen, wie es Friedrich August von Hajek vorgeschlagen hat, wenn wir nicht die Zentralbanken abschaffen, das "Fractional Reserve Banking", das Bruchteilsreserven-Bankwesen nicht austrocknen (Anm.: Beim Teilreserveverfahren sind Zertifikate oder Banknoten nur teilweise mit Gold gedeckt). Wie das alles gehen soll, dafür liegen konkrete Vorschläge vor, dafür haben wir sehr gute Köpfe, Professor Hülsmann und Professor Polleit haben bereits Ausarbeitungen darüber vorgelegt. Ganz entscheidend ist ein Satz von Professor Hülsmann, Guido Hülsmann, dass der springende Punkt eines falschen Geldsystems nicht der ist, dass wir Papiergeld (Anm: Buchgeld, von Baader oft Scheingeld genannt) haben, sondern dass wir ein Zwangspapiergeld haben. Wir müssen uns also auf den Schlachtruf konzentrieren: Weg mit dem Zwangspapiergeld, weg mit dem gesetzlichen Zwang, zur Nutzung nur eines monopolistischen Staatgeldes. Wenn es uns gelingt, in diese Phalanx eine Bresche zu schlagen, sehe ich eine etwas rosigere Zukunft, als ich sie gerade gezeichnet habe.
Das letzte im Dezember 2011 gegebene und wegen seiner Radikalität ausschließlich in der Märzausgabe der Monatsschrift "eigentümlich frei" publizierte Interview war noch düsterer.
Baader stellte darin klar, dass die Inflation mittlerweile seit Jahren fortschreitet, aber nicht ernst genommen und dramatisch steigen werde. Die politischen Machtzirkel hoffen, den deflatorischen Horror-Crash, der sie ihre Posten kosten würde, durch Hyperinflation hinausschieben oder verhindern zu können. Doch je mehr die Bereinigung hinausgeschoben werde, desto gigantischer und katastrophaler müsse sie ausfallen. Außerdem sei der "Point of no return" schon lange überschritten und der Wirtschaftscrash Europas nicht mehr abwendbar. Nur mit einer Parallelwährung, die aber eine echte private Marktwährung mit Gold und Silber als Basis sein muss, bestehe eine Möglichkeit, das Schlimmste abzumildern. Nach dem großen Crash erwartete Baader eine Währungsreform zu Lasten der Bürger. Jeder Staatsbankrott sei in Wahrheit ein Bürgerbankrott, denn der Staat habe kein eigenes Geld. Wahrscheinlich werden auch Bürgerkriege kommen oder ein großer Ablenkungskrieg sowie eine Explosion der Kriminalität, große Aufstände und totalitäre Maßnahmen, Enteignungen großen Stils, marodierende Banden, der Aufstieg diktatorischer Radikalinskis und ein Gefängnisstaat mit Polizei und Militär als Schergen der politischen Zampanos. Ganz zu schweigen von Hungersnöten, Lebensmittelkarten und jahrelangem Dahinsiechen der Volkswirtschaften.
Die einzig mögliche Rettung nach Ansicht Baaders ist das Durchstehen einer großen Depression und eine darauffolgende, von der Politik ungestörte Marktwirtschaft. Denn nur Marktwirtschaft sei gleichbedeutend mit Freiwilligkeit und Frieden, mit gesichertem Eigentum und Wohlstand – also mit persönlicher Freiheit.