Von Dommayers Casino zum Parkhotel Schönbrunn
Hietzinger Hauptstraße 12, ab 1833 12–16
01.02.2012
1783
Für Augustin Breitenbach und seine Frau Theresia wird gegenüber dem Schönbrunner Kaiserstöckl ein "Coffee Haus" mit Garten errichtet. [Gewährbuch F, a. a. O., fol. 333v, Dienstbuch D (1762–96) über das Amt Meidling und Hietzing, a. a. O., S. 435. Nach Groner und Czeike wurde das Kaffeehaus erst 1787 von dem Kellner Dick gebaut.]. Damals hatte Hietzing noch weniger als 50 Häuser.
1817
Der Hahnwirt Reiter aus Hietzing wandelt es in ein "Caffeh- und Traiteurhaus" um.
1823
Der Schwiegersohn des Hahnwirtes, der Kammacher Ferdinand Dommayer (1799-1858), übernimmt das Lokal und macht es zu einem Begriff für ganz Wien. Nach dem Abbruch von neun benachbarten Häusern errichtet er das "Dommayersche Casino". Als Vorläufer dieser Einrichtung könnte das Nobelgasthaus "Zum goldenen Lamm" in der Wattmanngasse 7 angesehen werden, wo man beliebte Bälle und Volksbelustigungen veranstaltet. Den Umbau zum Casino führt Josef Leistler, der Baudirektor des Fürsten Liechtenstein, aus. Der aus Italien stammende Begriff Casino wird in Wien zum Modewort für Lokale, die Gasthaus mit Kaffeehaus verbinden und in denen Tanz- und Konzertsäle eingerichtet sind.
1825
Die erste Stellwagenlinie vom Dommayer über Penzing in die Stadt wird eingerichtet.
1833
Am 24. 6. 1833 wird im Zuge des Umbaus u. a. auch der neue Tanzsaal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bei der festlichen Eröffnung finden sich zu den Klängen des von Johann Strauß Vater geleiteten Orchesters die Spitzen der Wiener Gesellschaft ein. Der "Sammler" berichtet am 27. 7. 1833: "Das neue Casino des Herrn Dommayer in Hietzing erfreut sich eines zahlreichen Zuspruches. Geschmack und Grandiosität erblickt man hier in schönem Verein. Strauß, der diesem Etablissement wieder gewonnen ist, entzückt an den Sonntagen und an Reunionstagen seine zahlreichen Freunde und Gönner". Hier finden die berühmten Millefleursbälle, Täuberlbälle und Rosenfeste, aber auch Walzeruraufführungen von Josef Lanner, Johann Strauß Vater und Sohn statt. Es ist interessant, was der Nordamerikaner N. P. Wilis in seinen "Pencillings by the way" über das Casino sagt: "Ein öffentlicher Ball, dem ich in Hietzing beiwohnte, fand in einem im Hintergrunde eines Kaffeehausgartens erbauten Saale statt, und ich muss gestehen, dass ich auf den Glanz, der mir da entgegentrat, nicht im mindesten gefasst war. Der Saal war sehr groß, von schönem Ebenmaße, auf allen vier Seiten mit Säulen geschmückt, und glich dem Inneren eines Tempels (...). Die Damen waren in geschmackvoll ächt parisischen Toiletten, die Herren aber kamen in Gehröcken und Stiefeln, und behielten beim Tanze den Hut auf!" [Schmidl: Wien's Umgebungen]. Während der Glanzzeit des Dommayerschen Casinos vermochte lediglich die Gastwirtschaft "Zum weißen Engel" am Beginn der Maxingstraße mit entsprechenden Veranstaltungen einigermaßen konkurrenzfähig zu bleiben.
Baubeschreibung Dommayers Casino (Umbau 1833)
Der zweigeschoßige Haupttrakt an der Hietzinger Hauptstraße erweitert sich L-förmig gegen Südwesten. An der rechten Seite liegt gegen den Garten zu ein schmaler Wirtschaftstrakt. Der Komplex wirde im Westen durch den von der Faistenmühle kommenden Mühlbach abgegrenzt. Die Straßenseite hat elf, die Südseite sechs Fensterachsen. Der Eingang in der zweiten Achse der Straßenseite wird später durch einen Glasdachvorbau akzentuiert. Die schlichte Fassade zeichnet sich durch klare Gliederung aus. Schmale, vertiefte Mauerfelder zwischen den Fenstern betonen die Vertikale; zu ihr bilden unter den Fenstern des Obergeschoßes querrechteckige, ebenfalls vertiefte Felder einen Ausgleich. Ein Gesims zwischen den Geschoßen fehlt, umso plastischer ist der mehrfach gestufte Dachvorsprung ausgebildet. Südwestlich des Hauptbaues liegt – in der Achse etwas verschoben – der ebenerdige Tanzsaal mit an der Südseite liegenden, bis zum Wandabschluss reichenden, fein gegliederten Fenstern. Der Anbau wirkt dadurch leicht und transparent. Über einem Zahnfries erhebt sich eine glatte Attika. Im Inneren des Saales wird die tonnengewölbte, reich verzierte Decke von Säulen mit korinthischen Kapitellen getragen. Vor der Südfassade ist im Sommer eine großflächige Markise zu spannen, welche die darunterliegenden Sitzplätze vor Regen und übermäßiger Sonneneinstrahlung schützte. Im angrenzenden Garten befindet sich ein im klassizistischen Stil errichteter Musikpavillon.
1843
Am 22. März 1843 tritt Josef Lanner zum letzten Mal auf. Es war in Dommayers Casino.
1844
Am 15. Oktober ist für Hietzing und die Familie Strauß ein großer Tag. Johann Strauß Junior feiert auf dem Podium in Dommayers Casino, das sonst sein Vater innehat, mit den "Gunstwerbern" sein Debut. Er gewinnt die Gunst des Publikums, aber auch die Verzeihung seines Vaters, der von dem renitenten "Schani" einen "ehrlichen" Broterwerb gefordert hat, da ihm jede "Spur von Talent fehlt".
Dieses Ereignis hat auch Robert Hohlbaum in seinem Novellenband „Himmlisches Orchester“ im Kapitel „Der Kronprinz“ festgehalten: Das war ein Walzer, wie er ihn nur manchmal im Halbtraum gehört hatte, viel zu schön, als dass man‘s wirklich machen könnte. Der das komponiert hatte, der konnte ja viel mehr als er! Er stieg auf den Sessel, auf den Tisch, der Beifall schwoll, immer wieder von ihm befeuert. Zum zehnten Male wohl verneigte sich der Dirigent, zu dumm dass man das Gesicht nicht sah in der elenden Beleuchtung! Da plötzlich stieg der Mond auf über dem Dach des Pavillons, rund und groß, noch verdecken ihn ein paar Äste, endlich ist er wieder frei, scheint dem jungen Kapellmeister mitten ins Gesicht – der alte Strauß steht auf dem Tisch, die beifallschlagenden Hände erstarren, der rufende Mund verstummt, mit weitaufgerissenen Augen schaut er in das monderhellte Gesicht ... es ist der Schani, sein Sohn!
1858
Nach dem Tod Ferdinand Dommayers 1858 erbt sein Sohn Franz (gest. 1900) den Besitz (EZ 11 KG Hietzing, Konskriptionsnummer 12, später Hietzinger Hauptstraße 16) und führt das Unternehmen weiter.
1889
Da Hietzing seine Bedeutung als Ausflugsziel immer mehr verliert, gerät das Casino in finanzielle Schwierigkeiten, sodass Franz Dommayer 1889 gezwungen ist, den Besitz (EZ 11) inkl. der im selben Jahr von Katharina Dommayer geerbten Liegenschaften EZ 9 (Häuser Konskriptionsnummer 9 und 10, Hietzinger Hauptstraße 12 und 14) mit Kaufvertrag vom 6. April 1889 an den in Wien sehr bekannten Restaurateur Paul Hopfner und seine Frau Franziska zu verkaufen.
1907
Am 3.2.1907 wird in einem Fest vom alten Casino Abschied genommen. Nach der Demolierung wird hier 1907/08 im Stil der Hotelbauten an der Riviera "Hopfners Park-Hotel Schönbrunn" nach Plänen des Architekten Arnold Heymann errichtet. Hiebei wird ein großer Teil des ehemaligen Dommayerschen Gartens verbaut. Der Weinkeller für das Casino und jetzt für das Park-Hotel befindet sich an der heutigen Maxingstraße, ungefähr dort, wo Skulpturen und Grabsteine für den Hietzinger Friedhof hergestellt werden.
Anlass für den Neubau ist der Mangel an exklusiven Zimmern. Wegen der Beeinträchtiung der Sichtschneise des Schönbrunner Schlossgartens durch den mehrgeschoßigen Bau ist eine Sondergenehmigung des Obersthofmeisteramtes notwendig. Nach der feierlichen Eröffnung nutzen vor allem die Gäste von Kaiser Franz Joseph I. das erstklassige Parkhotel für ihren Aufenthalt. Sie bewohnen die Suiten des Hauses zumeist mit ihren Familien samt Personal für mehrere Wochen und fühlen sich dank exquisitem Service und Ausstattung wie am Kaiserhof. Das Hotel, in das 3 Millionen Kronen investiert wird, verfügt über einen Ballsaal, ein Wiener Kaffeehaus, Speisesäle sowie 70 Gästezimmer. Bei der Innenraumgestaltung wirkt Josef Beer, der Architekt des Hietzinger Cottage mit. Die damals angebrachten historischen Gemälde und Portraits der kaiserlichen Familie sind nach wie vor im Hotel zu sehen.
An das alte Casino erinnert ein Relief über dem Haupteingang des Hotels.
1908
In diesem Jahr wird das Eigentumsrecht an den Liegenschaften auf Franz Hopfner übertragen.
1911
Thomas Alva Edison, der Erfinder unter anderem der elektrischen Kohlefaden-Glühlampe, nächtigt im Parkhotel, als er den Wienern seine bahnbrechende Entwicklung vorstellt. Eine Tafel an der Fassade des Hotels erinnert an den berühmten Gast.
1923
Das Hotel wird teilweise durch einen Brand zerstört.
1924
Paul Hopfner jun. erbt die Liegenschaften.
Das Café Dommayer
Im selben Jahr 1925 eröffnet die Cafétiersfamilie Schneider in der Dommayergasse 1/Auhofstraße 2, einem 1880 aufgestockten und 1924 von Franz Rienesl adaptierten Gebäude (zu Beginn der ersten Republik ist hier das Bezirks-Polizei-Kommissariat untergebracht), den "Dommayerhof". Dieses Café mit Musikpavillon und 5-Uhr-Tee im Garten besteht bis 1931. Der mit Ausnahme kriegsbedingter Unterbrechungen in dem Gebäude untergebrachte Kaffeehausbetrieb wird seit 1963 unter dem Namen "Café-Dommayer" geführt. Die 1984 erfolgte Renovierung, wobei die spätsecessionistische Einrichtung im Eingangsbereich beibehalten wird, und regelmäßige musikalische Veranstaltungen (u. a. Damenkapelle "Wiener Walzermädchen") sind Versuche, an die Tradition des Casinos gleichen Namens anzuknüpfen. 1987 wird im Zuge der Gartenrenovierung wieder ein Musikpavillon errichtet. Seit 1988 spielt von Mai bis September auf der Gartenbühne das "1. Wiener Kaffeehaustheater".
1928
Mit Kaufvertrag vom 14. Februar 1928 erwirbt Hans Hübner die Hälfte des Anwesens.
1930
Mit Kaufvertrag vom 24. Juli 1930 erwirbt Maria Hübner die Liegenschaftshälfte des Paul Hopfner jun.
1945 bis 1955
Das Hotel ist das Offizierscasino der englischen Besatzungstruppe, das Hauptquartier des Militärkommandanten ist im Schloss Schönbrunn untergebracht.
1954
Das Parkhotel wird feierlich wiedereröffnet. Das benachbarte Filmstudio in der Maxingstraße bringt nicht nur zum jährlichen Filmball viel Prominenz wie z. B. Peter Alexander, Conny Froboess, Hans Albers und Asta Nielsen als Gäse ins Hotel. Der österreichische Komponist und Dirigent Robert Stolz zählt zu den Stammgästen. Das Hotel wird nach dem Zweiten Weltkrieg durch Architekt Walter Jaksch um drei Trakte im Parkbereich und einen Trakt an der Hietzinger Hauptstraße (Hotel Maximilian) erweitert.
In diesem Jahr erben die Kinder der Maria Hübner ihre Hälfte an dem Besitz.
1958
Alle Anteile an der Liegenschaft werden in die Hüber Hotel Betriebe KG eingebracht.
1963
Das Hotel wird nach einem Brand modernisiert und zur damals größten Hotelanlage Wiens erweitert.
1975
Eine Architektengemeinschaft (Walter Jaksch, Theophil Melicher, Horst Gressenbauer) errichtet vor dem Parkhotel an der Kurve der Hietzinger Hauptstraße eine Gruppe von fünf ebenerdigen Geschäftspavillons in verglaster Aluminiumbauweise. Auf den alten Baumbestand wird hiebei Rücksicht genommen.
1999
Seit Jänner wird das Parkhotel Schönbrunn von den Austria Trend Hotels & Resorts betrieben.
2010
Ab April wird das Hotel modernisiert, renoviert und erweitert.
2011
Im November wird das Haus wiedereröffnet. In dem 90.000m² großen Prachtbau können an die 400 Personen wohnen, entweder in luxuriösen Großraum- oder kleineren Wohnungen.
2014
Gemeinsam mit dem Schloss Schönbrunn veredeln die Austria Trend Hotels unter Beachtung des Denkmalschutzes eine Wohnung im Osttrakt von Schönbrunn zu einer Suite, in der auf 167 Quadratmetern außergewöhnliches imperiales Flair mit hochwertigem Hotelstandard verbunden werden. Hier kann diese "Schloß Schönbrunn Grand Suite" gebucht werden:
http://www.austria-trend.at/de/hotels/schloss-schonbrunn-suite
Die Häuser Hietzinger Hauptstraße 18 und 20
Die westlich in kurzem Abstand an den Hauptbau des Hotels anschließenden Häuser Hietzinger Hauptstraße 18 und 20 stammen in ihrer Grundsubstanz aus der Zeit um 1780. Sie werden im 20. Jahrhundert verändert und gehören heute zum Hotelkomplex. 1919 adaptiert der Hoffmann-Schüler Carl Witzmann das Haus Hietzinger Hauptstraße 20 im Anklang an den Stil der Biedermeier-Sommerhäuser für den damaligen Besitzer Otto Klein. Die im Zuge dieses Umbaus errichteten Arkaden an der Hofseite bleiben bis 1953, als eine erneute Adaptierung vorgenommen wird, erhalten. Im Inneren des Hauses zeugt nur mehr der Treppenaufgang in den ersten Stock von der Veränderung durch Carl Witzmann. Ebenfalls 1919 wird das 1865 von Josef Kopf errichtete Treibhaus, die 1894 gebaute Kegelbahn und ein Geräteschuppen abgerissen.