Professor Felix Steinwandtner
1937–2012
Meine Zusammenarbeit mit dem Bezirksmuseum Hietzing und seinem Direktor Felix Steinwandtner begann um das Jahr 2002. Daher kann ich nichts über seine Jahre als Fleischhauerermeister oder politischer Funktionär berichten. Sein Ruf als pragmatischer und lösungsorientierter Stellvertreter der Bezirksvorsteher Elfriede Bischof und Heinz Gerstbach, der Anregungen über Parteigrenzen hinweg wahrnehmen und durchsetzen konnte, war aber bis in meine Zeit lebendig. Bis zuletzt stellte er diese Eigenschaften in die Dienste des Bezirksmuseums und anderer Institutionen, wie z. B. der Ober St. Veiter Kaufleute. Und so konnte auch ich sein charismatisches und verdienstvolles Wesen, aber auch seine Eigenheiten kennen lernen.
Beschlagen mit erstaunlichem geschichtlichem und kulturellen Allgemeinwissen und Spezialkenntnissen von der Anatomie des Rindes bis zur Psyche des Briefmarkensammlers konnte er fast auf jede Frage eine fundierte, seine vielen Wissensgebiete vernetzende Antwort geben. Es war meist eine authentische Darstellung, als ob er dabei gewesen wäre, oft war er ja dabei. Es mag sein, dass sich die eine oder andere Begebenheit in seinem Gedächtnis verändert hatte und die Nachprüfung in Dokumenten etwas anderes ergab, aber selbst dann war man geneigt, seinem Wort gegenüber dem geduldigen Papier den Vorzug zu geben.
Ein Wunsch, den ich naturgemäß bald hatte, stellte sich als undurchführbar heraus: sein Wissen und vor allem seine Erinnerungen systematisch zu erfassen. Das wollte er nicht oder noch nicht. Offensichtlich hegte auch seine Familie diesen Wunsch und schenkte ihm ein Notebook. Darin sollte er in ruhigen Minuten seine Erinnerungen festhalten. Ich glaube nicht, dass er dazu gekommen ist, denn wann hatte er ruhige Minuten? Dafür war er zu beschäftigt und zu kommunikativ. Doch vor kurzem tat sich eine Möglichkeit auf: eine Kur in Bad Ischl! Wer weiß, vielleicht hätte er diese Möglichkeit genutzt, wäre er dort nicht auf Werner Schranz gestoßen. Die Kurgäste hatten fortan Hochstimmung, aber das Notebook blieb geschlossen.
Jeder Mensch hat seine Facetten. "Ich lobe nicht gerne", sagte er selbst, und manches Mal war wohl das Fehlen von Tadel als Lob zu werten. Aber das konnte so nicht stimmen, denn ich lernte ihn sehr wohl als jemanden kennen, der die Leistungen der anderen anerkannte und würdigte. Nur "dreinreden" ließ er sich nicht gerne, und mit seiner Meinung hielt er auch nicht "hinter dem Berg". Das musste auch ich erkennen, als ich noch dachte, für ein Porträt des Ober St. Veiter Afrikaforschers Friedrich Julius Bieber reichte es, das Buch von Otto Stradal zusammenzufassen. Er sagte es in höflicheren Worten, aber "so ein Schmarrn" war deutlich herauszuhören. Oft hielt er den Übergang von pointierter Kritik zu provokantem Witz sehr fließend. Einer der Gastwirte Ober St. Veits, der noch Stammtischrunden – wie die von Felix Steinwandtner bis zuletzt besuchte Heimatrunde – duldet, weiß das. "Gehn s', Herr Wirt, hätten s' wenigstens noch ein gebrauchtes Brot?" So oder in vielen Varianten war er laut und deutlich im ganzen Lokal zu vernehmen, und er konnte sich das erlauben. Ich hätte Lokalverbot bekommen, er nicht.
Fassen wir zusammen:
Felix Steinwandtner war ein exzellenter Kulturvermittler mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Hietzing. Schon in seinem ursprünglichen Beruf als Fleischhauermeister verstand er es, sein Wissen als Vortragender und in öffentlichen Funktionen weiterzugeben. Im Laufe seines Lebens scheute er keine politische, gesellschaftliche oder kulturelle Aufgabe und wirkte unter anderem in Jugendorganisationen, der katholischen Kirche, als Bezirksvorsteher-Stellvertreter Hietzings, als Kulturbeauftragter, Präsident des Clubs 13 (Hietzinger Forum für Kultur, Politik und Wirtschaft) und begann auch regen Kulturaustausch mit Partnerstädten in Japan. Im Zuge dieser Aufgaben wandte er sich verstärkt heimatkundlichen Fragen zu und machte diese zum Thema zahlreicher Schriften (z.B. über Hildegard Burjan und Katharina Schratt, Kulturspaziergänge, Hietzinger Straßen) und unterstütze mit seinem Wissen die Entstehung vieler anderer Publikationen, Filme und Sendungen. Die Texte von Felix Steinwandtner sind korrekt recherchiert, klar strukturiert und pointiert verfasst. Einige dieser Aufgaben betreute er bis zuletzt, zum Hauptanliegen war ihm ab 1999 die Führung des Bezirksmuseums Hietzing geworden. Damit gingen eine rege Vortragstätigkeit für das Haus, auch in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule und anderen Organisationen, die Mitarbeit an bzw. die Unterstützung von Forschungsarbeiten, die Einrichtung von Ausstellungen und natürlich weitere Publikationen einher. Seine letzte Veröffentlichung war der Bildband "Wien-Hietzing".
Das war der Inhalt der Laudatio, mit der ihm am 25. März 2008 der damalige Bundesminister Dr. Johannes Hahn den Berufstitel Professor verlieh. Felix Steinwandtner freute sich darüber sehr. "Es tut nicht weh!" war seine Art, es zuzugeben.
Wir alle hätten uns gewünscht, dass Frau Dorothea Drlik ihre am 25. März 2007 gehaltene lustige Rede anlässlich des 70. Geburtstags von Prof. Felix Steinwandtner zu seinem 90er hätte wiederholen können und vieles wahr geworden wäre. Es sollte nicht sein. Sein erfülltes Leben war in den letzten Jahren von gesundheitlichen Problemen überschattet, aber der Satz "... nach langem, schwerem Leiden ..." blieb ihm erspart.
Felix Steinwandter wurde im Familiengrab am Südwestfriedhof in Wien-Meidling bestattet.
Links zu weiteren Beiträgen mit und über Prof. Felix Steinwandtner: