Die alte St. Veiter Wasserleitung

Sie speiste Auslaufbrunnen in der Ghelengasse und später am Wolfrathplatz
1866

Im Buch "Dich zu erquicken ..." wird eine alte St. Veiter Wasserleitung mit dem Namen "Prinz Eugen'sche Wasserleitung" beschrieben. Von Brunnstuben auf der Baderwiese im kaiserlichen Lainzer Tiergarten führte ein Rohrstrang zur Speisung von Auslaufbrunnen in der heutigen Hentschelgasse bzw. Ghelengassse. Die Ergiebigkeit dieser Wasserleitung betrug im Winter rund 30 Kubikmeter täglich. Laut "Dich zu erquicken ..." wurde diese auch als St. Veiter Wasserleitung bezeichnete Anlage 1865 für die Gemeinde Ober St. Veit um- und ausgebaut.

Den Ausbau dieser öffentlichen Wasserleitung bis zu einem gemauerten Auslaufbassin auf dem Hauptplatz (heute Wolfrathplatz) unter Bürgermeister Hauer beschreibt auch Gebhard Klötzl in seiner Disseration 2004 auf Basis der Sitzungsprotokolle des Gemeindeausschusses:

Im Sitzungsprotokoll vom 22. August 1865 heißt es in Pt. 5: Die Nothwendigkeit  der (Herstellung einer) Wasserleitung wird anerkannt und beschlossen dieselbe herzustellen, und zwar in der Ausdehnung wie es vom kk. Obersthofmeisteramte wurde mit Int. vom 5.dm Z.5072 bewilligt. Vorläufig soll aber genau die Ertragsfähigkeit der Quellen erhoben werden.

Lt. Sitzungsprotokoll 11. März 1866, Pt. 3 wurde eine Kommittee mit den Herren Schmidt, Hentschl, Dummel, Kümmerle und Schneider gewählt, welches sich um Arbeiten Kosten etc. der Wasserleitung kümmern sollte.

Lt. Sitzungsprotokoll vom 3. April 1866, Pt. 4 wurde einstimmig beschlossen, die Wasserleitung zu bauen, die Brunnenarbeiten durch Baumeister Hachelmayer und die Maurerarbeit durch Baumeister Lorenz Trillsam durchführen zu lassen, wobei Trillsam bis 1. Mai 1866 fertig sein musste. Die Röhrenlieferung erfolgte durch die Sabin'sche Eisengießerei.

Dann gibt es im Aktenfaszikel des Wiener Stadt-  und Landesarchives "Gemeinden XIII/5, A 2/1" ein die Wasserleitung betreffendes Kommissionsprotokoll vom 22. Juni 1867, dessen Inhalt noch zu erforschen ist. Es ist aber anzunehmen dass darin die Kosten und die Finanzierung dieses für die Gemeinde St. Veit sehr teueren Projektes festgehalten sind: Der Brunnenmeister, die Röhrenverlegung und der Baumeister kosteten nämlich zusammen 17.500 Gulden, wofür die Gemeinde ein Darlehen in dieser Höhe aufnehmen musste.

Alle Häuser, die keine guten Hausbrunnen hatten, konnten sich ab jetzt dort Wasser holen, gerne schickte man bis in die Abendstunden hinein dazu Kinder mit Krügen und Flaschen.

Wielange diese "Bassena" bestand, ist noch nicht mit Sicherheit geklärt. Es kann sein, dass sie bereits 1887 dem Bau der Dampftramway weichen musste. Allerdings ist auf alten, nach 1908 gemachten Fotos des Wolfrathplatzes gegenüber der Einmündung der Firmiangasse ein Auslaufbrunnen zu sehen. Er stand neben den Geleisen der Straßenbahn, wenn auch in veränderter Form. Nach Rudolf Amon wurde der Auslaufbrunnen erst mit der Fertigstellung der II. Wiener Hochquellenwasserleitung (eröffnet 1910) obsolet.

Der Auslaufbrunnen am Wolfrathplatz. Eine relativ genaue Darstellung der Ober St. Veiter Hauptstraße (seit 1894 Hietzinger Hauptstraße) aus dem Jahr 1885 zeigt ganz links vor dem Haus mit der heutigen Adresse Hietzinger Hauptstraße 153 auch den Auslaufbrunnen und rechts noch die alte Häuserfront mit den Häusern Hietzinger Hauptstraße 172 und 174. © Bezirksmuseum Hietzing
<p><b>Der Auslaufbrunnen am Wolfrathplatz</b></p><p>Eine relativ genaue Darstellung der Ober St. Veiter Hauptstraße (seit 1894 Hietzinger Hauptstraße) aus dem Jahr 1885 zeigt ganz links vor dem Haus mit der heutigen Adresse Hietzinger Hauptstraße 153 auch den Auslaufbrunnen und rechts noch die alte Häuserfront mit den Häusern Hietzinger Hauptstraße 172 und 174.</p><p><i>&copy; Bezirksmuseum Hietzing</i></p>
Der Auslaufbrunnen am Wolfrathplatz. Dieses Foto unbekannten Datums zeigt nach wie vor einen Brunnen vor dem Haus Hietzinger Hauptstraße 153. Die sichtbare Oberleitung lässt auf die Zeit nach der Elektrifizierung der Straßenbahn im Jahr 1908 schließen. Eigenartig ist die unterhalb des Auslaufbrunnens stehende Brunnenpumpe. © Bezirksmuseum Hietzing
<p><b>Der Auslaufbrunnen am Wolfrathplatz</b></p><p>Dieses Foto unbekannten Datums zeigt nach wie vor einen Brunnen vor dem Haus Hietzinger Hauptstraße 153. Die sichtbare Oberleitung lässt auf die Zeit nach der Elektrifizierung der Straßenbahn im Jahr 1908 schließen. Eigenartig ist die unterhalb des Auslaufbrunnens stehende Brunnenpumpe.</p><p><i>&copy; Bezirksmuseum Hietzing</i></p>

Heute ist von den Einrichtungen dieser Wasserversorgung nicht mehr viel zu sehen. Am 22. September 2010 führte mich Richard Mühlberger zu den Resten der Quellfassungen im Lainzer Tiergarten. Die folgenden Fotos berichten davon (bitte anklicken).

<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Richard Mühlberger während der Suche nach dem alten Brunnenhaus im Lainzer Tiergarten. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Richard Mühlberger vor den Resten des verfallenen bzw. zerstörten Brunnenhauses im Lainzer Tiergarten. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Das Brunnenhaus der alten St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Die Einhausung der Stufen, die in das Brunnenhaus führen, ist weitgehend eingeebnet. Hier ist ein Teil der mit Schutt und Wasser bedeckten Treppe zu sehen. Sie führt in ein unter der Erde liegendes rundes, mit einer gemauerten Kuppel überdachtes Becken. Dieses Becken sammelt das Wasser aus drei gefassten Quellen. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Das Brunnenhaus der alten St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Die mit Schutt und Wasser bedeckten Stufen (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Das Brunnenhaus der alten St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Ein Fragment der ehemaligen Einhausung des Abganges in das Brunnenhaus (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Das aus dem verfallenen Brunnenhaus dringende Quellwasser (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Heute dient das aus dem verfallenen Brunnenhaus dringende Quellwasser als Tiertränke. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Heute dient das aus dem verfallenen Brunnenhaus dringende Quellwasser zur Tiertränke. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Der Rest des ehemaligen Überlaufbeckens (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Vom Brunnenhaus verlaufen drei Stollen zu den oberhalb liegenden, gefassten Quellen. Diese Betonplatte bedeckt eine der Quellfassungen. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen. Über den ursprünglichen Auslauf wurde ein Steinzeugrohr gelegt, durch das heute noch das Wasser in das Auffangbecken fließt. Das Innere des Rohres trägt eine dicke Sinter-Schicht. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Zeitaufnahme des Quellzuflusses (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen. Das Wasser fließt durch ein Steinzeugrohr in das Auffangbecken. Das Innere des Rohres trägt bereits eine dicke Sinter-Schicht. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Blick in eine der Quellfassungen. Das Wasser fließt durch ein Steinzeugrohr in das Auffangbecken. Das Innere des Rohres trägt bereits eine dicke Sinter-Schicht. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>
<p><b>Die alte St. Veiter Wasserleitung</b></p><p>Das Ablaufrohr der Quellfassung. Es führt in das Brunnenhaus, in dem das Wasser von drei Quellen gesammelt wird. Nach der Beschreibung von Zeitzeugen sollte eigentlich ein gemauerter, ca. 1,2 Meter hoher und begehbarer Stollen dorthin führen. Möglicherweise war dies früher so oder ist das bei den anderen Quellfassungen der Fall. (22.9.2010)</p><p><i>&copy; Archiv 1133.at</i></p>

Quellen:
Amon, Rudolf; Mitarbeit Traudth, Dr. Friedrich: Der Lainzer Tiergarten einst und jetzt. Wien/Leipzig/Prag: Schulwissenschaftlicher Verlag A. Haase, 1923
Klötzl, Gebhard: Die Gemeinden Ober- und Unter St. Veit 1848–1891. Dissertation an der Universität Wien, 2004. S 55
Donner, Josef: Dich zu erquicken, mein geliebtes Wien. Geschichte der Wasserversorgung von den Anfängen bis 1910. Wien: Norka Verlag ohne Datum, S 29
Mühlberger, Richard als Ortskundiger

Übertragen von hojos
im Juni 2010, aktualisiert im September 2010