Hietzings letze Pferde gehen in Pension

Artikel aus dem Hietzinger Bürgerblatt
1965

Ist Ihnen schon einmal dies seltsame Gefährt auf den Straßen Hietzings begegnet: zwei Pferde vor einen alten Wagen gespannt und auf dem Kutschbock eine Klosterschwester?

Die drei gehörten zum liebgewordenen, Alt-Hietzing: der Fuchsl, der Bubi und die Franziskanerschwester Oskaria, die nun immer öfter — und skeptisch — auf einem Traktor fährt. Die Pferde nämlich gingen in Pension: Bubi, der 20 Jahre alte Pinzgauer Warmblut-Mischling, und Fuchsl, der zehnjährige Noricer. Doch bei Schwester Oskaria sind sie gut aufgehoben.

Die lebensfrohe Schwester stammt aus Sierming bei Bad Hall. Sie wuchs auf dem väterlichen Bauernhof auf und ist daher sehr naturverbunden. Als sie vor 16 Jahren nach Wien kam, um in den Orden der Franziskanerinnen einzutreten, bat sie, in der Wirtschaft des Altersheims, in Hietzing arbeiten zu dürfen.

Dort versorgt sie nun seit ihrem Eintritt in das Klosterleben gemeinsam, mit anderen Ordensschwestern Hühner und Schweine, zieht Gemüse und mäht Wiesen für ihre besonderen Lieblinge, Bubi und Fuchsl.

Schwester Oskaria hat noch die Zeit, die beiden einzuspannen und mit ihnen auf den Roten Berg zu zuckeln, der von den Franziskanerinnen bestellt wird. Aber die Veteranen, sind alt, und es wäre unrentabel, Nachfolger für sie anzuschaffen. Ein Traktor ist viel praktischer und einfacher in der Wartung. Durch all die Jahre ist Schwester Oskaria mit den Pferden sehr verbunden und bringt es nicht übers Herz, Bubi und Fuchsl wegzugeben. So bekommen die beiden das Gnadenbrot von ihr. Man sieht sie immer seltener, die drei — das "Stahlross" verdrängt — es verdrängt noch heute — endgültig das letzte Bild ländlicher Beschaulichkeit!

<p><b>Schwester Oskaria</b></p><p>Der Bubi und der Fuchsl, die letzten Pferde Hietzings. Nun bekommen Sie ihr Gnadenbrot von Schwester Oskaria aus dem Franzsikaner-Kloster in Ober St. Veit. Im Hintergrund der Hof hinter der Einfahrt in den Wirtschaftstrakt des Klosters.</p><p><i>&copy; Bezirksmuseum Hietzing</i></p>
<p><b>Schwester Oskaria</b></p><p>So war man es früher in Ober St. Veit gewohnt: Fröhlich am Kutschbock Schwester Oskaria, die Zügel fest in der Hand. Manchmal ließ sie die Pferde traben, meist aber ging es gemütlich dahin.</p><p><i>&copy; Bezirksmuseum Hietzing</i></p>
<p><b>Schwester Oskaria</b></p><p>1965 erwarb das St.-Josefs-Heim einen gebrauchten Traktor. Auf ihm fuhr meist die – ob dieser neuen Technik skeptische – Schwester Oskaria.</p><p><i>&copy; Bezirksmuseum Hietzing</i></p>

Quellen:
Hietzinger Bürgerblatt

Übertragen von hojos
im Mai 2010