Rudolf Slatin
Er war ein General, geboren in Ober St. Veit.
07.06.1857
Am Haus Schweizertalstraße 16 in Wien Hietzing erinnert eine Gedenktafel an den Aufenthalt des Lyrikers und geistigen Vaters der satirischen Zeitschrift „DIE MUSKETE“ Wilhelm von Appel in diesem Hause. Unerwähnt ist hingegen, dass in diesem Hause einer der dem Begriff „Heimat bist du großer Söhne“ zuzuordnen ist, geboren wurde. Im Taufregister der Pfarre Ober St. Veit ist eingetragen, dass dem Ehepaar Maria und Michael Slatin, damals von Beruf Seidenfärber, am 7.6.1857 ein 4. Kind, ein Sohn geboren und auf die Vornamen Rudolf Carl getauft wurde. In seinem 75 jährigen Leben wurde er zu Sir Rudolf Freiherr von Slatin Pascha, General der ägyptischen und Generalmajor der britischen Armee und österreichischer Geheimrat.
Nach der Realschule in Schottenfeld, die Familie war der Ausbildung der Söhne wegen von St. Veit nach Wien übersiedelt, besuchte Rudolf zuerst die Handelschule, wechselte dann in die Handelsakademie und brach 17-jährig seine Ausbildung ab, um einem Angebot in Kairo als Buchhandlungsgehilfe mit Fremdsprachenkenntnissen zu folgen. Diese Tätigkeit übte er jedoch nur sehr kurz aus und bereiste Ägypten und den Sudan. In Khartum traf er auf den Arzt Dr. Schnitzer, der zu General Gordon in den Süden des Sudan reisen wollte. Slatin wollte mit, aber der Einberufungsbefehl aus der Heimat verhinderte dies. Von 1876–1878 diente er in der kaiserlichen Armee. Ein Angebot General Gordons in den Sudan zu kommen und dort in seinem Stab zu arbeiten, nahm er an. Seine erste Tätigkeit war die eines Finanzinspecteurs; später die eines Provinzgouverneurs. Sein heldenhafter Kampf gegen die Mahdisten, die 12-jährige Gefangenschaft von 1883–1895 und seine abenteuerliche Flucht und triumphale Heimkehr nach Europa waren damals Tagesgespräch. Der Khedive von Ägypten ernannte ihn zum Pascha, in England wurde er mit Orden ausgezeichnet. Nach Zerschlagung der Mahdisten wurde er 1899 Brigadegeneral von Ägypten und sowohl von Königin Viktoria als auch Kaiser Franz Josef geadelt. Als Generalinspekteur für den Sudan war er weiterhin tätig, einmal jährlich besuchte er Europa und hielt sich jedes mal am englischen Königshof und bei seinen Geschwistern in Österreich auf. Seit 1908 britischer Generalmajor musste er 1914, als Österreicher aus den britisch-ägyptischen Diensten scheiden. Franz Josef verlieh ihm den Titel Geheimrat mit der Anrede Exzellenz und betraute ihn mit der Kriegsgefangenfürsorge im Rahmen des Roten Kreuzes. Hier konnte er auf Grund seiner guten Kontakte aus der gemeinsamen Zeit – nunmehr waren es militärische Gegner – viel für die vorwiegend in russische Gefangenschaft geratenen Soldaten erreichen. Er informierte England vom Bemühen Kaiser Karls den Krieg zu beenden, indem er das in den später veröffentlichten Sixtus-Briefen enthaltene Angebot vorweg mitteilte.
Unmittelbar nach Ausrufung der Republik, während einer Behandlung in einer Genfer Klinik, ersuchte ihn die neue Regierung unter Dr. Karl Renner bei den Siegermächten im Interesse der Versorgung der Wiener tätig zu werden. Kohle und Lebensmittel fehlten. An der tschechoslowakisch-österreichischen Grenze standen die beladenen Züge, wurden aber von der neuen tschechoslowakischen Regierung an der Ausreise gehindert. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Slatin, dass die Siegermächte ein Umdenken der Tschechen erreichten. Die größte Not im Raum Wien war gelindert. Jahre später dankte die Stadt Wien dem ehemaligen mehrfachen General dies mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Slatin gehörte auch 1919 der Friedensdelegation von St. Germain an. Die nächsten Jahre, bereits kränkelnd, verbrachte er teils in England, teils bei seinen Schwestern bei Meran und den Verwandten in Wien. Seine größte Sorge war die, seine 1916 geborene Tochter noch am englischen Königshof in die Gesellschaft einführen zu können. Im Juni 1932 speiste er als Privatgast mit seiner Tochter bei König Georg V. und Königin Mary, schwerkrank kehrte er in die Heimat zurück und verstarb am 4. Oktober 1932 im Wiener Cottage Sanatorium. Seine Beisetzung am Ober St. Veiter Friedhof glich einem Staatsbegräbnis.