Die Mauer um den Lainzer Tiergarten

1787

Am 4. April 1772 erließ die Kaiserin ein Patent zur Schaffung des Lainzer Tiergartens in der endgültigen Gestalt und Ausdehnung. Innerhalb des mit einer Mauer einzufriedenden Areals lagen der Königskloster Wald, die Dorothea Wiese, der Jacober Wald, die Lorenzer Wiese, der Schottenwald, das Bischofsmais, der Vösendorfer Wald, der Erlaaer Wald und der Mauer Wald.

Josef II ließ dann in Durchführung des Patentes seiner Mutter die Mauer errichten. Matthias Lechner legte am 1. Juni 1781 die Kontraktentwürfe für den Bau der Tiergartenmauer vor. Nach dem Originalanbot Philipp Schluckers betrug der Preis je Kubik Klafter 23 fl (Gulden) und 25 kr. Begonnen worden war 1781 in Mauer beim Kreuztor ins Gütenbachtal.

Philipp Schlucker (1748–1820), der Erbauer der Tiergartenmauer, soll bis dahin als ein des Lesens, Schreibens und Zeichnens unkundiger Maurergehilfe in Alland gearbeitet haben. Umgerechnet auf die Mauerlänge soll sein Angebotspreis 2 Gulden pro Klafter (1 Klafter = ca. 1,9 Meter) betragen haben, alle anderen Bewerber setzen ihre Preise nicht unter 12 Gulden an. Josef II erhöhte Schluckers Angebot persönlich um 30 Kreuzer und gab ihm den Auftrag. Der Bau der Mauer dauerte von 1782 bis 1787.

Die Steine wurden aus Steinbrüchen der Umgebung des Tiergartens entnommen, zum Teil aber auch an Ort und Stelle gebrochen. Ein Teil, insbesondere die Ziegel zur Abdeckung der Mauer wurden zugeführt.

Der Bau der Mauer erfolgte in mehreren Teilabschnitten. 1782/83 betrug die Länge der bereits fertig gestellten Tiergartenmauer 2951 Klafter, ein weiteres Stück mit 1615 Klaftern war vorgesehen. Laut Aufstellung vom 19. Juli 1983 betrug die Abrechnung 30.800 fl, wovon noch 2012 fl, 22 kr offen waren. Schlucker wurde ein Vorschuss von 1000 fl bewilligt. (Twerdy I, Seite 355ff)

Im August 1784 wurden Beschädigungen bei der neuen Tiergartenmauer festgestellt. Schlucker sollte daher keinen Vorschuss mehr erhalten, andererseits erklärte dieser, ohne Vorschuss nicht weiterbauen zu können. Auch ein Variantenvorschlag wurde für die Mauer erstellt, der im Abschnitt 3 und 7, Planken anstelle der Mauern vorsah. Dadurch würden große Einsparungen möglich.

Bis 1. Februar 1786 wurden für die Tiergartenmauer 103.734 fl 50 kr aufgewendet. Bei der Fortsetzung der Mauer wurden Steinsporen in der Wien vorgesehen, um die Mauer zu schützen. Im 5. Abschnitt des Baues der Tiergartenmauer bestand große Gefahr durch den Wienfluss. Am 18. August 1787 wurde die Bewilligung zur Vollendung der Tiergartenmauer erteilt. Dieser Abschnitt betraf die Gemeinde Laab, hierfür waren Kosten von 40.608 fl zu erwarten.

Die Mauer hat nach Angaben des Erbauers umgerechnet eine Höhe von 2,3 Meter und eine Länge von 24.225 Meter. Laufende Renovierungen und Erneuerungen sowie Änderungen in der Ausdehnung des Tiergartens (teilweise Besiedelung und Bau der Westautobahn) haben die Mauer im Laufe der Zeit grundlegend verändert. An einzelnen Stellen ist die Bausubstanz früherer Zeiten noch ersichtlich.
 
Nach Vollendung des Baues wurde Schlucker die Stelle eines „Waldamtsbaumeisters“ verliehen und Josef II schenkte ihm den Grundbesitz, der zum seinerzeitigen „Bergwirtshaus in Alland“ gehörte. Über Auftrag des Kaisers wurden von ihm und seiner Gattin Ölgemälde angefertigt, die sich im Besitz der Forstverwaltung befinden.
 
Die Bezeichnung „Armer Schlucker“ wird oft auf diesen Baumeister zurückgeführt, war aber schon zu Hans Sachs' Zeiten geläufig.

hojos
1.4.2006