Feldkurator Matthias Ortner
Eine Erinnerung von Susanne Pevetz geb. Wimpissinger
04.09.2013
Mein Großvater Johann Wimpissinger stammte aus einer kinderreichen Bauernfamilie im Zillertal. Einer seiner zahlreichen Vettern war der später weithin bekannte und geachtete Feldkurator (Feldpater) Matthias Ortner, "Patriarch von Tirol", geboren 1877, gestorben 1960 in Söll. Er besuchte meinen Großvater gelegentlich in Wien und wurde mit dem "Zeugl" von der Bahn abgeholt.
Ortners Eltern waren Bergbauern zu Oberhausberg in Söll, Matthias war ihr zehntes Kind. Der talentierte Bub konnte nicht, wie vorgesehen, das Gymnasium Borromäum in Salzburg besuchen, sondern verbrachte nach überstandener Lungenerkrankung vier Sommer als Hüterbub auf der Alm. Erst mit 16 Jahren konnte er sein Mittelschulstudium in Salzburg beginnen. Zum Militärdienst ließ er sich 1897 zum Tiroler Landesschützen-Regiment I versetzen. Zum Unteroffizier befördert, zeichnete er sich durch sein hartnäckiges Eintreten für die ihm anvertrauten Landstürmer aus, einen Ausdruck seines ausgeprägten Gerechtigkeitssinnes. Weitere herausragende Charaktermerkmale waren Gefolgschaftstreue, Leistungsbereitschaft, Wahrheits- und Heimatliebe.
Nach erfolgreicher Offiziers-Aspirantenprüfung schloss Ortner seine Studien in Salzburg 1903 mit der Matura ab. Anschließend studierte er Theologie an der Salzburger Universität und empfing 1906 die Priesterweihe. In der Folge ernannte ihn das k.u.k. Kriegsministerium zum Feldkuraten der Tiroler Landesschützen, die im Ersten Weltkrieg immer wieder wegen ihrer Tapferkeit und Disziplin herausragten (Romanja Planina, Gradina u.a.). Feldkurator Ortner suchte selbst immer wieder das Kampfgelände nach Verwundeten und Vermissten ab, brachte versprengte Kameraden zurück und kümmerte sich um ärztliche Versorgung. Auch in anderer Hinsicht setzte er sich heldenhaft und erfolgreich für sein Regiment ein. Ortner genoss daher auch am kaiserlichen Hof großes Ansehen. In den Kämpfen mit Italien in den Dolomiten blieb Ortner häufig am Schlachtfeld zurück, um Freund und Feind gleichermaßen die kirchlichen Tröstungen zu bringen; dabei achtete er niemals auf seine eigene Sicherheit. Seine Unerschrockenheit und charismatische Ausstrahlung trugen ihm bei seinen Vorgesetzten und Kameraden hohe Anerkennung und Respekt ein. Nur mit Glück entging er der italienischen Gefangenschaft.
Neben seiner wieder aufgenommenen Seelsorgetätigkeit bestimmte ihn der Salzburger Erzbischof zum Organisator der Heimkehrerbewegung in Tirol. Ortner war hoch dekoriert, und es wurden ihm in den späteren Jahren zahllose Ehrungen zuteil. Gerne erschien Feldkurat Ortner hoch zu Ross; er pflegte auch die Tradition des sogenannten Antlassrittes, einer eucharistischen Prozession zu Pferde anlässlich des Fronleichnamsfestes.