Das Dilemma
Die Themen Umwelt und Energie sind eng verwoben und „brandheiß“. Deshalb sind auch die Regionalpolitik und jeder Einzelne zu Beiträgen aufgerufen. Hietzing ist seit 26. April 2009 Klimabündnisbezirk. Was hat der Bezirk bisher getan und was kann er noch tun? Interview mit KR Gerhard Korkisch.
Kommerzialrat Gerhard Korkisch ist Bezirksrat Hietzings, Mitglied des Umweltausschusses und kommunaler Klimaschutzexperte.
22.02.2010
Die Ausgangssituation:
Derzeit werden 89 % der benötigten Energie aus fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) gewonnen, 7 % aus nuklearen Brennstoffen und nur 4 % aus regenerierbaren Energiequellen (Wasser- und Windkraft, Biomasse und Sonnenenergie).
25 % der Weltbevölkerung verbrauchen 75 % der Energie. Würde die „Wohlstandsgesellschaft” weltweit adoptiert, ergäbe das rein rechnerisch eine Verdreifachung des Weltenergiebedarfes.
Die Weltölförderung kann nicht mehr ausgeweitet werden (Peak Oil), die Reserven gehen zurück. Ähnliches gilt für Uran.
Die Erde ist am Rande ihrer biologischen Belastbarkeit.
Technische Lösungen, insbesondere in der mobilen Energie, stecken seit Jahrzehnten in den Kinderschuhen.
Weltpolitisch werden selbst Minimalkompromisse nicht eingehalten.
Noch nie war eine Katastrophe klarer vorhersehbar als heute.
Blatt‘l: Im Oktober vorigen Jahres haben Sie in einer Projektarbeit die Dringlichkeit des Klimaschutzes klar gemacht (siehe Kasten in der Seitenmitte). Eine Kernaussage war die erforderliche Steigerung des Bewusstseins von uns allen durch Bezirksinformationen und die Einbindung der Schulen. Sind diese Gedanken in der Bezirksvertretung auf fruchtbaren Boden gefallen?
KR Korkisch: Die Überzeugungsarbeit sowohl bei Bürgern, als auch bei Mandataren ist zweifelsohne hart. Alle fühlen sich in Kreisläufe eingebunden, an denen sie als Einzelner oder auch als Bezirk nichts ändern können. Natürlich sehen immer mehr Menschen ein, dass diese Argumentation bloß ein Deckmantel für unsere Bequemlichkeit ist. Mittlerweile wird aber schon sehr konkret über die Einbindung der Schulen gesprochen. Allen muss sowohl die Endlichkeit der fossilen Energie, als auch die Freilegung gebundenen Kohlendioxyds durch die Verbrennung bewusster werden.
Blatt‘l: Sie sehen die Sonnenenergie und deren Nutzung durch die Fotovoltaik als einen wesentlichen Faktor in der Problemlösung. Verfügen Sie über eine Gesamtrechnung (biologischen Fußabdruck) einer Fotovoltaik-Anlage (Energiegewinnung über die Lebensdauer versus Energieeinsatz ab Rohstoffgewinnung inkl. Transport und Entsorgung)?
KR Korkisch: Die Fotovoltaik hat weltweite Steigerungen von über 25 % und wird damit zu einem immer wesentlicheren Faktor auch für den Arbeitsmarkt sowie für Forschung und Entwicklung. Was die Gesamtrechnung angeht, entspricht die Energiegewinnung von rd. 2 Jahren den Gesamtkosten im Lebenszyklus einer solchen Anlage. Die Lebensdauer beträgt demgegenüber mehr als 25 Jahre. Die meisten Erzeuger geben sogar für 20 Jahre eine Leistungsgarantie von mindestens 80 %.
Blatt‘l: Halten sie Optimierungen unserer Energiekonsumation angesichts des massiven ökologischen Ungleichgewichtes wirklich als ausreichend?
KR Korkisch: Nein. Allerdings lässt sich die mögliche Effizienzsteigerung noch gar nicht abschätzen. Wir sind erst am Beginn dieses Prozesses, an dem mehr über dieses Thema gesprochen und geschrieben wird, und die Aufmerksamkeit des recht verunsicherten Konsumenten steigt. Es wird sicher einen gehörigen Effekt haben, wenn wir uns alle auf die Suche nach unnötigen Energiefressern im Wohnbereich, am Arbeitsplatz und im Verkehr begeben. Die Wärmedämmung der Fassaden, der Standbymodus unserer Elektrogeräte, verkalkte Elektrospeicher, der Blick auf die Energieeffizienz beim Gerätekauf und sparsamere Autos sind da wichtige Beispiele. Tägliche Aufzeichnungen des Energieverbrauches können interessante Hinweise geben.
Blatt‘l: Wäre angesichts der drohenden Gefahren nicht vielmehr eine grundlegende Veränderung unserer Lebensweise inkl. massiver Einschränkung der Konsumation erforderlich?
KR Korkisch: Natürlich sind wir alle bestrebt, möglichst geringe Komforteinbußen hinnehmen zu müssen, doch gibt es so viele Dinge, wie die Erledigung kurzer Wege mit dem Auto, die völlig unnötig und leicht entbehrlich sind. Vieles andere, wie spottbillige Flugreisen oder ausufernde Warenströme über Kontinente hinweg, brauchen in erster Linie einer Kostenwahrheit inkl. Umweltkosten, um sie einzudämmen. Das würde dem Regionalprinzip enorm helfen, ohne unseren Wohlstand wirklich zu bedrohen.
Blatt‘l: Wie sehen Sie den immanenten, wirtschaftspolitisch weitgehend ignorierten Konflikt zwischen Spar- und Wachstumserfordernis?
KR Korkisch: Auch da sind wir noch in einer frühen Phase mit starker Korrelation von Konjunktur und Energieverbrauch. Die Masse zukünftiger Investitionen muss in umweltverträglichere Bereiche wie die Erforschung und Etablierung erneuerbarer Energien fließen und nicht mehr in gigantische Pipelines. In unseren Statistiken hat die „grüne“ Wirtschaft jedenfalls einen stark steigenden Anteil.
Hinweis: Die hier angesprochene Projektarbeit kann über gerhard.korkisch@korkisch.at angefordert werden.
Derzeit werden 89 % der benötigten Energie aus fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) gewonnen, 7 % aus nuklearen Brennstoffen und nur 4 % aus regenerierbaren Energiequellen (Wasser- und Windkraft, Biomasse und Sonnenenergie).
25 % der Weltbevölkerung verbrauchen 75 % der Energie. Würde die „Wohlstandsgesellschaft” weltweit adoptiert, ergäbe das rein rechnerisch eine Verdreifachung des Weltenergiebedarfes.
Die Weltölförderung kann nicht mehr ausgeweitet werden (Peak Oil), die Reserven gehen zurück. Ähnliches gilt für Uran.
Die Erde ist am Rande ihrer biologischen Belastbarkeit.
Technische Lösungen, insbesondere in der mobilen Energie, stecken seit Jahrzehnten in den Kinderschuhen.
Weltpolitisch werden selbst Minimalkompromisse nicht eingehalten.
Noch nie war eine Katastrophe klarer vorhersehbar als heute.
Blatt‘l: Im Oktober vorigen Jahres haben Sie in einer Projektarbeit die Dringlichkeit des Klimaschutzes klar gemacht (siehe Kasten in der Seitenmitte). Eine Kernaussage war die erforderliche Steigerung des Bewusstseins von uns allen durch Bezirksinformationen und die Einbindung der Schulen. Sind diese Gedanken in der Bezirksvertretung auf fruchtbaren Boden gefallen?
KR Korkisch: Die Überzeugungsarbeit sowohl bei Bürgern, als auch bei Mandataren ist zweifelsohne hart. Alle fühlen sich in Kreisläufe eingebunden, an denen sie als Einzelner oder auch als Bezirk nichts ändern können. Natürlich sehen immer mehr Menschen ein, dass diese Argumentation bloß ein Deckmantel für unsere Bequemlichkeit ist. Mittlerweile wird aber schon sehr konkret über die Einbindung der Schulen gesprochen. Allen muss sowohl die Endlichkeit der fossilen Energie, als auch die Freilegung gebundenen Kohlendioxyds durch die Verbrennung bewusster werden.
Blatt‘l: Sie sehen die Sonnenenergie und deren Nutzung durch die Fotovoltaik als einen wesentlichen Faktor in der Problemlösung. Verfügen Sie über eine Gesamtrechnung (biologischen Fußabdruck) einer Fotovoltaik-Anlage (Energiegewinnung über die Lebensdauer versus Energieeinsatz ab Rohstoffgewinnung inkl. Transport und Entsorgung)?
KR Korkisch: Die Fotovoltaik hat weltweite Steigerungen von über 25 % und wird damit zu einem immer wesentlicheren Faktor auch für den Arbeitsmarkt sowie für Forschung und Entwicklung. Was die Gesamtrechnung angeht, entspricht die Energiegewinnung von rd. 2 Jahren den Gesamtkosten im Lebenszyklus einer solchen Anlage. Die Lebensdauer beträgt demgegenüber mehr als 25 Jahre. Die meisten Erzeuger geben sogar für 20 Jahre eine Leistungsgarantie von mindestens 80 %.
Blatt‘l: Halten sie Optimierungen unserer Energiekonsumation angesichts des massiven ökologischen Ungleichgewichtes wirklich als ausreichend?
KR Korkisch: Nein. Allerdings lässt sich die mögliche Effizienzsteigerung noch gar nicht abschätzen. Wir sind erst am Beginn dieses Prozesses, an dem mehr über dieses Thema gesprochen und geschrieben wird, und die Aufmerksamkeit des recht verunsicherten Konsumenten steigt. Es wird sicher einen gehörigen Effekt haben, wenn wir uns alle auf die Suche nach unnötigen Energiefressern im Wohnbereich, am Arbeitsplatz und im Verkehr begeben. Die Wärmedämmung der Fassaden, der Standbymodus unserer Elektrogeräte, verkalkte Elektrospeicher, der Blick auf die Energieeffizienz beim Gerätekauf und sparsamere Autos sind da wichtige Beispiele. Tägliche Aufzeichnungen des Energieverbrauches können interessante Hinweise geben.
Blatt‘l: Wäre angesichts der drohenden Gefahren nicht vielmehr eine grundlegende Veränderung unserer Lebensweise inkl. massiver Einschränkung der Konsumation erforderlich?
KR Korkisch: Natürlich sind wir alle bestrebt, möglichst geringe Komforteinbußen hinnehmen zu müssen, doch gibt es so viele Dinge, wie die Erledigung kurzer Wege mit dem Auto, die völlig unnötig und leicht entbehrlich sind. Vieles andere, wie spottbillige Flugreisen oder ausufernde Warenströme über Kontinente hinweg, brauchen in erster Linie einer Kostenwahrheit inkl. Umweltkosten, um sie einzudämmen. Das würde dem Regionalprinzip enorm helfen, ohne unseren Wohlstand wirklich zu bedrohen.
Blatt‘l: Wie sehen Sie den immanenten, wirtschaftspolitisch weitgehend ignorierten Konflikt zwischen Spar- und Wachstumserfordernis?
KR Korkisch: Auch da sind wir noch in einer frühen Phase mit starker Korrelation von Konjunktur und Energieverbrauch. Die Masse zukünftiger Investitionen muss in umweltverträglichere Bereiche wie die Erforschung und Etablierung erneuerbarer Energien fließen und nicht mehr in gigantische Pipelines. In unseren Statistiken hat die „grüne“ Wirtschaft jedenfalls einen stark steigenden Anteil.
Hinweis: Die hier angesprochene Projektarbeit kann über gerhard.korkisch@korkisch.at angefordert werden.