Wintersport in Ober St. Veit
Wintersport in Ober St. Veit - "Sie haben richtig gelesen"
09.01.1949
Die Berge von Ober St. Veit vom Roten Berg bis hin zum Himmelhof waren bis ins letzte Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts beliebte Ski- und Rodelgebiete. Von den Straßenbahnendstellen 58 und 158 sowie von der Stadtbahn strömten an Sonntagen schon während der Morgenstunden die Rodler und Skifahrer zu den Hängen. Es gab fast durchwegs schneereiche Winter und die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Pisten waren ein sehr beliebtes Ziel der städtischen Wintersportler.
Viele von Ihnen werden sich noch an die 1980 abgebrannte Sprungschanze am Himmelhof erinnern und meinen, der Wintersport in Ober St. Veit sei erst in den Nachkriegsjahren entstanden. Weit gefehlt.
Schon im Winter 1908/09 gab es in Ober St. Veit den „Jugendspielverein“, dessen Leiter, der Oberlehrer Franz Streicher der Knabenschule Ober St. Veit, auf der „Glatz’n“ des Himmelhofes einen Skikurs für 12 Knaben veranstaltete. Damals unterrichtete man nach der Methode Zdarsky, das nötige Sportgerät - Ski und Bremsstange - wurde leihweise zur Verfügung gestellt. Kaum lag Schnee zogen jung und alt, obzwar die damalige Ausstattung mit der heutigen high tech Ausrüstung nicht zu vergleichen ist, mit ihren Wintersportgeräten los. Jeder fuhr damals die seinem Können und seinem Gerät entsprechende Route - es entstand eine verblüffend funktionierende Ordnung.
Bei den jährlichen Faschingsumzügen war selbstverständlich „Der Wintersport in Ober St. Veit“ jeweils mit einer starken Gruppe, die Sportler und ihrer Gewohnheiten karikierend, vertreten.
Als in den 30iger Jahren das Skispringen an Popularität gewann, wurde schon die Errichtung einer Sprungschanze am Himmelhof überlegt, aber erst in den Jahren 1948/49 wurde von freiwilligen Helfern die Sprungschanze am Himmelhof errichtet. Mehr als 300 m3 Erde mussten händisch bewegt und das Bauholz von der etwa 100m tiefer liegenden Himmelhofgasse bis zu 500m weit getragen werden. Der Bauherr war die Ski-Union Wien und die Schanze wurde am 9. Jänner 1949 mit einem Eröffnungsspringen in Betrieb genommen. Die Preisverteilung erfolgte im Wirtshaus Auerhütte in der Adolfstorgasse.
Die Sprungschanze fand großen Anklang, am 12. Jänner 1953 verzeichnete die Wiener Meisterschaft im Spezialspringen 20.000 Besucher. Tagesbester wurde der Semmeringer Sepp Heher mit zweimal 36,5 Meter, Wiener Meister wurde der Ober St. Veiter Franz Rabensteiner mit 36 und 36,5 Meter. Schanzenrekord war 1960 der Sprung des Tirolers Klauss Fichtner mit 42 Meter; die errechnete größte Weite von 45 Meter wurde bei Bewerben nie erreicht, im Training erreichte der Steirer Hans Rinnhofer 1978 allerdings 46 Meter.
Schneearme Winter, die veraltete Anlage und fehlende Infrastruktur führten zur Einstellung des Sprungbetriebes, die „Nachfeier“ einer Einbrecherbande ließ im Juni 1980 die Sprungschanze in Flammen aufgehen. Alle Versuche einer Wiedererrichtung scheiterten. Ende der 80iger Jahre wurde versucht, mit einem kleinen Schlepplift den Sportbetrieb wieder zu beleben, die Anlage und die Piste konnten den geänderten Ansprüchen der heutigen Wintersportler nicht mehr genügen. Das allmähliche Verbuschen des Himmelhofes und die „warmen Winter“ führten dazu, dass auch der Wintersport in Ober St. Veit nunmehr Vergangenheit ist (sieht man von dem Kinderlift auf der Lindwurmwiese einmal ab).
Text und Foto: Felix Steinwandtner, Bezirksmuseum Hietzing
Pressebericht vom Skispringen am 7. Feber 1954
Die Himmelhofschanze hat bereits ihr Stammpublikum. Obwohl auch diesesmal der Wettergott schlecht gelaunt war, fanden sich dennoch 3000 Zuschauer bei Skispringen ein, zu dem 45 Wettkämpfer aus sechs Bundesländern ihre Nennung abgegeben hatten. Da sich sowohl Anlauf wie auch die Aufsprungbahn in gutem Zustand befanden, rechnete man mit einem neuen Schanzenrekord, den jedoch ein heftiger Seitenwind verbunden mit dichtem Schneegestöber nicht zuliess. Als Tagessieger ging so wie die beiden letzten Male der Windischgarstener Trappl hervor, der neben der besten Haltungsnote mit 39 Meter den weitesten Sprung des Tages stand und somit unbestrittener Sieger wurde.
Unser Himmelhof einst und jetzt
Folgendermaßen berichtete Emil Mlejnek in seinem 1994 gehaltenen Vortrag "Unser Himmelhof einst und jetzt" über die Skisprungschanze am Himmelhof:
... Nun zur Dokumentation über das prominente Bauwerk, zuerst kurz die Daten: Eine für die bescheidenen Nachkriegsverhältnisse aufwändige Holzkonstruktion trug den Anlauf und den Schanzentisch. Als "Aufsprung" wurde der steile Abfall in die "Schlucht" verwendet, dem man die richtige Kurve verlieh, indem der "Hohlweg" mit Holz überdacht und die Talsohle durch Erdarbeiten zum Auslauf am Gegenhang hin präpariert wurde.
Erbaut 1948-49, erstes Probespringen Neujahr 1949.
Bauherr: Ski Union Wien gegründet 1945
Planung und Bauleitung: Ing. Rudolf Schmidt, Sportreferent der Ski Union Wien
Durchführung: fast ausnahmslos freiwillige Mitarbeiter.
Das Baumaterial musste von der 500m entfernten und 100m tiefer gelegenen Straße empor getragen werden. 300m3 Erde wurden händisch bewegt. Als Lohn gab es manchmal auch eine Handvoll Zigaretten für die unermüdlichen Erbauer. Initiator war Karl Kerschbaumer, der vom Skiklub Hadersdorf kam. Er leistete mit seinen Klubkameraden den größten Anteil an freiwilliger Arbeit.
Bis zu 20.000 Zuschauer (1953) zeigten reges Interesse an den Veranstaltungen zwischen 1949 und 1973. Erst 1978 fand wieder eine Sprungkonkurrenz statt. Am 19. Februar siegte der Steirer Hans Ruhmhofer mit Sprüngen von 42 und 43m. Im Training stellte er mit 46m einen neuen Schanzenrekord auf. Es war das letzte Springen auf der Himmelhofschanze.
Sonntag, den 1. Juni 1980 um 4.30 Uhr wurde sie ein Raub der Flammen. Eine Einbrecherbande feierte mit einer Rauschgiftparty ihre Erfolge und zündete die Schanze an. Die Bande mit ihrem Anführer Ludwig Bauer konnte verhaftet werden.
60 Sprungveranstaltungen und unzählige Trainingssprünge wurden im Lauf der Jahre durchgeführt und Springer aus allen Bundesländern, darunter spätere Olympiasieger und WM Teilnehmer waren hier: Otto Leodolter, Leopold Kohl, Peter Müller, Sepp Wallner, Harald Trappel, Willi Pürstel!