Zwischen Historismus und Moderne: Das Faniteum in Wien

Vortrag von Mag. Aleksandra Szymanowicz-Hren am 8. Juni 2017 in der Polnischen Akademie der Wissenschaften - Wissenschaftliches Zentrum in Wien, 1030 Wien, Boerhaavegasse 25
08.06.2017

Das Faniteum in Wien-Ober St. Veit, das Karl Graf Lanckoroński Ende des 19. Jahrhunderts für seine im Kindbett verstorbene Gattin Franziska Lanckorońska von Attems-Heiligenkreuz errichten ließ, ist ein bemerkenswertes Bauwerk. Es ist Symbol für eine Epoche, in der man zur Vergangenheit eine neue Beziehung zu entwickeln begann – nicht mehr im Sinne eines „sentimentalen Gedächtnisses“, wie dies Hugo von Hofmannsthal formulierte, sondern als „produktiver Historismus“.

Im Mittelpunkt des Vortrags standen Architektur, Geschichte und die reiche Symbolik dieses bemerkenswerten Bauwerks von Wien-Hietzing, das in den 1960er-Jahren dank des Einsatzes und Engagements der Bezirksvertretung Hietzing vor dem Abriss bewahrt werden konnte. Am Beispiel zahlreicher Illustrationen wurden die Bezüge des Faniteums zu Literatur, Kunsttheorie und weiteren Bauwerken gezeigt. Arnold Böcklin, Gabriele D’Annunzio, Hugo von Hofmannsthal und Sigmund Freud – sie alle haben die Symbolsprache des Faniteums beeinflusst. Die Art und Weise dieser Beeinflussung war ebenfalls ein Thema des Vortrags mit zahlreichen bis dato nicht publizierten Forschungserkenntnissen.

Aleksandra Szymanowicz-Hren studierte Kunstgeschichte an der Jagiellonen-Universität Krakau. Seit 2010 lebt sie in Österreich. Mit dem Wissenschaftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien ist sie seit Beginn ihres Aufenthalts in Österreich verbunden. Sie war eine der Kuratorinnen der Ausstellung „Viribus Unitis? Polnische Parlamentarier in der Habsburgermonarchie 1848–1918“ und arbeitete von 2013 bis 2016 an einem Forschungsprojekt des Wissenschaftlichen Zentrums der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien „Karol Lanckoroński und sein handschriftlicher Nachlass in den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek“ mit. So entstand u.a. die vierbändige Editionsreihe LANCKORONIANA mit den Reisetagebüchern Lanckorońskis sowie dessen Korrespondenz mit dem Kunsthistoriker Max Dvořák. Im Rahmen des Projekts war sie auch eine der Kuratorinnen der Ausstellung „Karl Lanckoroński und sein Wien“.

Seit 2016 arbeitet sie im Rahmen des Forschungsprojekts „Das Faniteum. Bauwerk und Geschichte“ an einer Monographie zu diesem Thema. Das Projekt wird von der Lanckorońskistiftung gefördert.

Aleksandra Szymanowicz-Hren ist auch die Verfasserin kunsthistorischer Beiträge für wissenschaftliche Publikationen und Mitherausgeberin der Reisetagebücher von Lanckoroński über dessen Kleinasienexpedition. Gemeinsam mit ihrer Familie bewirtschaftet sie ein Bio-Weingut in Kärnten.

hojos
30, Mai 2017