30 Jahre Moden Massing
Ein Ober St. Veiter Traditionsbetrieb jubiliert
07.10.2016
„Da gibt es viele Momente, an die wir uns gerne erinnern“, sind sich Dorothea und Gernot Massing einig, und sie meinen die Eröffnung ihres Geschäftes in der Hietzinger Hauptstraße 145 vor 30 Jahren. Es war genau zu Frühlingsbeginn am 21. März 1986. Einer dieser Momente war, als sie nach dem Ende des Trubels todmüde auf den Stufen im Geschäft saßen. Die Tage bis dahin waren anstrengend bis chaotisch, alles war gleichzeitig zu organisieren, der letzte Schliff an der Einrichtung, das Etikettieren und Einschlichten der Ware, Orangen pressen, Gebäck von der Frau Kitzmantl (das war die Greißlerin in der Schweizertalstraße) holen etc.
Noch in der Dusche kam der erste Anruf: „Ihr müsst schnell kommen, die Leute stehen schon vor dem Geschäft!“ Die Massings eilten hinunter, begrüßten freudig die ersten Kunden und waren den ganzen Tag sehr gefragt. Und wie war der Tag? Damals waren die Einschätzungen sehr unterschiedlich. „Ihr werd’s des ned lang mach‘n!“, war eine davon. Rein statistisch gesehen lag man mit dieser Prophezeiung auf der richtigen Seite, denn von den damaligen Handelsgeschäften sind die meisten verschwunden oder haben andere Eigentümer. Nur die Bäckerei Schwarz, die Papierhandlung der Frau Podboj und die Trafik der Familie Kitzmantl können auf einen unveränderten Bestand zurückblicken.
Das Unternehmerpaar blieb hartnäckig und umschiffte alle Hindernisse. Den Traum eines eigenen Geschäftes hatten sie schon lange. Gernot Massing war einschlägig geprägt, seine Eltern waren im Textilhandel tätig, und er hatte schon in jungen Jahren eine eigene Agentur. Zuerst wollten sie sich in Hietzing niederlassen, aber da war kein passendes Lokal zu finden. Dann wurden sie auf den „Altstadterhaltungskomplex“ in Ober St. Veit aufmerksam gemacht. Sehr rasch wurden sie mit Richard Lugner handelseins, und das bereuen sie bis heute nicht. Das Grätzl an der oberen Hietzinger Hauptstraße mit Kirche, Schule, Gasthäusern und den Geschäften hatte und hat einen enormen Charme.
„Wir schlossen den Vertrag als letzte ab und haben als erste aufgemacht“, ist noch so eine 30 Jahre alte Erinnerung. Zum Zeitpunkt der Eröffnung stand noch das Gerüst, und als nächstes eröffnete der Löwa.
Nach etwa vier Jahren erwarben die Massings das Mietrecht für das nebenliegende Spielwarengeschäft. Das Lokal liegt etwas höher, und daher führen ein paar Stufen in den heutigen Damenmodenbereich. Sechs Monate später wurde die Filiale in Hietzing eröffnet. Ein Wasserschaden ziemlich genau zum 10-jährigen Jubiläum dieser Filiale ließ die Entscheidung leichter fallen, statt dieser Filiale in Hietzing doch lieber das Kindergeschäft im selben Ober St. Veiter Gebäudekomplex zu forcieren. In Anlehnung an die Vornamen der Kinder Geraldine und Gerwin wurde es „Ger-Ger junge Mode“ benannt.
Schon im Gründungsjahr gab es die erste der heute so bekannten Massing’schen Modenschauen. Zunächst wurden sie im eigenen Geschäft veranstaltet, doch bald musste in größere Räume ausgewichen werden: ins ehemalige Ober St. Veiter Casino, wo 400 Leute Platz fanden, ins Orthopädische Spital, ins Don-Bosco-Haus und ins Pensionisten-Wohnhaus Trazerberg. Kleinere Modenschauen gab es zwischendurch auch anderswo, etwa im Reigen.
Die allererste Modenschau veranstalteten die Massings beim Fest zur Eröffnung des sanierten Lugner-Komplexes im Jahr 1986. Peter Rapp war der Moderator. Es gab unter Lugner noch zwei weitere kleinere Jahresfeste, jedoch ohne Modenschau. Erst wieder beim 10-Jahres-Jubiläum 1996 des Wohn- und Geschäftshauses wurde groß und mit Modenschau gefeiert. Das war praktisch das erste Grätzlfest, und seitdem gab es kein Ober St. Veiter Grätzlfest ohne Massing’sche Modenschau.
Jetzt war die Zeit für eine gründliche Renovierung gekommen. Das 30-Jahr-Jubiläum war der rechte Anlass, und bei den Eröffnungstagen präsentierte sich das Geschäft im neuen Glanz.
„Vor allem sind wir dankbar, dass uns unsere Kunden so gut aufgenommen haben und uns die Treue halten. In den vergangenen 30 Jahren sind viele Freundschaften entstanden!“ Das glaubt man gerne, wenn man die Stimmung beim Barbecue am 7. Oktober 2016 beobachtete: Das war ein Fest von Freunden für Freunde.
Solche Freundschaften, sollte man auch aus völlig egoistischen Gründen pflegen, denn in Zeiten des wachsenden Internethandels, der Konkurrenz durch große Konzerne und der besonders die kleineren Gewerbe schikanierenden Wirtschaftspolitik müssen wir dankbar sein, in unserem „Dorf in der Stadt“ noch Einzelhandelsgeschäfte mit professioneller Beratung zu haben.
„Wir müssen doch etwas richtig machen“, meinten die Massings nach der Veranstaltung. Ein glattes Understatement.