Die Kirche zum Hl. Karl Borromäus im Geriatriezentrum am Wienerwald
Führung mit Dr. Herwig Swoboda durch ein Gesamtkunstwerk des Wiener Historismus am Samstag, den 4. Juni 2016 um 15 Uhr im Rahmen der Hietzinger Bezirksfestwochen
04.06.2016
Dr. Herwig Swoboda ist im Hauptberuf Vorstand der HNO-Abteilung im Krankenhaus Hietzing. Und das mit Leib und Seele. Zu seinem ganzheitlichen Verständnis gehört aber nicht nur die laufende und interdisziplinäre medizinische Fortbildung, sondern auch ein profundes Wissen über die Geschichte der Medizin und über die Menschen, die sie geprägt haben. Zu diesem Geschichtsinteresse mögen nicht nur Prof. Dr. Manfred Zips, einer seiner Mentoren, beigetragen haben, sondern auch sein Arbeitsplatz: Das Kaiser-Jubiläums-Spital, wie das heutige Hietzinger Spital früher hieß, ist ein monumentales und einzigartiges Denkmal der Zweiten Wiener Medizinischen Schule und der Wiener Spitalsgeschichte.
Ähnliches – hier auch im gewerblichen Sinne – gilt für das Juwel des anschließenden ehemaligen Geriatriezentrums am Wienerwald, für die Versorgungsheimkirche bzw. Kirche zum Hl. Karl Borromäus im Geriatriezentrum am Wienerwald: „Die Kirche erweist sich immer mehr als eines der international wertvollsten Werke des Historismus und als ein Symbol für ein zeitloses Verständnis des Krankenpflege- und Spitalswesens, vom byzantinischen Nosokomeion ... bis zum Versorgungsheim der Stadt Wien mit dessen Kirche, die ihre Wappen als Zeichen erfolgreicher gemeinnütziger Zusammenarbeit trägt“, ist die Einschätzung von Dr. Swoboda. Entsprechend profund und keinen kulturhistorischen Vergleich scheuend brachte er uns dann auch den Reichtum dieser Kirche näher.
Die erste Begrüßung der zahlreich erschienenen Gäste oblag Bezirksrat Mag. Klaus Daubeck, Vorsitzender der Bezirkskommission für Bildung, Kultur und Sport. Anschließend begrüßte Dr. Walter Ulrich vom Jakob-Erdheim-Institut für Pathologie die Gäste auch im Namen des Krankenhauses Hietzing. Schließlich wandte sich der Hausherr und Rektor der Kirche St. Karl Borromäus, Pater Edmund Dorner an seine Schwestern und Brüder. Der volle Inhalt seines Rückblickes vor allem auf die umfangreiche seelsorgerische Tätigkeit des Ordens kann HIER aufgerufen werden.
Der Inhalt des anschließenden Hauptvortrages von Dr. Herwig Swoboda, Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten des KH Hietzing, wird nach Fertigstellung ebenfalls an dieser Stelle in Form eines Videos abrufbar sein.
An der Orgel spielte Reinhard Schobesberger.
Vorweg ein paar Fotos von der Veranstaltung:
Beschreibung der Versorgungsheimkirche auf der Einladung zur Führung
Die Versorgungsheimkirche J. N. Scheiringers (1855-1934) hat neo-byzantinische Anklänge wie das Sacré Coeur in Paris oder die Newski-Kathedrale in Sofia. Sie steht für seelsorgerische und medizinische Errungenschaften des Mittelalters, dessen Klöster und Kathedralen das Rückgrat Europas bildeten. Frankreich, Italien und Byzanz formten Baukunst, Musik, Bildung und Wohlfahrtspflege in neuer, arbeitsteiliger Geschlossenheit.
Rathauskys Turm-Statuen der Hl. Elisabeth von Thüringen (1207-31) und des Karl Borromäus (1538-84) stehen wie der Ordensgründer Kamillus von Lellis (1550-1614) für Kranken- und Bildungspflege im Zeichen von Hunger, Seuchen und Krieg.
Das äußere Bild der Kirche ist das einer Kathedrale an der Schwelle zur Gotik. Im Neorenaissance-Stil der Gesamtanlage wirken die Durchgänge klösterlich: Von der Theaterbühne des Vorparks gelangt man in den umfriedeten Garten der Bewohner.
Der Innenraum widerspiegelt alle Epochen christlicher Kirchenarchitektur. Die Vorbilder von Leuchtern, Wänden und Mosaiken sind in Byzanz, Aachen und Sizilien zu finden, die der Altäre und der Kanzel in Pisa, die der Fenster in Frankreich.
Malerei und Bildplastik folgen einem akademischen Realismus.
Die Glasfenster setzen Carl Geylings (1814-1880) Werk fort. Ihnen liegt das Laxenburger Fenster (ca1300) der Capella Speciosa in Klosterneuburg zugrunde, das sich nun in der unter Adalbert Stifter regotisierten Stadtpfarrkirche Steyr findet.
Hugo Ströhls (1851-1919) 20 Bezirkswappen außen und 130 Berufswappen innen stellen ein einzigartiges Denkmal dar, eine Geburt der modernen Wiener Bezirks- und Berufswappen.