Auhofstraße 170
Vom Gasthaus zum Geschäftshaus
Die Auhofstraße 170 am Westende Ober St. Veits war für lange Zeit der Standort eines Gasthauses. Es führte das Schild „Zur alten Linde“ und hatte verschiedene Eigentümer. Gegründet wurde es 1869 von dem Ehepaar Christoph und Albine Specht. Nach dem Tod seiner Frau verkaufte es Christoph Specht 1886 an die Gastwirtin Margarethe Schödl. Schon 1911 folgte der Gastwirt Michael Fiala, 1914 das Gastwirtsehepaar Wenzel und Anastasia Kraus und 1915 die Gastwirte Franz und Anna Bukvar. Doch auch Anna Bukvar waren nur wenige Jahre in diesem Haus beschieden, sie starb 1918 und Franz Bukvar verkaufte 1921.
Damit begann die langjährige und den alten Ober St. Veitern noch erinnerliche Ära Neusser. Die Gastwirtin Anna Neusser kaufte den Betrieb um 100.000 Kronen. Es war sicher ein guter Kauf, denn die Inflation war bereits voll im Gange. 1926 verkaufte sie den Betrieb an ihren Mann Theodor Neusser um 8.000 Schilling. Die nähren Umstände dieses familieninternen Verkaufes sind nicht bekannt; die Art und Weise, wie Theodor der „Alte Linde“ zu neuem Schwung verhalf, gibt allerdings zu Vermutungen Anlass: Er holte die Witwe Sturm aus der Schweizertalstraße 14 und machte sie zur Wirtin. Ihre Kochkünste, vor allem ihr Gulasch, verhalfen dem Gasthaus bald zu großer Bekanntheit.
Mit Theodor Neussers Abschied in den 1940er-Jahren scheint auch die Glanzzeit des Betriebes vorbei gewesen zu sein. Sein Sohn, der Gastwirt Johann Neusser erbte den Betrieb im Jahr 1948 und verkaufte ihn 1952, hoch belastet mit Pfandrechten des Finanzamtes, der Stadtkasse und des Handelsgerichtes.
Neuer Eigentümer der Liegenschaft wurde der in der Lainzerstraße 16 ansässige Damenschneider Franz Steckl und seine Frau Margarethe, Geschäftsfrau an derselben Adresse. Was sie mit dem Objekt vor hatten und ob und wie lange das Gasthaus noch bestand, ist nicht bekannt.
1971 erwarb der Kaufmann Alois Windbrechtinger die Liegenschaft, für deren Baulichkeiten übrigens schon seit Jahrzehnten eine Verpflichtung zur Abtragung bestand. Aber das störte Alois Windbrechtinger nicht, denn er wollte an dieser Stelle eine Tankstelle samt Servicestation errichten. Daraus ist nichts geworden. Schließlich erwirkte er eine Baubewilligung für ein Motel, aber auch diese blieb ungenützt. 1976 verkauft er die Liegenschaft an die Gemeinnützige Bauvereinigung "Wohnungseigentum" Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die neue Eigentümerin plante die Schaffung von Kleinwohnungen. Etliche Jahre später ist dies ist unter der Ägide von Architekt Musil auch verwirklicht worden. Das von ihm als Wohnobjekt konzipierte und heute noch bestehende Gebäude wurde dann aber als Geschäftshaus genutzt. Der Gothaer Konzern erwarb es 1986 für seine österreichische Niederlassung. Das Gebäude verfügt über 1000 m² Nutzfläche, Tiefgarage, Erdgeschoß und 5 Obergeschoße. Als die Österreichische Direktion der Gothaer Lebensversicherung AG im Oktober 2006 in die Goldschmiedgasse zog, war das Objekt schon vorher vom Konzern gemeinsam mit 100 anderen an einen deutschen Immobilienmakler verkauft worden. Teilweise leer stehend ging es durch mehrere Hände, ehe es im Jahr 2009 in den Besitz des Amstettner Versicherungsmaklers Kommerzialrat Franz Wagner gelangte.
Dieser hat die Räumlichkeiten modernisiert und für neue Mieter adaptiert. Die oberen 4 Geschoße benutzt heute die VERO Management AG, ein von KR Wagner mitinitiierter Zusammenschluss österreichischer Versicherungsmaklerunternehmen. Die beiden unteren Stockwerke wurden an die Grün Raum Plan Planungs und Einrichtungs G.m.b.H., das HYPOXI-Studio Hietzing und die Heilmasseurin Martina Grün vermietet.