Die amerikanische Elite
Aus einem alten Buch
29.06.2017
Der bissige akademische Beobachter der USA während der Zeit des Kalten Krieges, der Soziologe C. Wright Mills, sah die Macht in Amerika in den Händen von Leuten auf den strategisch wichtigen Kommandostellen der Konzerne, der Politik und des Militärs. Diese dominanten Cliquen würden durch ihr tiefes gemeinsames Interesse an der permanenten Kriegswirtschaft zusammengehalten, die sich während der Zeit des Kalten Krieges herausgebildet hat.
Dementsprechend nannte Mills sein 1956 veröffentlichtes Buch, indem er diese Strukturen beschrieb, The Power Elite (dt.: Die amerikanische Elite). Das Buch löste eine breite Debatte aus und traf einen Nerv bei einer neuen Generation von Revolutionären und Radikalen, die bald der Geschichte ihren Stempel aufdrückte. Seine Kritik an der Machtelite übte auch einen nachhaltige Einfluss auf die Generation der 1960er-Jahre aus. Noch Jahre nach Mills Tod stufte ihn die CIA im Gefolge der weltweiten Jugendproteste 1968 als eine der maßgeblichen intellektuellen Gefahren der etablierten Ordnung ein.
Die Schlusspassage des Buches ist in der deutschen Übersetzung von Talbots „Schachbrett des Teufels“ (S. 176) so zitiert:
„[Die Mitglieder der amerikanischen Elite] sind keine respektgebietenden Persönlichkeiten. Ihre Machtstellung entspringt nicht moralischen Qualitäten. Ihr großer Erfolg beruht nicht auf Verdiensten. ... Sie kommen nicht aus Parteien, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind und die großen Probleme unserer Zeit in angemessener Form zur Debatte stellen. ... Sie werden nicht durch eine Vielzahl freiwilliger Vereinigungen kontrolliert, die eine Verbindung zwischen der breiten Öffentlichkeit und den Spitzengremien herstellen könnten. Sie gebieten über eine Machtfülle, wie die Weltgeschichte sie bisher nicht kannte. Ihr Erfolg wurde möglich in einem System organisierter Verantwortungslosigkeit.“